Erben des Mondes - Grimoire lunaris
seine Stimmung erkannt. Das passte genau zu dem, was Tom uns vorhin über die Werwölfe erzählt hatte.
„Okay, das wäre geklärt. Hat euer Rudel sonst noch irgendwelche besonderen Gaben oder Fähigkeiten, von denen wir wissen sollten“, fragte Etienne, nachdem er in Großbuchstaben hinter Leons Namen
sieht dunkle Magie
notiert hatte.
„Die meisten von uns haben gar keine oder nur eine sehr schwach ausgeprägte Gabe. Mit ein Grund, warum viele sich für das Werwolf-Dasein entschieden haben. Das hier sind unsere Stars: Anne hier kann in ihrer menschlichen Gestalt versteinern. Aber nur für einen kurzen Moment. Lenny ist unser Pflanzenfachmann. Er hat einen sehr ausgeprägtengrünen Daumen.“ Martin schaute in die Runde. „Milo ist der Erde am nächsten, Mona und Christin sind Windkinder.“
„Was kannst du?“, fragte Etienne, während er die Namen und die Fähigkeiten notierte. „Wenn du der Leitwolf bist, musst du doch irgendeine besondere Stärke haben, oder?“
„Genau das. Ich bin stärker als alle, die ich bisher kennengelernt habe. Das war’s dann aber auch schon. Wie sieht’s denn bei euch beiden aus?“ Er nickte kurz zu Amélie und schaute dann Etienne wieder direkt in die Augen.
„Abgesehen von den Grundfähigkeiten eines Vampirs? Ich bin ebenfalls ein Elementarkind. Feuer. Und Amélies Stimme ist zum Davonlaufen. Als Popstar wird sie es nicht weit bringen.“ Er grinste Amélie frech an und kassierte dafür einen sanften Stoß in die Rippen.
Aber ich hatte das schon einmal gehört. Sie kann einen so schrillen Ton zustande bringen, dass sich alle, wirklich alle, am liebsten nur noch die Ohren zuhalten würden – obwohl das nichts bringt. Nur ein Gegen- oder Schutzzauber kann hier helfen. Oder davonlaufen.
„Dann wären da aber noch die Elfen. Abgesehen von den Elfenkräften ist Lenja eine Heilerin. Und Mars beherrscht das Licht. Egal wo und wann – er kann uns alle im Dunkeln stehen lassen. Und das von einer Sekunde zur anderen.“ Etienne klang beeindruckt.
„Stimmt, Heiler können wir immer gut gebrauchen. Schaffst du es denn auch, unsere Art zu heilen?“, fragte Martin an Lenja gewandt. Sie blickte etwasempört und nickte nur kurz, als wäre das doch eine ihrer leichtesten Übungen.
Wir unterhielten uns noch eine ganze Weile über verschiedene Fähigkeiten, Trainingsarten und Kampftaktiken. Irgendwann klang Toms Stimme durch den Lautsprecher.
„Wir werden in zwanzig Minuten in Stuttgart landen. Bitte setzt euch wieder auf eure Plätze und schnallt euch an.“
Alle setzten sich und die Unterhaltung verstummte. Jeder machte sich seine eigenen Gedanken. Auch ich träumte vor mich hin, bis mich eine Welle von Gefühlen überrannte.
Das dunkle Ich
J etzt saß ich hier in London. In unserem Zimmer, obwohl es kein uns mehr gab. Darian konnte sich ja nicht teleportieren und musste daher den Menschenweg nehmen. Aber was sollte ich die ganzen Stunden bis um acht denn machen? Wir brauchten schließlich keine Sekunde, bis wir im Hotel waren.
Als ich meine Sachen vollends zusammengepackt hatte, machte ich mich auf den Weg zu Aurelia, um ihrer Einladung zu folgen, die übrige Zeit doch mit ihr zu verbringen. Sie war eine tolle Frau und wäre eine perfekte Mentorin gewesen. Und ich hatte schließlich noch so viele offene Fragen. Ganz oben auf diesem Stapel brannte eine so lichterloh, dass ich die anderen darüber hinaus völlig vergaß.
Ich hob die rechte Hand zum Klopfen, als Aurelia schon „Komm rein, Victoria!“ rief.
Aurelia kniete vor einem Bücherregal mit uralten Büchern.
„Genau dich habe ich gesucht“, sagte sie zu einem dicken Wälzer, der rot eingebunden war und zog ihn zwischen den anderen hervor.
„Was ist das für ein Buch?“, fragte ich neugierig.
„Das habe ich von meiner Mentorin bekommen, als ich zur Leiterin dieses Hauses ernannt wurde. Du erinnerst dich doch bestimmt noch an Sofia?“
Der Lügendetektor. Klar erinnerte ich mich.
„Sie war deine Mentorin?“, platzte ich neugierig heraus.
„Die beste Mentorin, die man sich nur vorstellen konnte. Ohne sie wäre ich in dem Chaos nach derWiedergeburt untergegangen. Ich kannte so etwas wie eine Mutter nicht. Meine wurde kurz nach meiner Geburt sehr krank und starb darauf. Deshalb ist meine Beziehung zu Sofia so stark. Sie war mir nicht nur Mentorin sondern auch Mutter. Und später auch Vaterersatz.“ Aurelia schluckte kurz ihre aufkommenden Tränen hinab. „Mein Vater wurde eingezogen, als die
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