Erben des Mondes - Grimoire lunaris
an. Da war sie wieder:
meine
Victoria.
„Ich musste doch dafür sorgen, dass du mich in dem ganzen Chaos hier nicht vergisst.“
Sie sah mich ernst an. Dann überlegte sie kurz, als ob sie sich die Antwort zurecht legen müsse. „Als ob ich dich je vergessen könnte. Mir wurde erst vor ein paar Stunden gesagt, dass wir vermählt sein werden.“ Sie strahlte vor Glück. Dann jedoch verdüsterte sich ihr Ausdruck.
Besorgt hakte ich nach: „Gefällt dir der Gedanke daran nicht mehr?“
„Doch, sicher. Es ist nur…“ dann begannen sich Tränen ihren Weg über ihre Wange zu Bahnen.
Nun stieg beinahe Panik in mir auf. Ich sah ihr fest in die Augen und bat um eine Erklärung. Vor lauter Schluchzen brachte sie kein vernünftiges Wort zustande. Daher sandte sie mir ihre Gedanken:
„In dem Grimoire steht, was aus mir werden wird. Ich werde eine der Weißen!“
Nun war mir alles klar. Ich wusste, oder hatte mir zumindest gedacht, wie sie darauf reagieren würde. Nicht umsonst wollte ich sie von diesem Wissen fern halten. Wir waren so glücklich zusammen! Und das sollte nach dem Ruf alles vorbei sein?
Ich sah die Bilder in ihrem Kopf. Das Bild der Weißen, wie es in den Lehrbüchern des nächsten Semesters abgebildet war. Wie die weisesten Frauen der Gemeinschaft die Neugeborenen wählen, wie die Weißen dem Rat vorsitzen, wie die Weißen ihrGelöbnis ablegen. Den Weißen ist es untersagt, Bindungen jeder Art einzugehen. Sie sollen sich ohne jegliche Ablenkung auf ihre Bestimmung konzentrieren können.
Das würde das Aus für uns bedeuten.
„Jetzt mach dir darüber mal keinen Kopf. Du hast schon unsere ganze Weltordnung auf den Kopf gestellt, da lässt sich bestimmt auch etwas an dieser einen Regel drehen.“ Ich versuchte sie aufzuheitern, aber das gelang mir nur halbherzig. „Und wenn alles nicht klappt, kündigst du den Job eben. Mit deinem Lebenslauf würden sich doch alle um dich reißen.“
Die Tränen kullerten immer noch. Doch dann glitt ein kurzes Grinsen über ihr Gesicht.
„Wie wäre es, wenn wir das alles einfach auf uns zukommen lassen? Und wir eins nach dem anderen angehen? Schritt eins wäre, dass wir uns jetzt still auf unser Zimmer schleichen und den anderen erst morgen von den Ereignissen berichten?“
„Das klingt toll!“ Erleichtert zog sie mich an sich und wir gingen eng umschlungen den Weg zurück zum Schloss.
Die beste Freundin
I ch war so froh, dass ich Darian an meiner Seite hatte. Er schaffte es doch tatsächlich, mich von der miesesten Stimmung abzulenken oder sogar aufzuheitern. Er wusste immer genau, was er sagen musste. Dasselbe Gespür hierfür hatte bislang nur Sina gehabt. Nicht umsonst war sie meine beste Freundin.
Jetzt, wo ich über sie nachdachte, vermisste ich sie. Immerhin hatten wir jetzt seit über einer Woche keinen Kontakt, außer der SMS von mir, dass ich zur Debütantin bestimmt wurde. Durch den ganzen Stress seit dem Abend des Mondballes hatte ich gar nicht realisiert, dass von ihrer Seite nicht mehr als ein „na dann Glückwunsch“ zurück kam.
Während Darian und ich auf unser Zimmer gingen, nahm ich mir fest vor, mich am nächsten Tag bei ihr zu melden.
Da auch Darian von den Ereignissen der letzten zwei Tage sehr mitgenommen war, konnte ich ihn zum Schlafen überreden. Die letzte Nacht war er ja damit beschäftigt gewesen, mich anzustarren, anstatt etwas Abstand zu dem allen hier zu gewinnen, indem er seinem Kopf etwas Pause gönnte.
Er war auch innerhalb weniger Sekunden eingeschlafen. So sehr hatte er es also nötig.
Während ich so neben ihm lag, glitten meine Gedanken ab und die SMS von Sina verbildlichte sich vor meinem inneren Auge.
na dann glückwunsch
na dann glückwunsch
na dann glückwunsch
Beim dritten Aufzeigen verlief der untere Rand der Buchstaben. Die SMS sah nun aus wie der Titel eines uralten Gruselfilms, der verdeutlichen sollte, dass dieser blutig enden würde.
Dann tauchte ein gelbes Band am Seitenrand auf und schlängelte sich durch die einzelnen Buchstaben, bevor es sich an der rechten Seite wieder aus dem Display schob. Auf einmal wuchs das Band, es wurde dicker und dicker, ehe es die Buchstaben zerquetschte und vollends in sich aufsog. Ein gelbes Band…. Woher kannte ich es nur…
NEID!
Es blinkte förmlich wie Leuchtreklame in meinem Kopf.
Ich musste wieder daran denken, was Sina zu mir gesagt hatte, als es um ihre Kräfte ging. Darian war der Meinung, er hätte dieses Gefühl 'gesät', wie er es nannte. Aber da
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