Erbin des Gluecks
zurückkämmst.“
Francesca hielt in der Bewegung inne. „Ist es so schlimm?“
„Entschuldige, Francey. Ich übertreibe, weil mir die Sache am Herzen liegt.“
„Wirklich?“ Sie war ehrlich überrascht. „Dann tue ich dir den Gefallen. Ich wollte nur nicht so zur Testamentseröffnung …“
„Was hat die mit deiner Frisur zu tun?“, unterbrach er sie unwillig. „Du hast wunderschönes Haar.“
„Und ich dachte, du bevorzugst Blondinen.“ Kaum war es heraus, schämte sie sich. Sie hatte das nicht absichtlich gesagt.
„Blond ist schön“, gab er zu, „aber schwarzes Haar schimmert mehr.“
„Sag das bloß nicht Carrie.“
Bryn lächelte. „Carina hält ihr eigenes Haar für das schönste.“
„Damit kommt sie der Wahrheit ziemlich nah.“
Vom Korridor her erklang das leise Klirren von Porzellan, und im nächsten Moment erschien Dami an der offenen Tür. Sie trug ein schweres Silbertablett.
Bryn war sofort zur Stelle. „Geben Sie mir das Tablett, Dami“, sagte er. „Es ist zu schwer für Sie.“
„Vielleicht ein bisschen“, gestand Dami und wurde rot. „Soll ich noch eine Tasse bringen?“ Sie sah erst Bryn und dann Francesca an.
„Nein, danke, Dami“, antwortete Francesca. „Mr. Macallan möchte keinen Tee.“
„Er hat schon zu viel getrunken“, bestätigte Bryn.
„Wünschen Sie sonst noch etwas?“
Francesca schüttelte den Kopf. „Nichts, Dami … vielen Dank.“
Bryn hatte inzwischen die Silberkanne, die zu einem kostbaren fünfteiligen Rokokoservice gehörte, genommen und für Francesca eingeschenkt. Die dazugehörige Zuckerschale und ein kleiner Silberteller mit Zitronenscheiben standen ebenfalls da. Die zierliche Porzellantasse hatte eine blaue Kante mit Goldrand, passend zu dem Teller, auf dem Kanapees hübsch angerichtet waren.
„Komm her“, sagte Bryn, als wäre es seine Pflicht, für Francescas leibliches Wohl zu sorgen. „Du hast unten nichts angerührt, während sich alle nach Herzenslust satt gegessen haben, als drohte dem Land eine Hungersnot.“
„Hast du Onkel Charles beobachtet?“, fragte Francesca, während sie nach einem Kanapee griff. „Er wirkte ungeheuer erleichtert. Ob er mehr weiß als wir anderen?“
Bryn überlegte. „Vielleicht kennt er den Inhalt des Testaments und freut sich darüber.“
„Wie meinst du das?“ Francesca sah ihn betroffen an. „Wird er denn nicht traditionsgemäß Grandpas Erbe antreten?“
„Das werden wir bald erfahren.“
„Wir?“, wiederholte sie erstaunt. „Wirst du denn an der Testamentseröffnung teilnehmen?“ Sie hatte geglaubt, er sei gekommen, um sich von ihr zu verabschieden.
„Es scheint, dass ich ebenfalls bedacht worden bin.“
„Unglaublich! Was mag Grandpa dir vermacht haben?“
Bryn hob abwehrend die Hand. „Wahrscheinlich die Golfschläger, die er sich von meinem Großvater geliehen und nie zurückgegeben hat. Komm her, Francey.“ Er sah zu, wie sie aufstand und langsam auf ihn zuging. „Die Menschen machen manchmal ganz seltsame Verfügungen. Vielleicht stehen uns einige Überraschungen bevor. Selbst eingefleischte Sünder wie Francis wissen nicht genau, ob sie sich nicht doch vor einer höheren Macht verantworten müssen.“
„Carrie wird sich jedenfalls freuen, dass du bleibst. Sie braucht deinen Beistand.“
„Carrie kann sehr gut für sich selbst sorgen.“ Bryn wickelte spielerisch eine Locke von Francescas Haar um seinen Finger.
„Was tust du da?“, fragte sie mit bebender Stimme. Die leichte Berührung genügte, um ihr Blut schneller pulsieren zu lassen.
„Ich sehe dich an“, antwortete er und zog sie langsam näher. „Daran müsstest du inzwischen gewöhnt sein. Du bist wunderschön, obwohl du darunter leidest. Du hast Angst, Carina auszustechen.“
„Aber warum schaust du mich auf diese Weise an?“
„Fühlst du dich dadurch bedroht?“ Bryn beugte sich zurück, um Francesca besser in die Augen sehen zu können, was sie nur noch mehr verwirrte.
„Ich habe mich nie bedrohter gefühlt“, antwortete sie und holte mühsam Atem.
„Weil ich dich berühre?“ Auch seine Stimme klang nicht so sicher wie sonst, als quälte ihn eine tief sitzende Angst.
Was hatte er vor? Das Herz schlug Francesca bis zum Hals. Sie bekam kaum noch Luft und hatte keinen eigenen Willen mehr. Wie sollte sie ihm da widerstehen?
„Du willst mich doch nicht küssen?“ Sie kannte diesen Ausdruck in den Augen eines Mannes, doch bei Bryn hatte sie ihn noch nie wahrgenommen. „Ich
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