Erbin des Gluecks
warne dich. Tu das lieber nicht.“
„Und wenn ich schon lange darauf warte?“ Behutsam legte er ihr beide Hände um den Nacken, als wollte er sie fester an sich binden.
„Bryn, bitte … das hat keinen Sinn.“ Francesca versuchte vergeblich, sich zu befreien. „Du hast keinen Grund, mich zu verletzen.“
Die Worte reizten ihn. „Dich zu verletzen?“, wiederholte er. „Würde ein Kuss das tun?“
„Du solltest die Möglichkeit nicht ausschließen. Wäre es das wert?“
„Das käme auf einen Versuch an“, sagte er ungerührt. Seine Augen funkelten dabei so, dass Francesca ihre schließen musste.
Tu einfach so, als wäre es Einbildung!
Wie konnte sie das, wo doch alles Wirklichkeit war? Atemlos hielt sie still, als Bryn die Hände über ihre Schultern gleiten ließ und sie dann fest in den Arm nahm. Ihr ganzes Leben würde sie sich an diesen Augenblick erinnern, der ihr völlige Selbstvergessenheit schenkte. Es war gefährlich, diesem Gefühl zu folgen, nur wie sollte sie sich gegen die Macht der Sinne wehren? Was ihr grundfalsch erschien, konnte genauso gut völlig richtig sein.
Bryn küsste sie, nicht einmal, sondern immer wieder. Jeder Kuss war inniger und verführerischer als der letzte, bis Francesca ihre eigenen Tränen schmeckte. „Bryn, das dürfen wir nicht“, protestierte sie und war doch zu schwach, um dagegen anzukämpfen. Der Sinnenrausch war stärker. Er hatte sie mit Körper und Seele erfasst.
Es war grausam, so zu denken, aber wenn sie Bryn nicht bald Einhalt gebot, würde sie verloren sein. Dann gab es kein Zurück mehr, und mit ihrem alten Leben war es für immer vorbei. Sie musste ihn aufhalten – und tat es nicht.
Sie werden Gnade oder Strafe finden.
Wer hatte das gesagt? Natürlich Shakespeare und wieder in „Romeo und Julia“. Tränen liefen ihr über das Gesicht.
Bryn kostete sie wie Nektar. „Es tut mir leid. Bitte wein nicht, Francey“, flüsterte er und suchte wieder ihre Lippen. Er war dem Ansturm der Gefühle genauso wenig gewachsen, und sie kam ihm entgegen, als öffnete sich eine Knospe zu voller Blüte.
Nur dieses eine Mal, gelobte sie sich hoch und heilig. Das erwachte Verlangen trieb sie vorwärts. Sie fühlte sich so lebendig wie nie zuvor und war bereit, Bryn alles zu gewähren, was er wollte. Die Regeln, nach denen sie bisher gelebt hatte, zählten nicht mehr.
Das ist Bryn Macallan. Eine Stimme meldete sich in ihr, erst leise und dann immer lauter. Ihn zu lieben bringt Gefahr.
Waren er und Carina nicht ein Liebespaar gewesen? Vielleicht waren sie es noch, und Francescas Cousine würde Bryn niemals aufgeben. Sie war die Forsyth-Erbin und damit die perfekte Partnerin für Bryn Macallan. Ihn zu verlieren würde sie vernichten …
Bryn spürte Francescas inneren Aufruhr und ließ sie widerstrebend los. Ihre Augen waren geschlossen, die langen schwarzen Wimpern lagen wie Halbmonde auf der schimmernden Haut. Langsam ließ er die Finger über ihr Gesicht gleiten, um die zarten Konturen zu spüren.
„Ich konnte nicht mehr dagegen ankämpfen“, gestand er in einem Ton, der seine eigene Zerrissenheit verriet. „Irgendwann musste es so kommen.“
Francesca öffnete erschrocken die Augen. „Umso mehr Grund, alles zu vergessen!“
Bryns Eingeständnis hatte sie nicht beruhigt. Der Weg, der vor ihnen lag, war voller Gefahren. Sie hatte ihr so lange gehütetes Geheimnis gegen ihren Willen preisgegeben. Kein anderer Mann hätte sie dazu gebracht, kein anderer wäre ihr so nah gekommen. Sie hatte sich so sehr daran gewöhnt, ihre wahren Gefühle zu verbergen, dass sie jetzt vor sich selbst erschrak.
Sie hatten beide einem plötzlichen Impuls nachgegeben. Überreizt von den Anstrengungen des Tages, waren sie blind ihrem Verlangen gefolgt. Konnte das als Entschuldigung gelten? Francesca wusste, was Carina für Bryn empfand, und hatte sie trotzdem verraten.
„Verlier jetzt nicht die Nerven, Francey“, warnte Bryn. Er hatte ihr beide Hände auf die Schultern gelegt und betrachtete ihren gesenkten Kopf.
„Kann ich denn anders?“
Noch nie hatte sie eine so aufwühlende Erfahrung gemacht, nie so deutlich den Unterschied zwischen weiblicher Zartheit und männlicher Kraft gespürt. Sie hatte sich an Bryns Brust geschmiegt, seine starken Arme gefühlt und sich ganz von ihm überwältigen lassen. Das war ungeheuer aufregend gewesen, aber sie empfand noch mehr für Bryn. Sie respektierte ihn, und das sollte so bleiben. Schon als Kind hatte sie seine Hilfe gesucht,
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