Erbin des Gluecks
sprichst. Meiner Meinung nach sind wir die besten und engsten Freundinnen.“
„Sollten wir nicht endlich der Wahrheit ins Gesicht sehen? Wir sind keine Freundinnen, Carrie. Lass uns mit der Heuchelei aufhören.“
Carina presste ihre Hände zusammen, als fürchtete sie, sonst um sich zu schlagen. „Ich glaube das einfach nicht“, stieß sie hervor. „Und ausgerechnet an diesem Tag!“
„Vielleicht ist das der richtige Zeitpunkt, Carrie. Eine Epoche ist zu Ende gegangen und mit ihr das alte Leben. Ich wollte immer zu euch gehören. Du solltest mehr meine Schwester als meine Cousine sein, dazu ist es jedoch nie gekommen.“
Carinas Zorn legte sich schlagartig. „Es kränkt mich, wenn du so sprichst, Francey“, sagte sie. „Du vergisst dabei, wie viel Zuneigung ich dir entgegengebracht habe. Das klingt ja fast, als wärst du neurotisch. Was kann ich dafür, dass du mich in all den Jahren so glühend beneidet hast? Aber keine Angst … ich vergebe dir. Schließlich konnte ich nichts anderes erwarten. Trotzdem wollte ich immer für dich da sein und dich vor unangenehmen Erfahrungen schützen. Sogar gegen Gramps habe ich dich abgeschirmt. Du konntest ihn in Wut bringen mit diesem ewig tragischen Ausdruck in den großen Kinderaugen … als hätte er dir irgendetwas angetan.“
Francesca schüttelte den Kopf. „So ein Unsinn!“
„Nein, das ist kein Unsinn. Ich an deiner Stelle würde mich glücklich schätzen.“
„Meist tue ich das auch“, gab Francesca ehrlich zu. „Oh, da kommt Bryn zurück.“
„Er kommt zu mir“, trumpfte Carina auf und sah ihm mit Besitzerstolz entgegen. „Ich brauche jetzt seinen Beistand.“
„Natürlich.“
Er sprüht förmlich vor Kraft und Energie, dachte Francesca. Ich fühle es bis ins letzte Glied, aber sie spürt es auch. Wir leben beide durch ihn.
5. KAPITEL
Als Francesca sich endlich in ihr ruhiges Apartment zurückziehen konnte, legte Dami, das neue Hausmädchen, gerade frische Handtücher im Bad zurecht, das fast so groß war wie das Wohnzimmer.
„Kann ich noch irgendetwas für Sie tun, Miss Forsyth?“, fragte sie. „Möchten Sie vielleicht Tee?“
„Tee wäre wunderbar“, antwortete Francesca. „Vielen Dank.“ Es hatte unten ein reichhaltiges Büfett gegeben, aber sie hatte einfach nichts essen oder trinken können. Die anderen Gäste hatten fast immer ein volles Glas oder einen frisch gefüllten Teller in der Hand gehabt, als wären sie zu einer Hochzeit und nicht zu einer Trauerfeier gebeten worden. „Haben Sie sich gut eingelebt?“
Die Frage schien Dami zu überraschen. „Ja, danke, Miss“, antwortete sie und knickste verlegen. „Was für einen Tee darf ich bringen?“ Sie zählte verschiedene Sorten auf.
„Darjeeling wäre mir recht, Dami.“ Francesca lächelte. „Vielleicht können Sie auch noch ein Sandwich auftreiben?“ Sie merkte plötzlich, wie flau ihr im Magen war.
„Natürlich, Miss.“ Dami knickste noch einmal ungeschickt und verschwand, um Francescas Wünsche zu erfüllen.
Nachdem sie gegangen war, schlüpfte Francesca aus dem schwarzen Kostüm, das vor Carinas Augen keine Gnade gefunden hatte, und zog stattdessen eine schwarze Leinenhose und eine silbergraue Seidenbluse an. Sie hatte inzwischen so heftiges Kopfweh, dass sie alle Nadeln aus ihrem Haar zog und es offen auf die Schultern fallen ließ. Danach fühlte sie sich leichter, und der Schmerz war nicht mehr so spürbar.
Nach einigen Minuten wurde leise an die Tür geklopft. Francesca ging, um zu öffnen, aber es war nicht Dami, die den Tee brachte, sondern Bryn.
„Hallo“, sagte er.
„Hallo.“ Sofort fühlte sie sich neu belebt. Konnte sie ihre Liebe leugnen, nur weil sie aussichtslos war? Sie sehnte sich doch nur danach, dass er näher kommen und sie küssen würde – nicht auf die Wange, wie er es öfter tat, sondern auf den Mund. Das war ihr schönster Traum, obwohl sie wusste, was sie sich damit antat. „Was führt dich zu mir? Ich dachte, du wärst bei Carrie.“
„Darf ich hereinkommen?“
„Natürlich.“ Francesca trat beiseite, um ihn vorbeizulassen. „Mach die Tür nicht zu. Ich habe Dami gebeten, mir Tee zu bringen. Möchtest du auch eine Tasse?“
„Um Himmels willen, nein!“ Bryn ging zum Fenster und sah auf die weite Rasenfläche hinunter. „Ich wollte zu dir.“ Er drehte sich um und bemerkte, dass sie ihr Haar wieder zusammenfassen wollte. „Lass es so“, bat er. „Ich mag es, wenn du es offen trägst und nicht streng
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