Erbin des Gluecks
auch immer … Das Leben stellt hier und jetzt seine Anforderungen an uns. Sprich mit meiner Mutter, wenn du willst. Alles, was ihr hilft, hilft auch mir, sei jedoch nicht enttäuscht, wenn sie dir in ihrer freundlichen Art einen Korb gibt.“
„Danke, Bryn.“ Francesca nahm seine Hand und drückte sie. „Ich werde Annette nicht drängen. Ich verstehe ihre Gefühle und den Schmerz, der sie seit dem Verlust deines Vaters niederdrückt. Trotzdem hat sie die Kraft gefunden, für dich weiterzuleben.“
Bryn sah sie unglücklich an. „So darf es aber nicht bleiben, Francey. Mum muss endlich wieder für sich selbst da sein. Wenn es dir gelingt, dass sie ihr freiwilliges Gefängnis verlässt, werde ich dir ewig dankbar sein.“ Seine Miene hellte sich auf. „Habe ich dir schon gesagt, wie schön du heute bist?“
„Ja, das hast du.“ Wieder überzog sanfte Röte ihr Gesicht. „Das Kleid ist neu. Ich komme jetzt nicht zum Einkaufen und habe Adele Bennett gebeten, mir eine passende Garderobe zu besorgen. Das hat sie getan und mir alles zusammen ins Haus geliefert.“
„Du hättest keine Bessere finden können.“ Bryn ließ Francesca nicht aus den Augen. Sie trug ein ärmelloses Kleid aus marineblauer Seide, das ihre schmalen Schultern und schlanken Arme wunderbar zur Geltung brachte. Der Schnitt war einfach, und der Stoff wirkte vor allem durch die unregelmäßigen violetten, gelben und hellblauen Farbtupfer, wobei das Hellblau ihn an das leuchtende Gefieder eines Eisvogels erinnerte. Adele Bennett war er öfter bei gesellschaftlichen Anlässen begegnet. Sie besaß exklusive Boutiquen in mehreren großen Städten und musste es genossen haben, eine Frau, die so schön und anmutig war wie Francesca, neu einzukleiden.
„Ich gefalle dir also?“, forderte sie ihn heraus, obwohl sein Blick alles sagte.
„Das kann ich nur bejahen.“ Seine dunklen Augen strahlten, dann wandte er sich ab und sah auf die Uhr. „Eine Schande, dass wir uns schon trennen müssen, aber es geht nicht anders. Ich habe um halb drei eine Konferenz.“ Er winkte dem Kellner, der im Eilschritt näher kam. „Ich finde, wir sollten schon an diesem Wochenende nach ‚Daramba‘ fliegen. Ich habe mich darauf entsprechend eingerichtet. Warum noch eine weitere Woche warten? Wir müssen auch an uns denken. Das haben wir letzthin zu wenig getan. Du wirst dir doch freinehmen?“ Er hatte seine Kreditkarte auf den Teller mit der Rechnung gelegt und sah lächelnd auf.
Was für ein Lächeln! Sein ganzes Gesicht schien von innen zu leuchten.
„Darauf kannst du dich verlassen“, antwortete sie ruhiger, als ihr zumute war. Während der langen, arbeitsreichen Tage hatte sie immer wieder an „Daramba“ gedacht – und daran, dass sie dort mit Bryn allein sein würde. Die Vorfreude auf dieses traumhaft schöne Wochenende hatte sie bei aller Überlastung aufrechtgehalten.
Eine Anstandsdame würde sie nicht mitnehmen. Die Francesca Forsyth von gestern hätte vielleicht eine gebraucht, aber inzwischen hatte man sie aus ihrem schützenden Schneckenhaus herausgeholt. Sie war jetzt die Forsyth-Erbin, ob sie wollte oder nicht. Das alte Leben lag hinter ihr. Sie verspürte die Kraft, es mit der Zukunft aufzunehmen.
Vielleicht hatte Bryn doch recht gehabt. Er war schon lange ein freier Mann.
Freitagnachmittag gegen vier Uhr stürmte Carina in Francescas Büro und brachte eine Woge von Parfümduft mit.
„Carrie!“ Francesca erhob sich von ihrem Schreibtischsessel. Es entging ihr nicht, dass ihre Sekretärin Valerie Scott an der halb geöffneten Tür stehen geblieben war und verzweifelt die Hände rang. Offenbar war sie mit Carina aneinandergeraten und wollte das auf diese Weise zu erkennen geben.
„Es ist gut, Valerie.“ Francesca wusste, dass keine Macht der Welt Carina aufhalten konnte, wenn sie entschlossen war, sich Zutritt zu verschaffen – noch dazu zum Büro ihres verstorbenen Großvaters. Francesca hatte versucht, in dem Raum alles etwas persönlicher zu gestalten. Die beiden teuren Ölgemälde aus der frühen Kolonialzeit waren durch zwei neue Bilder ersetzt worden: eine Outback-Landschaft von ihr selbst und ein Wasserlilienstillleben von Nellie Napirri. Beide hatten oft genug Besuchern Gesprächsstoff gegeben und ihnen die anfängliche Scheu genommen.
„Ja, gehen Sie wieder an Ihre Arbeit!“, herrschte Carina die Mitarbeiterin an. „Und verweigern Sie mir nie wieder den Zutritt zu dem Reich meines Großvaters.“
„Das habe ich nicht
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