Erbschuld: Psychothriller (German Edition)
Eine Feuersbrunst erhellte den Himmel. Das Auto brannte. Die Plastikbehälter. Natürlich. Benzin oder eine andere leicht entflammbare Flüssigkeit. Einige Minuten später kam Madeleine angerannt. Atemlos sprang sie ins Auto und warf die Plastikbeutel auf den Rücksitz.
»Gott sei Dank, dass es so heftig regnet, sonst würden wir halb Devon abfackeln.«
»Verdammt, Madeleine!«, kicherte Rachel gegen ihren Willen.
Noch immer schienen die Flammen bis in den Himmel zu schlagen.
Still beobachteten die beiden Frauen das Feuer in der Ferne. Es wurde langsam kleiner, aber die Umgebung erglühte noch immer orangefarben im Dunst.
Rachel wandte sich zu der nassen Frau mit dem wirren Haar. »Was genau hast du gemacht?«
»Damit man das Feuer nicht so weit sieht, habe ich das Auto in einen kleinen Wasserlauf rollen lassen, der in einem tiefen Einschnitt liegt. Vertrauen wir darauf, dass niemand an seinem Fenster stand, um Regen und Blitze zu beobachten, und uns nun die Feuerwehr auf den Hals schickt.«
»Wo sind wir eigentlich? Woher kennst du diese Gegend?«
»Dartmoor. Ein Kollege hat einige Kilometer von hier ein Cottage. Es ist noch gar nicht so lange her, da haben wir uns hier verlaufen. Man ist wirklich am Ende der Welt. Es würde mich nicht überraschen, wenn man das Auto erst in einigen Wochen oder Monaten findet. Und ausgebrannte Autos sind sowieso typisch für die heutige Landschaft.«
»Aber Leichen? Davon gibt es nicht so viele in der heutigen Landschaft.«
Das Auto explodierte. Flammen schössen in alle Richtungen. Der Lärm war gewaltig, aber Regen und Donner dämpften ihn.
»Ich habe die Plastikplane geöffnet und ihn gründlich begossen, seine Hände und vor allem, was von seinem Gesicht übrig war«, berichtete Madeleine sachlich und startete den Motor. »Ich bezweifele, dass noch viel von ihm übrig ist, mach dir also keine Sorgen. Er ist ein Gangster und gehört zu einer Welt, in der Mord an der Tagesordnung ist. Er hat jemanden übers Ohr gehauen oder sich auf das Territorium eines anderen gewagt, und man hat ihn umgelegt. Nicht, Rachel? Ganz einfach.«
»Es könnte sein, dass Uri Zweifel hat.«
»Über Uri müssen wir uns noch gesondert Gedanken machen.« Sie legte den Gang ein und schaltete die Scheinwerfer an. »Einer weniger, noch einer übrig«, fügte sie wie zu sich selbst hinzu.
Zu müde, um zu reden oder nachzudenken, fuhren sie nach Bath zurück. Madeleine wählte eine Route über Land durch die hügeligen Felder Somersets. Wie Madeleine den Weg durch das Gewirr der vielen Landstraßen fand, war Rachel ein Rätsel, vor allem, da die Sicht sehr schlecht war. Ein schwerer Schauer jagte den nächsten. Die Morgendämmerung zeigte sich als schmaler Streifen am Horizont, wie eingeklemmt zwischen dem Land und den schwarzen Wolken. Rachel sah einige Male zu Madeleine hinüber. Sie hatte Angst, Madeleine könnte einschlafen. Ihre Mutter sah todmüde aus, aber sie hielt die Augen fest auf die Straße gerichtet, mit ausdruckslosem Gesicht, die Hände fest um das Steuer gelegt. Es wäre besser, wenn sie sich unterhielten, und sei es nur, um sie wach zu halten, ging es Rachel durch den Sinn.
»Das Thema begeistert mich zwar nicht«, begann Rachel. »Aber ich vermute, dass du weißt, wie mein Vater heißt.«
Madeleine antwortete eine ganze Weile nicht. »Mein Mann? Sein Name war Forrest Serota«, sagte sie endlich.
Rachel lachte überrascht auf. »Ihr seid verheiratet gewesen? Ich dachte, du warst sechzehn, als du mich bekommen hast?«
»Wir haben erst später geheiratet«, antwortete sie. Und so leise, dass Rachel sie kaum hören konnte, fügte sie hinzu: »Als es bereits zu spät war.«
»Gut. Erzähl mir noch etwas.«
»Er war einfach … ein sehr anständiger Mensch. Lustig. Gescheit … sanftmütig.«
»Wenn er so großartig war, warum seid ihr beide nicht mehr zusammen?«
»Wenn du die Briefe gelesen hättest, die ich für dich hinterlegt habe, wüsstest du, dass er tot ist. Er starb, als du gerade neunzehn geworden warst. Er hätte alles auf der Welt gegeben, um dich kennenzulernen, Rachel. Er hatte nur den einen Wunsch, dich zu finden.« Sie wandte sich zu ihrer Tochter und sah sie scharf an. »Wir haben alles Menschenmögliche unternommen.«
Ihr Vater war tot. Rachel wusste nicht genau, was sie empfand. Er war ein richtiger Mann gewesen, jemand, der sie gesucht hatte. Nicht der pickelige Jüngling, den sie sich vorgestellt und der mit einer ebenso unreifen Madeleine tapsig
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