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Erbschuld: Psychothriller (German Edition)

Erbschuld: Psychothriller (German Edition)

Titel: Erbschuld: Psychothriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kitty Sewell
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sagen, dachte Madeleine. Sie hörte aufmerksam zu und verzichtete darauf, diese absurde Behauptung in Frage zu stellen.
    Nach einem weiteren Augenblick des Schweigens fuhr Rachel fort:
    »Ich glaube, dass ich es mir jetzt leisten kann. Mein Vater ist vor Kurzem gestorben und hat mir achtundzwanzigtausend Pfund hinterlassen. Und sein Haus.«
    »Das mit Ihrem Vater tut mir leid«, meinte Madeleine, rief sich dann aber ins Bewusstsein, dass die Patientin vielleicht gar nicht traurig war.
    Rachel Locklear bedachte sie mit einem leeren Blick. »Tatsächlich?«
    Wieder folgte eine lange Pause. Rachel war offensichtlich Raucherin. Ihr Blick zuckte immer wieder zu ihrer Handtasche hin, und sie bewegte die Hände nervös auf dem Schoß.
    »Nun, warum erzählen Sie mir nicht, was Sie angesichts des Verlusts Ihres Vaters empfinden«, schlug Madeleine vor, als sich die Pause zu lange ausdehnte.
    »Ich bin nicht hier, um über ihn zu sprechen«, gab Rachel scharf zurück.
    Gut, dann lassen wir ihn außen vor, dachte Madeleine und drosselte den in ihr aufsteigenden Ärger. Gib ihr Zeit, sie wird sich schon noch öffnen.
    »Ich glaube, es geht mehr um meinen Expartner, den Vater meines Sohnes. Er ist wirklich schlecht für mich. Und für Sascha.« Sie rutschte in ihrem Sessel nach vorn, bis sie auf der Kante saß. »Wir haben jahrelang in London gewohnt, aber ich habe mit ihm Schluss gemacht, und als Dad starb und mir das Haus hinterlassen hat, bin ich wieder hergezogen. Aber ich bin … ihm so was wie hörig. Jedenfalls hab ich das in einem Buch gelesen; weiß nicht mehr, wie es heißt. Ich kann mir noch so fest vornehmen, mich von ihm fernzuhalten – kaum taucht er auf, bin ich auch schon im Bett mit ihm. Es ist erbärmlich.« Sie zuckte ärgerlich mit den Schultern, als läge die Schuld dafür nicht bei ihr selbst, sondern bei irgendjemand anderem.
    »Was finden Sie an ihm anziehend?«
    Rachel lehnte sich zurück und schlug die langen Beine übereinander. Ihr Stiefel wippte nervös auf und ab. »Er sieht sehr gut aus, er ist russischer Ukrainer. Groß, dunkel, gutaussehend.« Sie grinste zum ersten Mal und entblößte ihre kräftigen, geraden Zähne, die ein wenig vom Tabak verfärbt waren.
    »Ist noch etwas an ihm anziehend?«
    »Verdammt, nein! Er ist gewalttätig, unberechenbar, verlogen, nimmt einem alles Geld ab, ist grausam und hält Frauen für den letzten Dreck.«
    »Ganz so, wie man es sich wünscht!«, rief Madeleine ein wenig bestürzt. »Mit anderen Worten, ein reizender Mensch.«
    Rachel musterte Madeleine kühl. »Er hat in Afghanistan gekämpft, als er noch ziemlich jung war. Nach dem, was er mir erzählt hat, haben er und seine Kameraden ein paar sehr scheußliche Dinge getan. Darum überrascht es nicht sonderlich, dass er so geworden ist.«
    Madeleine versuchte, sich die Situation auszumalen. Sie erinnerte sich, etwas über die Brutalität russischer Soldaten in jenem armen, vom Krieg gebeutelten Land gelesen zu haben.
    »Er will Sascha«, fuhr Rachel fort. »Er findet, dass der Sohn bei seinem Vater bleiben sollte, wenn ein Paar sich trennt. Sascha ist erst sieben, und ich hab eine Scheißangst, dass er gekidnappt und in die Ukraine, nach Polen oder nach Ungarn gebracht wird. Sein Vater hat überall Verwandte, und durch die Geschäfte, die er und sein Bruder machen, haben sie auch überall gute Kontakte. Er wird dafür sorgen, dass ich meinen Jungen nicht mehr wiederfinde. Ich kenne seinen Lebensstil, wahrscheinlich lässt er Sascha einfach bei irgendeiner Tante irgendwo in einem abgelegenen Dorf.«
    Madeleine fuhr innerlich regelrecht zusammen, als sie den apathischen Ton vernahm, mit dem Rachel diese Bombe platzen ließ.
    »Welcher Grund ist für Sie wichtiger, sich mit ihm abzufinden – die unwiderstehliche sexuelle Anziehung, von der Sie gesprochen haben, oder die Tatsache, dass er Sie in der Hand hat?«
    Rachel dachte einen Augenblick lang nach. »Beides. In Sachen Sex gehöre ich zu den verkorksten Weibern, die auf Gewalt abfahren. Ich meine, das muss wohl so sein. Wie oft hat er mich durchgeprügelt, und in der nächsten Minute wälzen wir uns miteinander im Bett, dass die Fenster beschlagen. Ich hatte ziemlich viele Männer in meinem Leben, aber niemand macht es mir wie er. Hinterher ekele ich mich total vor mir selbst.«
    Madeleine bemühte sich nach Kräften zu verbergen, wie sehr diese Aussage sie faszinierte. Nicht so sehr wegen des Inhalts, sondern weil Rachel zum ersten Mal aufrichtig klang. Sie

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