Erbschuld: Psychothriller (German Edition)
haben Sie mir erzählt, wie viel besser es ihr gehe. Dank der EKT, erinnern Sie sich?«
Sie hörte, wie er geräuschvoll ausatmete. »Ich sagte, Ihre Mutter sei weniger depressiv, Madeleine. Ich habe nicht gesagt, ihre Psychose sei geheilt.«
»Ach, Sie wissen doch, wie Mütter sind, Herr Doktor. Befinden sich ihre Kinder nicht ständig in Lebensgefahr?«, wehrte Madeleine ab und blickte zur Uhr hoch. Es war Punkt zwei. Eric Fyfield war ein neuer Patient, und sie wollte ihn nicht warten lassen. Doch Dr. Jenkins musste einen guten Grund haben, sie in der Praxis anzurufen. »Ich werde versuchen, sie davon zu überzeugen, dass sie sich keinerlei Sorgen um mich zu machen braucht.«
»Wissen Sie, genau das wollte ich ansprechen.« Er machte eine Pause und fuhr dann fort: »Auch wenn es schwer für Sie ist, wäre es wohl besser, wenn Sie nicht so oft kämen. Was auch immer dahinterstecken mag, neuerdings sind Sie der Auslöser für die Angstattacken Ihrer Mutter. Nach Ihren letzten Besuchen war sie sehr erregt. Die Schwestern haben viel Mühe, sie anschließend wieder zu beruhigen.«
Ja, sie hat es mir erzählt. Sie fesseln sie ans Bett und geben ihr eine Injektion. »Ihre Bewohner haben doch wohl alle einmal eine Krise, Dr. Jenkins. Wenn das nicht so wäre, würden sie sich wohl kaum in Ihrer vortrefflichen Einrichtung aufhalten. Es leuchtet mir nicht ein, dass es hilfreich sein soll, meiner Mutter den einzigen Menschen vorzuenthalten, der sie liebt …«
»Mrs Ollenbach und ihr Team«, unterbrach Dr. Jenkins sie, »tun ihr Bestes für Ihre Mutter. Denken Sie nur an den Schrein, die Kerzen und das Schlafen im Sessel. Wussten Sie übrigens, dass einige der exotischsten Exemplare aus unserem Aquarium mit tropischen Fischen auf dem Altar Ihrer Mutter enden?«
Madeleine unterdrückte ein Kichern. Tropische Fische! Ja, wo denn sonst sollte Mama etwas Lebendiges zum Opfern finden? Babalu Ave, ihr Orischa, war ein Gott, der echtes Blut haben wollte, wenn er jemandem einen größeren Gefallen tun sollte.
»Die Bewohner hier sind allesamt schwierig.«
»Ihre Mutter ist ein Fall für sich, Madeleine. Ich sage Ihnen das ungern, aber ich bin der Meinung, dass wir ihre Medikamentendosis erhöhen müssen.«
»Nein!«, protestierte Madeleine. »Kommt nicht in Frage. Sie soll nicht in einen Zombie verwandelt werden, damit es die Schwestern schön bequem haben.«
Sofort bereute sie ihre Anschuldigung. Sie wusste, dass Rosaria anstrengend sein konnte, aber Neville hatte ein halbes Vermögen für ihre Pflege zur Verfügung gestellt. Und es war schrecklich, wie einige Insassen dahinvegetierten, weil man sie mit Medikamenten vollpumpte.
Am anderen Ende der Leitung war es still, und Madeleine wollte gerade zu einer Entschuldigung ansetzen, als Dr. Jenkins mit strenger Stimme das Wort ergriff. »Madeleine, Sie sind nicht in der Lage, den täglichen Zustand Ihrer Mutter zu beurteilen.«
»Natürlich nicht. Es tut mir leid. Aber ich kann Ihrer geplanten Dosiserhöhung nicht zustimmen. Ich finde die Folgen einfach zu schrecklich.«
»Reden wir bei Ihrem nächsten Besuch darüber … Und da ist noch etwas. Ihre Mutter spricht ständig von einem Kind. Sie ist überzeugt davon, dass Sie ein Kind haben. Das stimmt doch nicht, oder? Ich hatte den Eindruck, dass Sie …«
»Ganz richtig, Herr Doktor«, unterbrach Madeleine ihn scharf. »Das hat sich Mama schon immer eingebildet oder vielleicht erhofft«, log sie. »Sie sehen, was ich meine. Sie braucht mich. Ich bin das einzige Kind, das sie hat.«
Das Gefängnis war sternförmig gebaut, ein großer, sechseckiger Block, von dem sechs Trakte abgingen, in denen jeweils eine andere Kategorie von Strafgefangenen untergebracht war. Jeder Trakt hatte einen Zentralkorridor, an dem sich zu beiden Seiten Zellen aneinanderreihten. Der Zugang war durch doppelte Stahltüren gesichert.
Edmunds Trakt war zusätzlich gesichert. Außerdem waren die Zellen geräumiger und komfortabler, weil die meisten Insassen lebenslängliche Strafen absaßen. Sie waren jedoch keine gewöhnlichen Lebenslänglichen, sondern stellten eine außerordentliche Gefahr für das Personal, die anderen Häftlinge und für sich selbst dar.
Madeleine lief den Gang entlang. Sie wurde dabei von einem Gefängnisbeamten bewacht, der an der Tür stand. Einer der Gefangenen steckte den Kopf durch seine Luke und rief hinter ihr her.
»Gott sei Lob und Dank! Eine Frau! Beweg deinen knackigen kleinen Arsch hierher.«
Sie war an
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