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Erdbeerkönigin

Erdbeerkönigin

Titel: Erdbeerkönigin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silke Schütze
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Holztisch unter einem Sonnenschirm. Dann tritt er auf uns zu und schüttelt meine Hand.
    »Hallo, guten Abend! Du trinkst doch Rosé?« Er lächelt, als ich nicke, und küsst dann Hubertus unbefangen auf den Mund. »Schatz, willst du auch schon ein Glas? Oder erst umziehen?«
    Hubertus stellt uns vor. »Eva, das ist Theo, mein Freund.«
    Wenn ihm meine Überraschung aufgefallen ist, zieht er es vor, das nicht zu zeigen. Ich habe noch nie auf den ersten Blick erkennen können, ob ein Mann schwul ist oder nicht. Früher haben mich meine Kolleginnen damit aufgezogen, besonders als Schwesternschülerin, wenn ich wieder einmal von einem Patienten oder einem neuen Arzt begeistert war. »Schätzchen, der steht nicht auf Frauen!«, hielten sie mir dann mit cooler Überlegenheit vor. Früher fühlte ich mich dann dumm oder naiv. Inzwischen habe ich mich mit dieser Unfähigkeit angefreundet – mir ist gleichgültig, ob ein Mann schwul ist oder nicht. Viel wichtiger erscheint mir, ob er freundlich ist. Sowohl Hubertus als auch Theo machen einen freundlichen Eindruck. Jetzt lächelt mich Hubertus an und füllt die Gläser. Wir stoßen an und Hubertus sagt: »Auf einen schönen Abend.« Nach dem ersten Glas beschließt er, Theos Ratschlag zu folgen und sich umzuziehen. Während er zum Haus geht, setzen Theo und ich uns an den Tisch. Von drinnen dringt nun leise Jazzmusik herüber.
    Theo lächelt, summt leise mit. Er trinkt einen Schluck und fragt dann: »Du bist also Daniels alte Freundin?«
    »
Eine
alte Freundin«, korrigiere ich.
    Theo nickt. »Da kennt man jemanden seit Jahren, kennt seine Ex-Frau und seine aktuellen Frauen, sein Kind. Und nach seinem Tod taucht auf einmal jemand auf, den keiner kennt.« Er grinst mich an. »Die große Unbekannte. Warst du so etwas wie die Liebe seines Lebens? Oder war er die Liebe deines Lebens?«
    Spontan möchte ich dementieren. Aber dann stocke ich. Vor mir sehe ich Daniel mit den langen weichen Haaren und dem offenen Hemd. Und das Mädchen im Glanz der Regenbogentropfen. Damals. Noch ein Bild sehe ich: Daniel beugt sich vor, seine Lippen berühren fast meinen Mund. Sein Atem streift mein Gesicht …
    Theos Stimme dringt in meine Erinnerungen. »Keine Antwort ist auch eine Antwort.« Seine Augen sind hellbraun und so offen wie die eines Kindes.
    Ich schrecke auf. »Nein, das war noch keine Antwort. Ich denke nach.«
    Theo nickt. »Ist ja auch ein großes Wort: Liebe meines Lebens. Ich hoffe, dass ich die von Hubertus bin. Er ist nämlich meine große Liebe.«
    Ich blicke schnell zu ihm hinüber. Sein Gesicht ist ernst geworden, und er zieht seine Stirn in besorgte Falten. Er fängt meinen Blick auf und sagt: »Man soll ja nichts Schlechtes über Verstorbene sagen, aber ich war häufig eifersüchtig auf Daniel. Hubertus und er haben eine lange Geschichte, und ich bin mir oft wie das fünfte Rad am Wagen vorgekommen. Die beiden waren so vertraut miteinander.« Er hebt seine Hände. »Keine Angst, Daniel und Hubertus waren kein Paar. Obwohl ich das manchmal, vor allem am Anfang, gedacht habe.« Sein Gesicht wird hart. »Ich habe nie verstanden, was die beiden verbindet. Daniel war manchmal so selbstverliebt. Ich weiß nicht, ob er überhaupt andere lieben konnte.« Er sieht mich erschrocken an. »Ich rede nicht gern schlecht über Daniel, und ich merke, wie sehr sein Tod Hubertus immer noch quält. Aber es gab Momente, in denen ich ihn am liebsten zum Mond geschossen hätte.«
    »Du mochtest ihn nicht?«
    »Das würde ich nicht sagen. Daniel hatte einen unglaublichen Charme, der konnte alle einwickeln. Sonst hätte er es mit seiner Galerie in einer Stadt wie Hamburg doch gar nicht geschafft.«
    »Wie meinst du das?«
    »Hamburg ist keine kunstsinnige Stadt. Es gibt eine kleine, feine Medienszene, jede Menge Werbeleute und Journalisten, aber nur wenig Mäzene oder Kunstinteressierte. Ich muss es wissen, ich schreibe als freier Journalist für den Kulturteil mehrerer Zeitungen. Kunst ist hier nicht gerade ein angesagtes Thema. Mit Kunst wirst du hier nicht reich. Aber jemand wie Daniel setzt sich eben durch. Der machte aus Kunst ein Event, mixte Malerei mit Musik, verstand sich mit Theaterintendanten und Filmfestleitern, Kulturredakteuren und Fernseh-Köchen. Er tanzte auf vielen Hochzeiten. Und er hatte in gewissen Kreisen auch Einfluss – er hat mir mit seinen Kontakten auch immer gern geholfen. Wie gesagt: Er war erfolgreich, und wenn Hubertus nicht so eng mit ihm befreundet gewesen

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