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Erdbeerkönigin

Erdbeerkönigin

Titel: Erdbeerkönigin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silke Schütze
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schmale Plissee-Längsfalten, und als ich hineinschlüpfe, fühlt sich der kühle Stoff auf meiner Haut angenehm an. Ich stelle mir vor, wie Daniel darauf reagieren würde, wenn er mich jetzt sähe. Der Daniel, den ich kennengelernt habe, würde charmant lächeln. »Ausgerechnet mein Lieblingshemd!«, würde er vielleicht sagen. »Sehr selbstbewusst. Aber genau die richtige Wahl.« Fast glaube ich, seine Stimme zu hören. Daniel fand mich damals selbstbewusst. Bin ich das noch heute? Verstohlen schnuppere ich am Ärmel, vielleicht duftet das Hemd noch nach Daniel. Aber der Stoff verströmt nur das Aroma von Waschpulver. Wie hat Daniel damals geduftet? Ich weiß es nicht mehr. Vielleicht nach Sommer.
    Der Kragen ist mir etwas zu weit, aber ich lasse die oberen drei Knöpfe offen und gebe damit den Blick auf den Spitzenbesatz meines weißen Tops frei. Es ist so warm, dass ich auf eine Jacke verzichte und nur die weit geschnittene Anzughose anziehe. Ich steige in meine neuen Schuhe, pudere mir die Nase und bin gerade dabei, die Lippen mit meinem selten benutzten Lippenstift nachzuziehen, als es klingelt. Im letzten Moment streife ich mir die eben gekauften Ketten über den Kopf.

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    4 . Kapitel
    Was ist Dir wichtiger: Freiheit oder Sicherheit?
(Gesprächsstoff: Original)
    Immer noch Donnerstag, Tag 2
    D u siehst großartig aus!«, entfährt es Hubertus, als er mir die Autotür aufhält.
    »Überrascht dich das?« Wieso liegt in meiner Stimme dieser kieksige Flirtton? Seit zwei Tagen entwickle ich eine gespaltene Persönlichkeit. Die Eva, die hier in Daniels mondänem Smokinghemd ihren Ausschnitt mit farbigen Perlen schmückt und den Anwalt mit roten Lippen anlächelt, erinnert nur noch entfernt an jene Eva, die sich gestern Morgen mit trüben Gedanken an ihre Kaffeemaschine schmiegte.
    »Hält deine Frisur das aus?«, fragt Hubertus und deutet auf das geöffnete Autodach. Gestern war es geschlossen, jedenfalls ist mir gar nicht aufgefallen, dass der Wagen ein Cabrio ist.
    Ich greife nach dem Sitzgurt und schnalle mich an. »Welche Frisur?«
    Diese Antwort ist kein Witz, aber Hubertus lacht anerkennend und schiebt die Sonnenbrille aus seinem Haar auf die Nase. »Uneitle Frauen finde ich wunderbar.«
    Ich lächle weiter mit meinen roten Lippen und freue mich, dass ein Mann wie Hubertus meine halblangen Locken als Frisur bezeichnet. Was Hubertus nicht weiß: Alle paar Monate schneidet mir Antje die Haare. Sie kann eine abgebrochene Friseurausbildung aufweisen. Und noch etwas weiß Hubertus nicht: wie sehr ich die Worte »großartig« und »wunderbar« in Bezug auf meine Person genieße.
    Wir fahren durch die warme Abendluft. Hamburg sieht aus wie eine zufriedene Stadt. Gut gekleidete Menschen flanieren auf den Gehwegen der breiten Straßen, sitzen auf den Balkonen der gepflegten Altbauten und in den Straßencafés. Als Hubertus um eine Ecke fährt, liegt die Alster leuchtend wie ein schimmernder Edelstein im Sonnenschein vor mir.
    »Wir sind gleich da«, sagt Hubertus.
    »Du wohnst an der Alster?«
    »So gut wie«, antwortet Hubertus und gibt sich keine Mühe, seinen Stolz darüber zu verbergen.
    Wir überqueren eine Brücke, fahren in eine kleine Straße und biegen bald in eine Einfahrt ein, die vor einer großen weißen Villa endet.
    »Ich bin beeindruckt«, ist alles, was ich herausbringe. Das Haus hat drei Etagen.
    Hubertus winkt ab. »Das Haus gehört mir nicht. Wir wohnen hier zur Miete. Und zwar im ehemaligen Dienstbotentrakt.«
    Wir gehen um das Haus herum – und dann stehe ich in einem Garten, dessen Rasenfläche sich bis zum Wasser erstreckt.
    »Das ist ein Seitenarm der Alster«, erklärt Hubertus. »Und obwohl alle Parteien den Garten nutzen dürfen, ist das unser Platz. Die anderen haben dafür einen Balkon, und im oberen Stock gibt es eine Dachterrasse.« Er weist auf ein am Ufer vertäutes Ruderboot. »Damit können wir theoretisch in die City rudern, um dort einen Kaffee zu trinken. Machen wir aber selten. Unsere Kaffeemaschine ist besser.«
    Ich denke an zu Hause. Was Nick und Benny jetzt wohl tun?
    Hubertus sagt: »Da kommen ja auch schon unsere Getränke.«
    Als ich mich umdrehe, sehe ich einen schlanken Mann mit kurzen Haaren in einer weißen Hose und einem eng anliegenden T-Shirt quer über die Wiese kommen. Er ist barfuß und trägt ein Tablett, auf dem ein Weinkühler mit einer Roséflasche, langstielige Gläser und ein Behälter mit Eiswürfeln stehen. Er stellt das Tablett auf einen großen

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