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Erdbeerkönigin

Erdbeerkönigin

Titel: Erdbeerkönigin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silke Schütze
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muss ich keine Umwege gehen. »Terroristin hin oder her – ich bin nun einmal auch Krankenschwester, und draußen ist wunderbares Wetter.«
    Berger hebt die Hände. »Ich ergebe mich!«
    Also helfe ich ihm, seine Schuhe anzuziehen. Es macht ihm nichts aus, sich auf mich zu stützen, als wir über den Korridor nach draußen ins Grüne gehen.
    »Vielleicht denken die jetzt, dass ich eine neue Freundin habe«, witzelt er, als wir am Schwesternzimmer vorbeikommen.
    »Wohl eher, dass Ihre Mutter zu Besuch ist.«
    Berger bleibt stehen. »Hören Sie mal, Eva Brandt, ich bin immerhin schon 23  Jahre alt!«
    »Na und? Mein Sohn ist nur fünf Jahre jünger.«
    Den Rest des Weges schweigen wir.
    »Wie war Daniel Eisenthuer, Herr Berger?«, frage ich ihn, als wir wenig später auf einer Bank die Spätnachmittagssonne genießen.
    »Er war super. Der Beste!«, sagt Berger mit Überzeugung und sieht mich direkt an. In seinen blauen Kinderaugen lese ich Kummer und Angst und schicke ein Stoßgebet zum Himmel, dass Gott oder sonst eine freundliche Macht ein Augenmerk auf Sven Berger haben möge.
    Er schlägt seine Beine übereinander. »Ich bin in sein Zimmer gelegt worden, als ich zum ersten Mal hier war«, erzählt er. »Daniel hat sich um mich gekümmert. Mich getröstet, mich zum Lachen gebracht.« Er schweigt.
    »Hatte er Angst?«
    Berger sieht mich von der Seite an. »Angst?«
    »Zu sterben. Vor dem Tod.«
    Berger nickt langsam. Ein Vogel fliegt über die Bank. Wir hören sein aufgeregtes Piepen, als er sich auf einem Strauch niederlässt. Endlich sagt er: »Natürlich hatte er Angst. Wir alle haben doch Angst vor dem Tod. Das heißt, vor seiner Nähe. Wir hier spüren, dass es bald geschehen kann. Daniel hat da keine Ausnahme gemacht.«
    Auf seinen bleichen Wangen zeichnen sich rote Kreise ab. »Ich hab’s schon gesagt: Daniel war ein Supertyp. Er war groß und sah toll aus – jedenfalls vor der Krankheit. Und selbst als er krank war, waren die Krankenschwestern alle hin und weg. Er hatte so viel erlebt! War in New York gewesen, in Nizza, überall in der Welt. Und er hatte schöne Frauen.« Er beugt sich vor. »Kennen Sie Francesca?« Jetzt wird auch der Rest seines Gesichts rot. Er verschränkt die Arme vor dem Körper und blickt mich fragend an.
    Ich nicke.
    »Sexy und lustig. Eine Traumfrau!«
    »Hat Daniel sie geliebt?«
    Berger zuckt die Achseln. »Wer weiß?« Er sieht mich nicht an, als er sagt: »Geliebt wurde Daniel vor allem von Hubertus.«
    »Er war sein bester Freund.«
    Sven schüttelt leicht den Kopf. »Es war fast unerträglich für Daniel, dass Hubertus die Schwere seiner Krankheit nicht einsehen wollte. Hubertus liebte Daniel nicht nur wie einen Freund.« Er winkt ab, als er die Frage in meinen Augen sieht. »Nein, die beiden waren kein Liebespaar. Daniel hat Hubertus geliebt wie einen Bruder.«
    Seine nächsten Worte kommen zögernd, so als ob er nach ihnen suchen müsste. Er sagt: »Zwischen Hubertus und Daniel gab es eine besondere Verbindung. Als Student hatte Hubertus einen schrecklichen Surfunfall – ich glaube auf Sylt. Dabei ist er knapp einer Querschnittslähmung entkommen. Er hatte so schwere Verletzungen, dass er fast ein Jahr liegen musste. Und weil das Krankenhaus zu teuer war und die Familie sich keine Pflege leisten konnte, hat Daniel ihn zu sich geholt und gepflegt. Er hat dafür sogar ein Stipendium sausenlassen. Da gab es nämlich so eine Villa in Italien, wo man als Maler wohl umsonst leben und arbeiten durfte. Villa Serpentara, Daniel hat sie mir mal im Internet gezeigt. Traumhafte Lage, wunderschön. Daniel hatte sich da beworben, er war genommen worden und hatte schon gepackt. Aber dann hatte Hubertus diesen Unfall.«
    Zum zweiten Mal an diesem Tag bin ich völlig überrascht. Sven ist aber noch nicht fertig. »Daniel und Hubertus – Daniel hat einmal zu mir gesagt: Hubertus und ich kennen uns noch länger, als wir leben.«
    »Wie hat er das gemeint?«, frage ich verwirrt.
    Sven Berger sieht mich wieder mit diesem suchenden Blick an und tastet sich durch die nächsten Worte. »Ich glaube, die haben sich als Menschen empfunden, die unter dasselbe Dach gehören. Als Wesen, die schon immer und für immer miteinander verbunden sind.« Er sieht mich fragend an. »Besser kann ich es nicht ausdrücken.«
    Statt einer Antwort nicke ich nur.
    »Und für Sie? Was war für Sie das Besondere an Daniel?«
    Berger blickt lange vor sich hin. Er seufzt und knetet seine Hände. Dann grinst er

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