Erdbeermond: Roman (German Edition)
dann nicht an und fragst sie?«
Er funkelte mich an, mit Ausdauer, aber dann war er derjenige, der den Blick abwandte; niemand hielt meinem Blick stand.
»In Ordnung«, sagte er wütend. »Das tue ich.«
Er nahm sein Handy und fing an, auf die Tasten zu dreschen, als hätten sie ihn persönlich beleidigt.
»Hoffentlich versuchst du nicht, sie zu Hause zu erreichen, denn sie ist auf den Bermudas, bei Jessie Cheadle.«
Er hörte auf herumzudrücken. »Jessie Cheadle?«
»Ja. Warum? Hast du etwa geglaubt, sie würde Thanksgiving allein in ihrer Wohnung sitzen? Nur sie und ihr vaterloses ungeborenes Kind?«
»Wie ist ihre Handynummer?«
Ich schwieg. Ich wollte sie ihm nicht geben.
»Ist auch egal«, sagte er. »Ich habe sie zu Hause. Du kannst sie mir jetzt sagen, oder ich gucke später selbst nach.«
Eins zu null für ihn: Ich gab ihm die Nummer.
Er fing wieder an, die Tasten zu drücken, möglicherweise nicht ganz so aggressiv wie vorher, dann rief er, als wäre er einer der Brüder Marconi bei seinem ersten Telefongespräch: »Es klingelt! Es klingelt!« Dann sackte er in sich zusammen. »Mailbox.«
»Hinterlass ihr eine Nachricht, du Idiot. Dazu ist es da.«
»Nee.« Er klappte das Telefon zu. »Wahrscheinlich will sie sowieso nicht mit mir sprechen.« Er sah mich listig an, aber meine Miene blieb ausdruckslos. Ich wusste nicht, ob sie mit ihm sprechen wollte (wahrscheinlich schon, befürchtete ich), und ich hatte keine Ahnung, wie viel er getrunken hatte und ob sein plötzliches Interesse an Jacquis Wohlbefinden verpuffen würde, sobald Thanksgiving vorbei war und sein Kater sich bemerkbar machte.
Kaum kam Jacqui nach Hause, berichtete ich ihr wortwörtlich, was vorgefallen war, und sie schob es dem festlichen Anlass und den dazugehörigen Exzessen zu. »Der Schwachkopf hatte einen in der Krone«, sagte sie.
ACHT
»Anna, diese neue Quantensprung-Hautpflege? Was wissen Sie darüber? Ich hätte schwören können, Sie haben was darüber gesagt, als wir uns letztes Mal zum Lunch trafen.«
Mein Telefon klingelte unaufhörlich: die Frauenzeitschriften, ihre Neugier war geweckt.
»Was haben Sie denn gehört?«, fragte ich.
»Dass es anders sei als alles, was wir kennen.«
»Das habe ich auch gehört.«
Den ganzen Dezember hindurch baute sich die Spannung wegen Formel Zwölf auf, und wenn man sich bei Drinks und auf Partys und beim Einkaufen traf, mehrten sich die Gerüchte. »Ich habe gehört, dass es aus dem brasilianischen Regenwald kommt.« »Stimmt es, dass Devereaux das Produkt auf den Markt bringt?« »Angeblich ist es eine Supercreme, wie Crème de la Mer, nur hoch zehn.« Fast war die Zeit gekommen. Ich beschloss, dass wir es in Harper’s Magazine vorstellen würden, und ich arrangierte einen Lunch mit der Beauty-Redakteurin Blythe Crisp für Anfang des neuen Jahres. »Ein ganz besonderer Lunch«, versprach ich ihr.
»Ende Januar«, sagte ich den Leuten bei Devereaux. »Dann kommen wir damit raus.«
Die Krankenschwester fuhr mit dem Ultraschallscanner über Jacquis Gel-bestrichene Kugel, verharrte einen Moment und sagte: »Sieht so aus, als wäre es ein Mädchen.«
»Toll!« Jacqui, wie sie so dalag, hob die Faust und hätte die Schwester beinahe k.o. geschlagen. »Ein Mädchen! Viel bessere Anziehsachen. Wie sollen wir sie nennen, Anna?«
»Joella? Jodi? Joanne? Jo?«
Mit scharfer Stimme sagte Jacqui: »Damit der alte Grummel-Joey weiß, wie seeehr ich ihn noch liebe. Oder noch besser: Wie wäre es mit Grummeline? Oder Grummeletta? Oder Grummelda?«
»Grummelda!« Die Vorstellung, das kleine Mädchen Grummelda zu nennen, erschien uns so komisch, dass wir uns vor Lachen bogen, und je mehr wir lachten, desto komischer wurde die Vorstellung, bis wir uns aneinander festhielten und uns bei der Krankenschwester mit schwacher Stimme für unser unschickliches Benehmen entschuldigten. Immer, wenn wir dachten, der Lachanfall sei vorüber, sagte eine: »Grummelda, räum dein Zimmer auf«, »Grummelda, iss deinen Möhrenbrei«, und dann prusteten wir wieder los. Ich wusste nicht, wann ich das letzte Mal so aus vollem Halse gelacht hatte, und es fühlte sich toll an, als würden zwei Zehn-Pfund-Gewichte von meinen Schultern genommen.
Im Taxi fragte ich: »Was soll ich sagen, wenn Rachel und Luke nach dem Ergebnis des Ultraschalls fragen?«
»Wieso – oh, du meinst, sie könnten es Joey erzählen?«
»Mmm.«
Sie dachte darüber nach, dann sagte sie, fast ungeduldig: »Irgendwann muss er ja
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