Erdbeermond: Roman (German Edition)
auf eine vierzig Meter lange Jacht befördern, die in New York vor Anker lag. (Leider nur für vier Stunden gemietet, und dann noch vier sehr teure Stunden.)
Trotz eisiger Temperaturen – es war der 4. Januar – und beträchtlichem Wellengang gefiel mir das mit der Jacht, es erweckte ein bisschen den Eindruck von Drogenschmuggel.
Ich stand auf und lief in der Kajüte hin und her – einfach, weil ich diesen Luxus genießen wollte. Ich war noch nie auf einer Jacht gewesen, die so groß war, dass man in der Kajüte auf und ab gehen konnte. Allerdings war ich auch noch überhaupt nie auf einer Jacht gewesen.
Nachdem ich ein paar Mal genussvoll auf und ab gelaufen war, glaubte ich den Helikopter zu hören. »Kommt er?« Ich spitzte die Ohren. Der Mann mit dem Walkie-Talkie sah auf seine große, schwarze, wasserdichte, gegen Atomangriffe gesicherte Armbanduhr. »Auf die Minute.«
»Alle an ihren Platz«, befahl ich. »Sie darf nicht nass werden«, rief ich ihm nach. »Tun Sie nichts, was sie verärgern könnte.«
Nach weniger als einer Minute kam eine knochentrockene Blythe in Lederstiefeln mit hohen Absätzen über das Parkett geklappert und betrat den Salon, wo ich sie erwartete und den Champagner bereits eingegossen hatte. »Anna, du lieber Gott, was soll das Ganze? Der Hubschrauber, dieses … Schiff?«
»Vertraulichkeit. Ich konnte das Risiko nicht eingehen, dass jemand unser Gespräch belauscht.«
»Warum? Was ist denn los?«
»Setzen Sie sich, Blythe. Champagner? Gummibärchen?« Ich hatte recherchiert; sie liebte Gummibärchen. »Also, ich habe etwas für Sie, aber es muss in die Märzausgabe.« Die Märzausgabe sollte Ende Januar erscheinen.
Sie schüttelte den Kopf. »Oh Anna, Sie wissen, dass es zu spät dafür ist, wir haben die Märzausgabe schon in trockenen Tüchern. Sie geht demnächst in Druck.«
»Ich zeige Ihnen, worum es geht.« Ich klatschte in die Hände (ich tat es mit großem Vergnügen und kam mir dabei vor wie der Bösewicht in einem James-Bond-Film), und ein Butler mit weißen Handschuhen brachte ein Tablett mit einer kleinen, gewichtigen Dose darauf, die er ihr überreichte. (Das hatten wir mehrmals geübt.)
Mit großen Augen nahm Blythe die Dose, öffnete sie, starrte einen langen Augenblick hinein und flüsterte: »Oh Gott, das ist sie. Die Supercreme der Supercremes. Es gibt sie wirklich .«
Gut, es war kein Mittel gegen Krebs, es war nur eine Gesichtscreme, dennoch war dies ein stolzer Moment.
»Ich werde die Märzausgabe noch einmal komplett umwerfen«, sagte sie.
Nachdem der Helikopter Blythe wieder in ihr Büro befördert hatte, rief ich Leonard Daly bei Devereaux an. »Es hat geklappt.«
»Nehmen Sie sich den Rest des Tages frei.« Ein Witz natürlich. Ich hatte massenhaft zu tun, und jetzt, da Formel Zwölf offiziell existierte, musste ich unser Büro einrichten. Ich wollte das Schreibtischlager für Formel Zwölf so weit wie möglich von Lauryn entfernt errichten; sie war kein bisschen glücklich darüber, dass ich einen neuen Auftrag an Land gezogen hatte. Noch weniger glücklich war sie darüber, dass ich Teenie mitnahm. Meine zweite Assistentin war ein helles, frisches Ding, das Hannah hieß und das ich von Warpo gestohlen und vor einem Leben mit entsetzlichen Kleidern bewahrt hatte. Ihre Dankbarkeit würde mir ihre Anhänglichkeit sichern.
Am 29. Januar kam die Märzausgabe von Harper’s heraus, und die Arbeit wurde auf der Stelle superhektisch. Ich streifte meine Candy-Grrrl-Hülle ab und verwandelte mich in einen wunderhübschen Formel-Zwölf-Schmetterling, in meinem anthrazitgrauen Kostüm stolzierte ich, für alle Welt sichtbar, umher.
ELF
»Guck sie dir an, das sind bestimmt Jolly Girls«, murmelte Jacqui.
»Bloß weil sie kurze Haare haben? Danach kannst du nicht urteilen.«
»Aber sie haben beide eine Tolle. Im Partnerlook!«
Es war unser erster Abend im Geburtsvorbereitungskurs, und von den acht Paaren bestanden nur fünf aus Mann und Frau. Aber Jacqui befürchtete, dass sie die einzige Frau war, die vom Vater ihres Kindes sitzen gelassen worden war. Obwohl Joey sie gelegentlich angerufen hatte. Also, er hatte Weihnachten, Neujahr und an seinem Geburtstag angerufen – zu Zeiten, wie sie richtig anmerkte, wenn er betrunken und sentimental war – und ausschweifende, entschuldigende Nachrichten auf ihren Anrufbeantworter gesprochen. Jacqui nahm nie ab, sie rief ihn auch nie zurück, aber sie leugnete, dass sie standhaft sei.
»Wenn er mich im
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