Erdbeermond: Roman (German Edition)
doch erfahren, dass er eine Tochter bekommt.« Jetzt wurde sie trotzig. »Es ist mir egal, was er weiß. Erzähl ihnen, was du willst. Erzähl ihnen alles über Grummelda.«
»Gut, in Ordnung. Ich wollte nur nicht irgendwas Falsches machen …« Nach einer kleinen Pause sagte ich: »Aber mal im Ernst, Jacqui, keine dummen Namen.«
»Wie meinst du das?«
»Fifi, Pompom, Jiggy, diese Art Namen. Gib deinem Kind einen normalen Namen.«
»Zum Beispiel?«
»Weiß auch nicht. Normal. Jacqui. Rachel. Brigid. Nicht Honey, Sugar, Treacle …«
»Treacle?! Das ist ja süß. Wir könnten es mit einem ›K‹« schreiben. Und ›il‹ am Schluss. Treakil. Ikkil. Treakil.«
»Jacqui, nein, das ist schrecklich, bitte …«
NEUN
»Wo ist die Einladung?«, kreischte Mum. »Wo ist diese dämliche Einladung?«
Wir waren im Esszimmer, und über den Resten des Weihnachtsessens wechselten Rachel, Helen, Dad und ich verständnislose Blicke. Soeben hatte Mum mit Tante Imelda telefoniert (ihrer ehrgeizigsten Schwester), und jetzt kreischte sie und warf mit Gegenständen in der Küche um sich.
Sie riss die Tür zum Esszimmer auf und stand heftig prustend wie ein Rhinozeros auf der Schwelle. In der Hand hielt sie die mit einem Zweig verzierte Einladung auf Papyrus. Sie sah Rachel an.
»Du heiratest nicht in der Kirche«, sagte Mum mit belegter Stimme.
»Nein«, erwiderte Rachel ruhig. »Luke und ich erhalten einen Segen in einer Quäker-Halle – wie es auf der Einladung steht.«
»Du hast mir zu verstehen gegeben, dass es eine Kirche ist, und ich muss von meiner eigenen Schwester – die nebenbei bemerkt einen Lexus zu Weihnachten geschenkt bekommen hat, ich bekomme eine Uhr, sie bekommt einen Lexus –, von meiner eigenen Schwester erfahren, dass du nicht in der Kirche heiratest.«
»Ich habe nie gesagt, dass es eine Kirche ist. Du hast das einfach angenommen.«
»Und wer wird diesen so genannten …« Fast spuckte sie das Wort aus, »… Segen erteilen? Das ist doch hoffentlich ein katholischer Priester.«
»Es ist ein Freund von mir, ein Geistlicher.«
»Was für eine Art Geistlicher?«
»Ein freiberuflicher.«
»Und wahrscheinlich einer von deinen Ex-Drogensüchtigen«, höhnte Mum. »Jetzt weiß ich ja Bescheid. Erst die Zuckerschoten und jetzt das – denk ja nicht, dass einer von uns kommen wird. Ich würde auch nicht wollen, dass sie kommen.«
Mums Wut bestimmte den Ton für den Rest der Weihnachtstage. Dazu kam, dass sie nicht die Möglichkeit hatte, Rachels Willen zu beugen und sie gefügig zu machen, indem sie die Finanzierung zurückzog, da Rachel und Luke die Hälfte der Kosten selbst übernahmen, und das machte sie noch wütender.
»Das ist doch ein böser Witz«, schimpfte sie ohnmächtig. »Das ist keine Hochzeit, das ist ein Hohn. Ein ›Segen‹, hat man so was je gehört. Also, mit mir braucht sie nicht zu rechnen. Und ich habe mir Gedanken gemacht, welche Farbe ihr Kleid haben sollte. Wenn sie sowieso nicht in der Kirche heiratet, kann sie jede Farbe tragen, die sie will.«
Doch nicht alle waren so unglücklich darüber, dass Rachel nicht in einer katholischen Kirche heiratete. Insgeheim war Dad erleichtert, weil er dachte, wenn es keine richtige Hochzeit war, brauchte er auch keine Rede zu halten. Auch Rachel war heiter und ließ sich nicht beirren.
»Bist du nicht unglücklich?«, fragte ich sie. »Macht es dir nichts aus, dass Mum und Dad nicht dabei sein werden?«
»Sie wird dabei sein. Glaubst du wirklich, sie würde es verpassen? Das würde sie umbringen.«
Ich deckte mich mit schmalzigen Filmen und Schokoladenkeksen ein und zählte die Tage, bis ich wieder nach New York zurückkonnte. Ich war nie besonders scharf auf Weihnachten gewesen, zu Weihnachten gab es offenbar immer noch mehr Streit als sonst, aber diesmal fand ich es besonders schwierig.
Janie hatte mir eine Weihnachtskarte mit einem Foto von »dem kleinen Jack« mit einer Weihnachtsmannmütze geschickt – sie schrieb oft und schickte Fotos und bot mir an, wir könnten uns sehen, wann immer ich das wollte. Die Maddox erzählten mir auch dauernd von »dem kleinen Jack«, aber ich hielt sie mir vom Leib. Ich wollte ihn nicht kennen lernen.
ZEHN
»Helikopter hat abgehoben«, sagte der Mann mit dem Walkie-Talkie. »Blythe Crisp an Bord. Voraussichtliche Ankunftszeit siebenundzwanzig Minuten nach zwölf.«
Um die nötige Dramatik für Formel Zwölf aufzubauen, ließ ich Blythe Crisp vom Dach des Harper-Bürohauses per Helikopter
Weitere Kostenlose Bücher