Erdbeermond: Roman (German Edition)
(musterte mich) : Du hast nicht genug Talent. Wenn du an dem Tag die Hunde erschossen hättest, wäre ich interessiert.
Ich: Ich wollte sie erschießen. Aber ich wollte den Auftrag erfüllen.
Tessie (sah mich mit Bedauern an): Das verstehe ich. Aber einem echten Psychopathen ist der Auftrag egal.
Dann hörte man Schritte auf der Treppe.
Detta: Scheiße!
Sie schoss auf mich und verpasste mich um Längen.
Tessie: Benimm dich, Detta.
Dann schoss Tessie auf sie.
Ich nutzte die Verwirrung, rannte zur Treppe und runter und stieß mit jemandem zusammen, der mir entgegenkam. Colin. Komm schon, sagte er, als wär’s wichtig. Schnell. Mach, dass du weg kommst.
Ich (renne die Treppe runter): Detta will mich umbringen.
Er (hinter mir): Ich weiß. Seit sie in den Wechseljahren ist, ist sie sehr eifersüchtig. Sie war es, die bei dir durchs Fenster geschossen hat.
Ich: Woher wusstest du, wo wir heute Abend sein würden?
Er: Detta bringt die Leute immer hierher, wenn sie mit ihnen abrechnen will.
Wir drücken Tür auf, stehen auf leerer Straße; Auto mit Rüschenvorhängen steht am Straßenrand, Bozo hinterm Steuer. Colin schiebt mich auf den Rücksitz und sagt zu Bozo: Bring sie nach Hause.
Ich (überrascht) : Kommst du nicht mit?
Er: Nein.
Ich (noch mehr überrascht) : Warum nicht?
Er: Ahhh, also … ich reise ab.
Ich (mit schlechtem Gefühl in Magengrube): Wohin?
Er: Nach Marbella.
Ich: Mit Detta?
Er: Ja. Ich will keine krummen Dinger mehr machen, wir wollen eine Bar eröffnen …
Ich: Ja, ja, mit einem U2-Thema, hab ich schon gehört. Liebst du sie?
Er: Ah, ja. Sie ist eine tolle Frau. Eine echte Dame.
Ich: Oh. Und was ist mit uns …?
Er: Mit uns, Helen, mit uns ist das so: Wir haben die Erinnerung an die Notaufnahme im St.-Vincent-Krankenhaus.
Dann fährt Bozo los.
Was glaubst du, Anna? Ich bin zutiefst gekränkt. Komme mir wie ein Idiot vor. Hatte gedacht, Colin ist verrückt nach mir, aber er steckte mit Detta unter einer Decke –, wahrscheinlich hat er die Nacktfotos gemacht. Hatte gedacht, ich sei echte Privatdetektivin und hätte mir Zugang zu dem O’Grady-Terrain verschafft, dabei haben sie mir die ganze Zeit geholfen. Bin am Boden zerschmettert. Abartig.
»Da siehst du es«, sagte ich zum Bildschirm. »Sie sind alle Mistkerle.«
SECHS
In dem teureren meiner beiden neuen anthrazitgrauen Kostüme ging ich wieder zur Arbeit.
»Ich bin wieder voll einsatzfähig«, sagte ich zu Franklin.
Am liebsten hätte er geantwortet: »Das will ich hoffen«, aber das ging nicht, denn im Moment war ich zu wertvoll, als dass er mich brüskieren konnte.
Er brachte mich sofort ins Büro zu Ariella, die mich über den Stand der Dinge bei Formel Zwölf informierte: Die Leute von Devereaux wollten einen genauen Ablauf meiner Flüsterkampagne, damit sie wüssten, wann das Produkt bekannt gemacht werden sollte; der Juwelier musste mit mir darüber sprechen, wie ich mir das Bernsteingefäß vorstellte; das Marketingteam wollte meine Ideen bezüglich des Labels …
»Vor Ihnen liegt eine Menge Arbeit.«
»Ich mache gleich die Termine für die Besprechungen.«
»Nur noch eins …«, sagte Ariella.
Ich sah sie mit einem fragenden Blick an, in dem auch Ungeduld lag.
»Ihr Aufzug«, sagte sie.
»Wir hatten uns auf anthrazitgrau geeinigt«, sagte ich. »Anthrazitgrau, oder ich gehe.«
»Das meine ich nicht. Ihr Plan sieht eine Flüsterkampagne vor, richtig? Gerüchte über ein erstaunliches neues Produkt, doch keine Einzelheiten; und das bedeutet, dass Sie ein Candy Grrrl sein müssen, bis Formel Zwölf bekannt wird. Das heißt, Sie repräsentieren Candy Grrrl, bis Formel Zwölf auf den Markt kommt. Und das heißt, Aufzug à la Candy Grrrl.«
Ich starrte sie an. Sie hatte Recht.
Sie zuckte zufrieden die Achseln. »Schließlich war es Ihre Idee.«
»Für wie lange?«, fragte ich.
»Es ist Ihre Kampagne. Wie lange dauert es, bis die Spannung aufgebaut ist? Zwei Monate, so ungefähr.«
»Keine Hüte«, sagte ich. »Ich trage keine Hüte.«
»Doch, auch Hüte. Sie müssen das absolut richtig machen. Die Beauty-Redakteurinnen müssen denken, dass Sie voll für Candy Grrrl da sind. Wenn die rausfinden, dass man sie an der Nase rumführt, geht die Sache baden.«
»Wenn Sie Hüte wollen, kriege ich Zehntausend mehr. Zusätzlich. Insgesamt Zwanzigtausend.«
Wir starrten uns unverwandt an, keine gab nach, dann sagte sie: »Ich überlege es mir.«
Ich drehte mich auf dem Absatz um. Das Geld hatte ich
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