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Erdbeermond: Roman (German Edition)

Erdbeermond: Roman (German Edition)

Titel: Erdbeermond: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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Nacken. Das war mein dritter Tag, und ich hatte nicht eine einzige brauchbare Pressemitteilung verfasst. Ich hatte gehofft, der Schock, wieder in der Agentur zu sein, würde mich in die Normalität zurückbefördern, doch das war nicht geschehen. Es fühlte sich an, als wäre ich in einem Traum und versuchte zu rennen, aber meine Beine wären aus Blei. Ich konnte nicht denken, ich hatte Schmerzen, und alles fühlte sich so an, als wäre die Welt aus den Fugen geraten.
    Vierzig Minuten später stand auf meinem Monitor:
    Wenn die Wellen hochschlagen, bietet Eye Eye Captain Ihnen die sicherste Augenpflege – auch bei widrigen Winden.
    Augenringe? – Verebben sofort.
    Geschwollene Lider? – Werden fortgespült.
    Fältchen und Krähenfüße? – Wie von Deck gefegt.
    Der Papagei auf Ihrer Schulter? – Der ist Ihr Problem.

    Teenie guckte mir über die Schulter und las, was ich geschrieben hatte. »Hohoho«, sagte sie verständnisvoll.
    »Du hättest sehen soll, was ich vorher fabriziert habe.«
    »Das ist deine erste Woche, du bist aus der Übung.«
    »Und ich nehme Medikamente.«
    »Es wird wieder leichter. Soll ich mal probieren?«
    Teenie mühte sich redlich, aber sie hatte ihre eigenen Probleme: Sie war für die Ablegerprodukte verantwortlich – Candy For A Baby und Candy Man. Allerdings gab es im Kindersortiment nur zwölf Produkte und bei den Männern zehn, sodass sie keineswegs die gleiche Verantwortung hatte. (Wir hatten achtundfünfzig Produkte in unglaublich vielen Schattierungen, und es wurden ständig mehr. Mir schien, dass wir jede Woche ein neues Produkt auf den Markt brachten.)
    Lauryn kam rein und kreischte: »Ist die Pressemitteilung fertig?«
    »Gleich«, sagte ich, während Teenie mir ins Ohr flüsterte: »Erst wird das Fett umgewandelt, dann das magere Gewebe, schließlich die Muskeln und die inneren Organe. In dem Stadium verdaut der Körper sich selbst. Warum isst die blöde Schrippe nie etwas?« Teenie studierte am Abendcollege Medizin und berichtete gern darüber, was sie gelernt hatte.
    Ich druckte meine unbrauchbare Pressemitteilung aus und ging zu Lauryns Schreibtisch, gefasst auf die Demütigung. Die Verantwortung für die Publicity für Candy Grrrl war zwischen mir und Lauryn folgendermaßen aufgeteilt: Ich hatte die Ideen und machte die ganze Arbeit, während sie mir das Leben zur Hölle machte, fünfzig Prozent mehr Gehalt bekam und außerdem die Anerkennung.
    Ich hatte noch einen zweiten Aufgabenbereich: Ich musste die Beauty-Redakteurinnen bequatschen, sie zum Lunch ausführen, ihnen erklären, wie großartig Candy-Grrrl-Produkte waren, und sie überreden, uns auf ihren Beauty-Seiten vier Zeilen Text und ein Foto zu bewilligen. Das war ein so wichtiger Teil meiner Arbeit, dass die Leistung mit dem Zentimetermaß gemessen wurde: Der Platz, den wir im redaktionellen Teil der Zeitschrift bekamen, wurde gemessen und mit dem verglichen, was wir ausgeben müssten, wenn wir eine Anzeige der gleichen Größe schalten wollten.
    Mein Soll war in diesem Jahr zwölf Prozent höher als im Vorjahr, aber ich hatte zwei Monate verloren, weil ich in Irland war. Es würde nicht leicht sein, das aufzuholen. Waren Ariella oder Candace oder George Biggly bereit, Zugeständnisse zu machen? Wahrscheinlich nicht. Warum sollten sie, objektiv betrachtet?
    Ich gab Lauryn meine Pressemitteilung. Zwei Blicke, mehr brauchte sie nicht.
    »Das ist Mist.« Sie warf mir das Blatt zu.
    Das ging in Ordnung. Ich musste ihr immer mindestens zwei Versuche zeigen; zuerst verwarf sie meinen ersten Versuch, dann den zweiten, dann akzeptierte sie gewöhnlich den ersten.
    Vielleicht unangenehm, aber ich wusste, woran ich war.

    Ich verließ erst um halb sieben das Büro, und als ich nach Hause kam, wartete eine Mail von meiner Mutter auf mich – das war noch nie passiert.

    An: [email protected]
    Von: [email protected]
    Thema: Die Frau mit dem Hund

    Liebe Anna, ich hoffe, es geht dir gut. Denk daran, dass du jederzeit nach Hause kommen kannst, wo wir uns um dich kümmern würden. Ich schreibe wegen der Frau mit dem Hund, der »sein Geschäft« vor unserem Tor machte.

    Oh Gott, was hatte ich in Gang gesetzt?

    Ich gebe zu, wir alle dachten, du würdest dir etwas einbilden, wegen der Tabletten, die du nehmen musstest. Aber ich habe keine Angst, meinen Irrtum »einzugestehen« und zu sagen, dass ich mich geirrt habe. Ich und Helen haben die Frau in den letzten Tagen beobachtet, und es ist uns klar geworden, dass sie

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