Erdbeermond: Roman (German Edition)
kann? Ja? Also, wenn du dieses Gefühl jetzt in Liebe umwandelst, dann weißt du, wie es für mich ist.«
»Und bei Janie?«
»Bei Janie? Bei Janie ist es, als hätte ich mir den Kopf an einer niedrigen Decke gestoßen. Schlimm, aber nicht unerträglich. Mach ich mich dir verständlich?«
»Seltsamerweise ja.«
Natürlich hatte ich gleich bei unserer ersten Begegnung gespürt, dass da etwas war, eine Verbindung. Und als wir uns rein zufällig sieben Wochen später wieder über den Weg liefen, sah es aus wie ein »Zeichen«, dass wir füreinander bestimmt waren, aber ich wollte mein Leben nicht nach »Zeichen« leben, ich wollte mich an Tatsachen halten.
Erste Tatsache: Ich konnte nicht leugnen, dass er meinen Seelenfrieden ernsthaft gestört hatte. Obwohl ich immer wieder erwähnte, dass wir uns kaum kannten, hatte ich insgeheim das Gefühl, dass wir uns sehr gut kannten. Und so, dass es sich gut anfühlte.
Zweite Tatsache: Meine Gefühle für ihn waren anders als die, die ich seit langer, langer Zeit für andere Männer gehabt hatte. Ich vermutete – befürchtete sogar –, dass ich ernsthaft in ihn verliebt war.
Dritte Tatsache: Ich schätzte Loyalität, und Aidan war in vielerlei Hinsicht äußerst loyal: Er akzeptierte Jacqui und Rachel, sogar Luke und die Echten Männer, und er nannte sie »Männer«, weil er dazu gehören wollte. Er feierte mit mir meine Siege in der Agentur, und er hasste Lauryn, lange bevor er sie kennen lernte.
Vierte Tatsache: Ich wollte die körperliche Seite nicht überbewerten, denn man kann sich zu allen möglichen Typen hingezogen fühlen. Aber bei uns war es so – und das bedeutet wahrscheinlich gar nichts –, dass wir die Hände nicht voneinander lassen konnten.
Auf dem Papier gab es so viele Gründe dafür, aber das Problem war Janie. Ich konnte Aidan nicht verzeihen, dass er sie sitzen gelassen hatte.
Als ich Jacqui von meinen Sorgen berichtete, sagte sie: »Er hat sie deinetwegen sitzen gelassen!«
»Trotzdem fühlt es sich falsch an. Und er war seit Ewigkeiten mit ihr zusammen. Mich kennt er erst seit fünf Minuten.«
»Hör zu«, sagte sie ernst. »Hör mir mal gut zu. Man hört doch oft von Leuten, die seit Ewigkeiten zusammen waren, sich dann trennen und zwei Tage später jemand anders heiraten. Wir haben das doch schon selbst erlebt, oder? Weißt du noch: Faith und Hal? Sie hat sich nach elf Jahren von ihm getrennt, und er hat sofort – so schien es damals – diese Schwedin geheiratet, und alle haben gesagt: Das hat er nur gemacht, weil er so verletzt ist, aber sie sind immer noch zusammen, sie haben drei Kinder und sind dem Anschein nach sehr glücklich. Wenn es schnell geht zwischen zwei Menschen, sagen die anderen: Das wird nicht von Dauer sein, aber sie haben oft Unrecht, und es funktioniert. Und ich habe das Gefühl, so ist es bei euch auch. Man muss nicht erst hundert Jahre mit jemandem zusammen sein, um sich sicher zu sein. Manchmal passiert es in einem Augenblick. Nicht umsonst heißt es: ›Ich wusste es auf Anhieb.‹«
Ich nickte. Gehört hatte ich das schon.
»Und? Wusstest du es auf Anhieb?«
»Nein.«
Sie seufzte tief und brummelte: »Oh Mann.«
»In der ganzen Zeit mit Janie«, sagte Aidan, »habe ich ihr nie einen Heiratsantrag gemacht. Sie mir auch nicht.«
»Das spielt keine Rolle«, sagte ich. »Es macht mich schon ganz fertig, dass wir nach so kurzer Zeit eine so intensive Beziehung haben, aber all das Gerede vom Heiraten überfordert mich.«
»Wovor hast du Angst?«
»Na ja, du weißt schon, das Übliche: Ich könnte nie wieder mit einem anderen schlafen; und ich will nicht in einer Paarbeziehung sein, wo der eine die Sätze des anderen vollendet, und so weiter.«
Aber meine größte Angst war die, dass es schief gehen könnte, dass er mit einer anderen abhauen würde – oder, eher noch, zu Janie zurückgehen würde – und ich das nicht überleben würde. Wenn man jemanden so sehr liebt, wie ich meiner Vermutung nach Aidan liebte, konnte man umso tiefer fallen.
»Ich habe Angst, dass alles schrecklich schief gehen könnte«, gestand ich. »Dass wir uns irgendwann hassen und nicht mehr auf die Liebe und all die guten Sachen vertrauen. Das könnte ich nicht ertragen. Dann würde ich zu einer Schlampe mit dickem Make-up und toupiertem Haar, die zum Frühstück Martinis trinkt und mit dem Bademeister schläft.«
»Anna, es wird nicht schief gehen, ich verspreche es dir. Das hier ist etwas Gutes, zwischen mir und dir, besser geht
Weitere Kostenlose Bücher