Erdbeermond: Roman (German Edition)
tatsächlich ihren Hund bedrängt, an unserem Tor zu »pinkeln«, und ich wollte dich darüber »auf dem Laufenden« halten, wie man so sagt. Wir wissen immer noch nicht, wer es ist. Du weißt ja, dass es eine ältere Frau ist, und in meinen Augen sehen alle älteren Frauen gleich aus. Du weißt auch, dass deine Schwester Helen ein sehr leistungsfähiges Fernglas hat, das dein Vater bezahlt hat. Aber sie lässt mich nicht durchgucken, sie sagt, ich müsste ihr den üblichen Satz für ihre Zeit bezahlen. Ich finde das überhaupt nicht fair. Wenn du mit ihr sprichst, sag ihr das bitte, ja? Und wenn sie irgendwelche »Erkenntnisse« über die Identität der Frau hat, dann vergiss nicht, es mir zu berichten.
Deine dich liebende Mutter
Mum
ZWEIUNDZWANZIG
Keine ganze Woche verging nach Aidans erstem Heiratsantrag, da machte er mir einen neuen, diesmal mit einem Ring von einem Juwelier, von dem ich einmal gesagt hatte, dass ich seine Sachen mochte. Ein schmaler Ring aus Weißgold und sieben Diamanten, in Sternform gefasst. Es war ein sehr schöner Ring, und ich war ganz überwältigt.
»Hör auf damit«, sagte ich zu ihm. »Mach mal halblang. Wir hatten ein schlechtes Wochenende, du übertreibst.«
Ich eilte zu Jacqui nach Hause und erzählte ihr, was passiert war.
»Ein Ring?«, rief sie. »Du heiratest!«
»Nein.«
»Warum nicht?«
»Warum sollte ich?«
»Ehm … vielleicht, weil er dir einen Antrag gemacht hat?« Verstimmt sagte sie dann: »Es war nur ein Witz. In gewisser Weise. Und warum willst du ihn nicht heiraten?«
Ich zählte ihr meine Gründe auf: »Erstens, ich kenne ihn kaum, und ich war so lange in meinem Leben spontan, dass ich alle Spontaneität aufgebraucht habe. Zweitens, Aidan schleppt zu viel mit sich rum, und ich will nicht diejenige sein, die seine Probleme löst. Und drittens, wie du, Jacqui Staniforth, selbst gesagt hast – und ich wette, du hast Recht –, wird es schwierig sein, ihn anzubinden. Was, wenn er fremdgeht?«
»Ehrlich gesagt hat es mit nichts von alldem zu tun«, sagte Jacqui. »Es ist nämlich viertens, weil du eine Spätzünderin bist. Und das heißt«, sagte sie, und ihre Stimme wurde lauter, »während jede andere Frau in deinem Alter hocherfreut wäre, irgendj emanden zu heiraten, auch einen dreiäugigen Zwerg, der sich die Nase rasieren muss, bist du immer noch so naiv zu denken, dass du nicht den ersten Mann heiraten solltest, der dir einen Antrag macht. Es stimmt, dass du ihn erst seit kurzem kennst! Es stimmt, dass er zu viel mit sich rumschleppt. Es stimmt, dass es ihm nicht leicht fallen wird, seinen Pimmel bei sich zu behalten. Aber im Grunde genommen, Anna Walsh, ist dir eigentlich klar, welches unverschämte Glück du hast?«
Ich wartete darauf, dass sie mit dem Schreien aufhörte.
»Entschuldigung«, sagte sie mit rotem Gesicht und keuchendem Atem. »Ich habe mich wohl … ein bisschen echauffiert. Es tut mir wirklich Leid, Anna. Bloß weil er zwei Augen hat und normal groß ist und der Haarwuchs auf seiner Nase seinem Alter entsprechend ist, ist das kein Grund, ihn zu heiraten. Überhaupt kein Grund.«
»Danke.«
»Aber du liebst ihn«, sagte sie vorwurfsvoll. »Und er liebt dich. Ich weiß, es ist schnell gegangen, aber es ist was Ernstes.«
Als er das nächste Mal den Ring hervorholte, sagte ich: »Hör bitte auf damit.«
»Ich kann es nicht lassen.«
»Warum willst du mich heiraten?«
Er seufzte. »Ich könnte die Gründe aufzählen, aber das wäre immer noch nicht genug: Du riechst gut, du bist tapfer, du magst Dogly, du bist lustig, du bist klug, du siehst richtig, richtig süß aus, ich mag es, wie du ›blinzeln‹ sagst, ich mag, wie du denkst, wie wir darüber sprechen, dass wir meiner Mutter ihr Geburtstagsgeschenk per FedEx nach Boston schicken und wie du plötzlich sagst: ›Es ist ganz und gar unmöglich, dass jemand sexy aussieht, wenn er eine Briefmarke ableckt‹ …« Er breitete seine Hände aus, in einer Geste der Hilflosigkeit. »Aber es ist viel mehr als das, viel mehr. Also, viel, viel, viel, viel mehr.«
»Worin liegt der Unterschied in deinen Gefühlen für mich und deinen Gefühlen für Janie?«
»Ich will nicht schlecht über Janie sprechen, denn sie ist ein großartiger Mensch, aber man kann es nicht vergleichen …« Er schnipste mit den Fingern. »Okay, ich hab’s. Hast du schon mal richtig schlimme Zahnschmerzen gehabt? So schlimm, dass es wie Strom in deinem Kopf und in den Ohren ist und dass man es fast sehen
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