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Erdbeermond: Roman (German Edition)

Erdbeermond: Roman (German Edition)

Titel: Erdbeermond: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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sagte Shake und schüttelte seine wilde Mähne, auf die er zu Recht stolz war und die der Grund für seinen Namen war, »echt mies.« Dann umarmte auch er mich, ohne mich dabei anzusehen.
    Ich hielt still und ließ es über mich ergehen. Ich war wieder in der Stadt, und wenn ich nach und nach meine Freunde wiedersehen würde, wäre die erste Begegnung immer ein bisschen so wie diese.
    »He, Anna, weißt du, danke, Mann, für das Candy Grrrl Haar-Mousse«, sagte Shake. »Klasse Zeug. Absolut spitzenmäßig.«
    »Oh, es hat funktioniert?« Ich hatte es ihm vor Monaten gegeben. Er wollte seinen Haaren für den Gitarren-Wettbewerb möglichst viel Volumen geben.
    »Und das Spray, Mann. Echt hart.«
    »Das freut mich. Sag mir Bescheid, wenn du neues brauchst.«
    »Geht klar.«
    Rachel kam in einer Wolke aus Dampf und Lavendel aus dem Badezimmer. Sie lächelte Joey freundlich zu, und er funkelte düster zurück. Die Männer fingen an mit Scrabble und Bier, und Rachel und ich setzten uns auf die Couch bei gedämpftem Licht, wo Rachel meine unverletzte Hand massierte.
    Ich war dabei, einzunicken, als es wieder klingelte. Zu meiner Überraschung war es Jacqui. Sie stürzte in die Wohnung, leuchtend und strahlend und plappernd: Sie hatte den Goldüberzug von den Zähnen runternehmen lassen, jemand hatte ihr irgendwas von Louis Vuitton geschenkt, und jetzt wollte sie zu einer privaten Ausstellungseröffnung.
    »Hi.« Sie winkte den Echten Männern am Tisch zu. »Ich bleibe nur einen Moment. Aber die Ausstellung ist nur zwei Blocks von hier, da wollte ich kurz mal vorbeikommen und Hallo sagen. Und gucken, wie ihr mit dem Scrabble zurechtkommt.«
    »Da fühlen wir uns aber geehrt«, knurrte Joey. Er pulte mit einem Streichholz in seinen Zähnen.
    Jacqui verdrehte die Augen. »Joey, du machst jeden Raum heller, den du verlässt.«
    Sie kam zu Rachel und mir. »Wieso ist er immer so gemein?«
    »Er mag sich nicht besonders«, sagte Rachel.
    »Kann man ihm nicht verübeln«, sagte Jacqui.
    »Und er überträgt das auf andere Leute«, fuhr Rachel fort.
    »Ich verstehe das nicht. Warum kann er nicht normal sein? Mir auch egal, ich gehe. Tut mir Leid, dass ich gekommen bin. Schönen Abend noch.«
    Zu dem Tisch rief sie hinüber: »Allen außer Joey.«
    Sie ging, die Männer spielten weiter Scrabble, aber eine halbe Stunde später spürte ich eine seltsame Panik in mir aufsteigen. Ich konnte plötzlich nicht länger bei all diesen Menschen sein.
    »Ich glaube, ich gehe dann mal«, sagte ich und versuchte, meine Stimme wie immer klingen zu lassen.
    Luke und Rachel sahen mich besorgt an. »Ich komme mit runter und hol dir ein Taxi«, sagte Rachel.
    »Nein, du bist nicht richtig angezogen, lass mich gehen«, sagte Luke.
    »Nein, bitte, es geht schon.« Ich guckte sehnsüchtig zur Tür. Wenn ich nicht bald ging, würde ich platzen.
    »Bist du sicher?«
    »Ja.«
    »Was machst du morgen?«, fragte Rachel.
    »Am Nachmittag gehen Jacqui und ich einkaufen.« Ich beeilte mich, die Worte rauszubringen.
    »Hast du Lust auf einen Film am Abend?«
    »Ja«, stimmte Luke begeistert ein. »Im Angelica läuft eine digital aufbereitete Version von Der unsichtbare Dritte .«
    »Ja, gut, in Ordnung.« Ich konnte kaum atmen. »Bis morgen dann.«
    »Gute Nacht.«
    »Gute Nacht.«
    Und dann ging die Tür auf, und ich war frei. Mein Puls normalisierte sich, mein Atem ging langsamer. Ich stand auf dem Gehweg und spürte, wie meine Panik verebbte. Dann baute sie sich wieder auf bei dem Gedanken: Gott, wie schlimm ist es denn, wenn ich es nicht einmal bei meiner eigenen Schwester aushalte? Und jetzt musste ich in meine leere Wohnung zurück. Es war schrecklich: Ich konnte nicht mit anderen Menschen zusammen sein, und ich wollte nicht allein sein. Plötzlich änderte sich meine Perspektive, und ich sah die Welt von oben. Ich konnte Millionen von Menschen sehen, sie alle hatten einen Platz in ihrem Leben, und dann sah ich mich – ich hatte meinen Platz nicht mehr. Mein Platz war weg, ich konnte nirgends mehr hin.
    Ich fühlte mich so verloren, wie ich es nie für möglich gehalten hatte.
    Und dann war ich wieder auf dem Gehweg. Was sollte ich bloß tun?
    Ich lief los. Ich machte einen langen, umständlichen Umweg, aber am Schluss stand ich doch vor meinem Wohnhaus, denn ich konnte nirgendwo anders hin. An den Stufen vor dem Haus verschwendete ich noch ein paar Minuten mit der Suche nach dem Schlüssel, da rief jemand: »Schnuckiherz, so warte doch.«
    Es war

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