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Erdbeermond: Roman (German Edition)

Erdbeermond: Roman (German Edition)

Titel: Erdbeermond: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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es still. Ich musste mit Rachel sprechen. Sie war die Einzige, die mir helfen konnte.
    »Entschuldige, dass ich dich wecke.«
    »Ich war schon wach.« Wahrscheinlich log sie, aber möglicherweise war sie tatsächlich wach gewesen. Manchmal stand sie in aller Herrgottsfrühe auf und ging noch vor der Arbeit zu einem NA-Treffen.
    »Ist alles in Ordnung?« Sie versuchte, ein Gähnen zu unterdrücken.
    »Kann ich dich sprechen?«
    »Natürlich. Jetzt? Soll ich vorbeikommen?«
    »Nein.« Ich musste unbedingt aus der Wohnung raus.
    »Bei Jenni’s?« Das war eins der Cafés, die rund um die Uhr geöffnet hatten. Wegen ihrer Vergangenheit kannte Rachel eine Menge dieser Rund-um-die-Uhr-Cafés. »Wir sehen uns da in einer halben Stunde.«
    Ich zog mir ein paar Sachen an und rannte zur Tür hinaus; ich hielt es nicht länger in der Wohnung aus. Vom Taxi aus sah ich ihn auf der 14ten Straße, aber diesmal wusste ich, dass er es nicht war.
    Ich kam viel zu früh bei Jenni’s an, bestellte einen Caffè latte und versuchte, ein intensives Gespräch zwischen vier hageren, gut aussehenden Männern in Schwarz zu belauschen. Leider schnappte ich nur gelegentlich ein paar Wortfetzen auf: »… wenn ich high war …«, »… in Freundschaft loslassen …«, »… ein Schuss Teriyaki-Sauce, Mann …«
    Dann kam Rachel. »Ist schon eine Weile her, dass ich hier war«, sagte sie und musterte die Männer nervös. »Ein richtiges Déjà-vu.« Sie setzte sich und bestellte sich grünen Tee. »Ist alles in Ordnung, Anna? Ist etwas geschehen?«
    »Ich habe gerade von Aidan geträumt.«
    »Das ist normal, das muss so sein. So wie du ihn überall siehst. Was hast du geträumt?«
    »Ich habe geträumt, dass er tot ist.«
    Schweigen. »Aber er ist tot, Anna.«
    »Ich weiß.«
    Wieder Schweigen. »Du verhältst dich nicht so, als wüsstest du das wirklich. Anna, es tut mir Leid, aber so sehr du auch tust, als sei alles wie früher, es ändert nichts an dem, was passiert ist.«
    »Aber ich will nicht, dass er tot ist.«
    Ihre Augen füllten sich mit Tränen. »Natürlich nicht! Er war dein Mann, ihr wolltet …«
    »Rachel, sag bitte nicht ›war‹. Diese Vergangenheitsformen, ich hasse sie. Und ich mache mir keine Sorgen um mich, sondern um ihn. Ich habe Angst, dass er ausflippt, wenn er begreift, was passiert ist. Es wird ihn so sauer machen, und er wird Angst haben, und ich kann ihm nicht helfen. Rachel«, sagte ich, denn plötzlich ertrug ich es nicht mehr, »Aidan wird das Totsein hassen.«

NEUNUNDZWANZIG
    Rachel sah mich verständnislos an. Es war, als hätte sie mir nicht zugehört, doch dann merkte ich, dass sie richtig schockiert war. War ich so schlimm?
    »Wir hatten so viele Pläne«, sagte ich. »Wir wollten zusammen sein, bis ins hohe Alter. Und er war besorgt um mich, er wollte sich um mich kümmern, und wenn er das nicht kann, rastet er aus. Und außerdem, Rachel, er war so stark, so gesund, er war nie krank, wie soll er damit fertig werden, dass er tot ist?«
    »Ja … also … eh.« Das war noch nie passiert. Rachel hatte immer eine Theorie, mit der sie emotionale Probleme erklären konnte. »Anna, das übersteigt mein Fassungsvermögen. Du musst zu einem Experten gehen, jemandem, der darauf spezialisiert ist. Zu einem Trauerberater. Ich habe dir ein Buch über Verluste mitgebracht, das hilft dir vielleicht, aber du musst mit einem Experten sprechen …«
    »Rachel, ich will einfach mit ihm sprechen. Mehr will ich gar nicht. Ich ertrage den Gedanken nicht, dass er irgendwo steckt und mich nicht erreichen kann. Ich meine, wo ist er? Wo ist er hin?«
    Ihre Augen wurden größer und größer, so verstört war sie. »Anna, ich glaube wirklich …«
    Die Männer in Schwarz standen auf, um zu gehen, aber als sie an unserem Tisch vorbeikamen, blieb einer überrascht stehen.
    Er hatte ein hageres Gesicht mit alten Aknenarben, schwermütige braune Augen und langes, dunkles Haar. Er hätte gut zu den Red Hot Chili Peppers gepasst.
    »Hey!«, sagte er. »Kennen wir uns nicht? Vom St. Mark’s Place, stimmt’s? Du bist Rachel, richtig? Ich bin Angelo. Wie geht’s dir so? Noch im Clinch?«
    »Nein«, sagte Rachel schroff und gab ihm zu verstehen, dass dies ein denkbar ungünstiger Moment war – die Botschaft war förmlich mit Händen zu greifen.
    »Und? Heiratest du den Typen?«
    »Ja.« Auch dies schroff. Doch sie konnte der Versuchung, ihm ihre Hand mit dem Verlobungsring hinzustrecken, nicht widerstehen.
    »Wow. Du heiratest. Also,

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