Erde
kritischen Schwelle zuschwankte. Sie las die Zuwachsrate an einem Seitenschirm ab. Das Ding war offenbar in der Schwebe für eine Freßorgie, was nur eine Folgerung zuließ.
Eine Folgerung… Bisher hatte Alex ihnen eine ausführliche Simulation erspart von dem, was geschehen würde, wenn Materie nach Megatonnen in der Sekunde in Betas Rachen einzuströmen begann. Teresa stellte sich vor, das würde mit Stoßwellen anfangen, die die tiefen alten Konvektionsmuster des Planeten zerrissen. Erdbeben würden sich abspielen und Vulkane aufbrechen, wenn sich große Spalten in der Erdkruste öffneten. Danach würden, von innen unterminiert, die äußeren Schichten zusammenbrechen.
Ironischerweise würde Dingen im Orbit nichts geschehen, wie dem Mond oder Satelliten. Die Gesamtmasse der Erde darunter würde gleich bleiben und nur in eine kompaktere Form umgewandelt werden. Falls Teresa zu jener Zeit gerade auf einer Mission wäre, könnte sie die ganze Show beobachten… bis die Singularität ihre nackte Glorie offenbarte und ihr Raumschiff in einem Ausbruch von Gammastrahlung vernichtete.
Teresa schüttelte sich. Das war nicht die Zeit für krasse Panik. Später, daheim, könnte sie unter die Decken kriechen, sich zusammenrollen und auf den Tod hoffen.
»…Das eine unserer Probleme war, die umgekehrte Energieverteilung zu finden, die von dem Gazerstrahl angezapft wird. Woher kommt all diese Energie?« Der Engländer fuhr sich mit der Hand durchs Haar. »Dann ergab alles Sinn! Der magnetische Dynamo der Erde ist die Quelle. Speziell diskrete supraleitende Bereiche, wo…«
Teresa richtete sich auf und fragte: »Was haben Sie gesagt?«
Alex Lustig sah sie mit blaßblauen Augen an. »Captain Tikhana? Ich sprach über laufende Schleifen, wo der untere Mantel den flüssigen Kern trifft…«
Sie unterbrach ihn wieder. »Sie sprachen von Supraleitfähigkeit. Da unten? Wir haben immer noch Schwierigkeiten, an einem Sommertag schnelle Transitlinien zu kühlen; aber Sie sagen, dort unten gebe es supraleitende Bereiche von Tausenden von Meilen, wo die Temperatur Tausende von Grad erreicht?«
Der britische Physiker nickte. »Vergessen Sie nicht - Drücke an der Basis des Mantels übersteigen zehntausend Newton pro Quadratzentimeter. Und dann gibt es eine entzückende Koinzidenz, die einer meiner Kollegen erst kürzlich entdeckt hat. Der am tiefsten befindliche mineralische Zustand, ehe der Mantel dem metallischen Kern weicht, scheint aus verschiedenen Oxiden zu bestehen, die in eine perovskitische Struktur gepreßt sind…«
»Per… ovskitisch?«
»Ein Arrangement besonders dichter Oxide, das sich leicht unter Druck bildet.«
»Ich komme da immer noch nicht mit«, sagte sie finster.
Er breitete die Hände aus. »Verwandte dieser gleichen Perovskite kommen auch bei den besten industriellen Supraleitern vor! Dieses Zusammentreffen veranlaßte uns zu einer verrückten Idee… daß es Stellen gibt, Tausende von Kilometern unter uns, wo elektrischer Strom völlig widerstandslos fließt.«
Allein diese Idee veranlaßte Teresa, die Augen zu schließen. Früher einmal hatte man Supraleitfähigkeit nur mit äußerster Kälte nahe dem absoluten Nullpunkt verbunden. Erst in den jüngsten Dekaden hatten Supraleiter bei ›Zimmertemperatur‹ zusammen mit einigen anderen bahnbrechenden Fortschritten geholfen, die arg bedrängte Weltwirtschaft zu retten. Jetzt sah Teresa Schleifen und titanische Stromkreise, die in perfektem widerstandslosem Feuer flossen. Das war eine aufregende Vorstellung. »Diese supraleitenden Bereiche… sind das die angeregten Zonen, die Sie mit dem Gravitationsresonator anzapfen?«
»Wir glauben es. Energieniveaus sinken jedesmal, werden aber durch Konvektion schnell wieder hochgepumpt.«
Anhaltendes Schweigen. Als Manella wieder sprach, schüttelte er den Kopf. »So viele wundervolle Entdeckungen… alle unter dem Schatten eines Todesengels entstanden. Okay, Lustig, Sie haben Ihren Spaß gehabt. Jetzt sagen Sie uns, was wir wissen müssen!«
»Wissen wozu?«
Pedro schlug auf den Tisch. »Für die Rache! Wer hat dies Ding losgelassen? Und wann? Wo finden wir sie?«
Aus der Beherrschtheit des anderen Mannes vermutete Teresa, daß er diese Forderung nicht zum ersten Male gehört hatte. »Die Antwort kenne ich noch nicht«, entgegnete er. »Es ist schwierig, seine Flugbahn zurückzuverfolgen, wenn man Reibung und Massezuwachs und Inhomogenitäten im Kern berücksichtigt…«
»Sie können nicht einmal
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