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Erde

Erde

Titel: Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Brin
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hatten.
    Kein Bedauern. Jen schüttelte den Kopf. Ich kann diese Gleichungen nicht bedauern. Denn sie sind wahr.
    Einmal, als der junge Alex zu ihr gekommen war und sich über die furchtbare Last beklagte, der Enkel einer Nobelpreisträgerin zu sein, hatte sie ihm gesagt: »Manche Narren halten mich für raffiniert, weil ich einige Tricks herausgefunden habe, um die Mathematik der Biologie dienstbar zu machen. Aber wir beide kennen ein Geheimnis… daß du eines Tage Orte besuchen wirst, zu denen ich nicht gelangen kann. Ob ich den verdammten Preis habe oder nicht.«
    Sie vermißte ihren Enkel und fragte sich, was für ein Unheil er wohl vorhätte.
    Jen schüttelte sich aus einem mentalen ziellosen Spaziergang. Dann nahm sie sich zusammen und wandte sich wieder dem Brief des schwarzen Teenagers in Kuwenezi zu.
    »…Was mich am meisten verwirrt, ist das, wie Tiere und Pflanzen einander bekämpfen, um zu überleben. Wie jagen und gejagt werden? Niemand gewinnt diese Kriege, denn schließlich stirbt doch ein jeder Kämpfer. Die meiste Zeit ist das, was für sie wie kämpfen aussieht, gar kein richtiger Streit. Denn jeder von ihnen ist von den anderen abhängig.
    So wie eine Antilopenherde auf Wölfe angewiesen ist, um ihre Zahl geringzuhalten, da sie sonst alles überweiden und verhungern würden… Und die Anzahlen der Wölfe werden dadurch geregelt, wie viele Antilopen es zu fressen gibt.
    Das ist es doch, was man mit Homöostase meint? Die eine Tierart regelt die andere und wird umgekehrt ihrerseits geregelt…«
    Jetzt kam Jen zu einem hervorgehobenen Thema:
    »Aber was ist mit dem Menschen? Wer oder was reguliert uns?«
    Sie nickte zustimmend. Es gab Dutzende von Büchern, die sie dem jungen Mann empfehlen könnte. Aber die Standardantworten mußte er schon gefunden und als unbefriedigend erachtet haben.
    Wir sind an ungeregeltes Krebsgeschwür, erklärten viele Ökoradikale. Der Mensch muß seine Zahlen und seinen Lebensstandard um den Faktor zehn oder sogar hundert beschneiden, um die Welt zu retten.
    Manche meinten, es wäre besser, wenn die Species der Zerstörer – Homo sapiens – völlig ausstürbe und reiner Tisch gemacht würde.
    Diejenigen, welche die ›organische‹ Metapher verfolgten, schlugen vor, das Problem würde gelöst werden, sobald die Menschheit zu ihrer richtigen Rolle als ›Gehirn‹ des planetaren Organismus fände. Wir können lernen, uns selbst zu regeln, verkündeten die Sprecher der Nordamerikanischen Kirche Gaias, als sie ›weiche‹ Technologien und Geburtenkontrolle zurückwiesen. Wir müssen lernen, geschickte Manager des Planeten zu sein.
    Es gab auch noch andere Meinungen.
    Alles wäre fein auf der Erde, wenn bloß die Menschen verschwänden! Das war die Lehre der Bewegung für Kolonisierung des Weltraums, die Pläne für Städte und Fabriken im Himmel propagierten. Draußen im Raum sind die Ressourcen unendlich. Wir werden ausziehen und den kleinen blauen Planeten zu einem Park machen!
    Für Madrid-Katholiken und einige andere religiöse Gruppen alten Stils war die Welt für unsere Nutzung geschaffen. Das Ende der Tage wird bald kommen. Warum also ›regulieren‹, wenn alles sowieso zeitlich ist? Ein ungeborener menschlicher Fötus ist so viel wert, wie alle Wale im Meer.
    Eine in Kalifornien beheimatete Gruppe machte einen einzigartigen Vorschlag. Sie nannten sich ›Sheckleye‹ und agitierten – mit einem Unterton von Ironie – dafür, durch genetische Manipulation neue Raubtiere zu züchten, die geschickt und wendig genug wären, menschliche Wesen als Beute zu fangen. Diese neuen Jäger würden die Population auf ›natürliche‹ Weise reduzieren, wobei der Rest der Rasse in kleineren Anzahlen gedeihen dürfte. Vampire wären bevorzugte Kandidaten als Raubtiere – gewiß schlau und tüchtig genug, wenn man sie schaffen könnte. Aber ein anderer Sheckleyer plädierte für Werwölfe, eine weniger arrogant und aristokratisch gedachte Art von Monster. In beiden Fällen würde es wieder Romantik und Abenteuer geben; und auch die Menschheit würde letztlich ›reguliert‹ sein. Jen schickte den Sheckleyern alljährlich eine anonyme Spende. Man konnte schließlich doch nicht wissen…
    Das waren nur einige der Vorschläge – sowohl seriös wie wunderlich. Aber Jen erkannte, daß der junge Mann mehr als eine routinemäßige Antwort verdiente. Sie legte den Brief auf den Stapel hoher Dringlichkeit, dessen Teile sie später gründlicher durchgehen würde, in den Stunden vor

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