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Erde

Erde

Titel: Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Brin
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Mangel. Es gibt verdammt zuviel davon!
    Gewöhnlich war das Problem nicht, Zugang zu Information zu bekommen. Vielmehr zu verhindern, daß man darin ertrank. Die Leute kauften auf die Person zugeschnittene Filterprogramme, um einige Tröpfchen aus diesem Meer abzuschöpfen und den Rest draußen zu halten. Für manche wurden ausgewählte Unterhaltungen zur subjektiven Realität, und Magazine für spezielle Interessen wurden von diesen nach Maß gearbeiteten Hüllen durchgelassen.
    Hier schaut sich ein Mann nichts an als Detektivfilme aus den Tagen von Bullen und Gangstern – ein unbegrenzter Vorrat an stereotyper Fiktion. Nebenan hört und liest eine Frau nur Ansichten, die zu ihrer eigenen passen, weil andere Gesichtspunkte von ihrem getreuen Software-Wächter ausgemerzt werden.
    Um solche Schalheit zu vermeiden, hatte Jen einen berühmten Hackerstrolch angeheuert, Sri Ramanujan, um ihr spezielles Filter zu konstruieren. Sie sagte laut: »Sehen wir einmal, was aus dieser Liste wird, wenn wir Schwelle sieben anwenden, Kategorien eins bis zwanzig.«
    »Und der Überraschungsfaktor, Professor Wolling?«
    Jen war in guter Stimmung. »Lassen wir es mit zwanzig Prozent laufen!«
    Dies bedeutete, von fünf Datenbündeln würde nur eines per Zufall auftauchen – ihren eigenen Parametern zum Trotz. Auf diese Weise verlangte sie von Ramanujan, absichtlich auf sie ein wenig von dem Chaos loszulassen, das sein teuflischer Netz-Symbiont einst auf dreizehn Millionen Netz-Abonnenten in Südasien gehetzt hatte, indem er ihre geduldigen Cyberwelten so kitzelte, daß sie ihnen Schimmer anderer Realitäten und anderer Gesichtspunkte zeigten.
    Nachdem man ihn erwischt hatte, machte es Sri Ramanujan wenig aus, daß man ihn in jenes Gefängniskrankenhaus in Bombay steckte, da sein Körper seit seiner Kindheit ein Gefängnis gewesen war. Daß man aber seine Privilegien im Netz beschnitt, war eine zusätzliche Strafe, viel schlimmer als ein Todesurteil.
    »Wie Sie wünschen, Jen Wolling.«
    Das simulierte Gesicht schien erfreut zu sein. Er machte eine Verbeugung und verschwand, um ablaufenden Datenbündeln Platz zu machen. Farben bezeichneten wichtige Stellen, verstärkt durch semantisches Filter.
    Ihre Augen konzentrierten sich auf einen Text, der rötlich glühte. Ah, der kleine Teufel, dachte sie, denn das Programm hatte einen Haufen Haß-Post hereinschlüpfen lassen.
    »…Wolling ist zu einer ungezügelten Kanone geworden. Ihre kürzliche Reise nach dem südlichen Afrika beweist, daß sie jeden Sinn für Anstand verloren hat.
    Aber am ärgerlichsten ist ihre arrogante Neubewertung des wichtigen Gaia-Paradigmas – eines wissenschaftlichen Modells, das sie selbst vor so vielen Jahren hat entwickeln helfen. Sie wird für die Biologie zu einem senilen Ärgernis…«
    Jen fand den Stil bekannt, und tatsächlich hatte ein alter Kollege unterschrieben, der jetzt ein bitterer Gegner war. Sie seufzte. Es war seltsam, regelmäßig als unwissenschaftlich angegriffen zu werden, sobald sie nur ein Jota von ›anerkannten‹ Prinzipien abwich… Prinzipien, die sich auf ihre eigenen früheren Theorien gründeten.
    Nun gut, gestand sie sich. Vielleicht weiche ich manchmal um mehr als ein Jota ab. Und es macht mir Spaß, Unruhe zu stiften.
    Sie schnalzte mit der Zunge. Elektromagnetische Sensoren erkannten ihre Absicht und wischten den Erguß ohne Kommentar weg. Ein anderer leuchtete an seiner Stelle rot auf.
    »…Wolling ist ein Hindernis für unsere Sache, die Rettung Unserer Mutter. Ist es nicht genug, daß sie den reduktionistischen Werten unserer patriarchalischen westlichen Wissenschaft Achtung bezeugt und damit diesem übel angesehenen Bereich den Respekt erweist, den sie eigentlich Gaia schuldet?
    Indem sie den Erd-Plünderern Munition liefert – den Verehrern von Zeus-Jehovah-Shiva –, verrät sie Unsere Mutter…«
    Eigenartig, daß ein Wort für so viele unterschiedliche Leute so vieles bedeuten konnte. Für Biologen beschrieb ›Gaia‹ eine Theorie planetarischen ökologischen Gleichgewichts und geregelter Rückwirkungsschleifen. Aber für hingebungsvolle ›Mystics‹ bezeichnete das eine lebende Göttin.
    Noch ein Schnalzen, und eine dritte Tirade erschien…
    »… Evolution ist immer durch den Tod von Species vorangetrieben worden. Man nehme die sogenannten Katastrophen in der Perm, Trias- und Kreidezeit, wo zahllose lebende Arten durch Erschütterungen des Milieus vernichtet wurden. Nun, laut Wolling und Harding waren das

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