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Erde

Erde

Titel: Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Brin
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die Hälfte dieser Korrespondenten zu faul oder zu sparsam gewesen, die Zeit oder eine Briefmarke aufzuwenden. Aber jetzt waren Kurzmitteilungen – ›Blips‹ – so einfach und billig wie gewöhnliches Sprechen. Sogar noch leichter; denn man konnte unbeschränkt Kopien machen und verschicken.
    Ja, wirklich. Manchmal sehnte Jen sich nach ihrem Briefträger.
    Man vermißt auch weder Wasser noch Luft, solange nicht der Brunnen austrocknet oder der Partialdruck des Sauerstoffs auf zwanzig Prozent sinkt.
    Sie nahm ein subvokales Eingabegerät von seinem Halter und brachte die beigefügten Sensoren auf Kehle, Kinnbacken und Schläfen an. Ein leichtes Blinken im Display zeigte, daß die Maschine schon ihre Augen verfolgte und durch die Krümmung der Linse und den Pupillenwinkel die genaue Stelle ermittelte, die sie gerade anpeilte.
    Sie mußte nicht laut sprechen, sondern das nur beabsichtigen. Das Subvokalgerät las Nervensignale und ließ sie Wörter eingeben, sobald sie es wollte. Es war viel schneller als jede normale Spracheingabevorrichtung… und auch viel streitsüchtiger. Jen stellte die Empfindlichkeitsschwelle so ein, daß es nicht jedes leichte Zittern aufnehmen würde – ein zunehmendes Problem, da ihr einstmals athletischer Körper im Alter steif und inexakt wurde. Dennoch hatte sie sich gelobt, diese seltene Fähigkeit möglichst lange beizubehalten.
    Wenn man bestimmte Zähne antippte, veränderten sich die Farben in den Tanks und Schirmen. Ein Gähnen entsandte Zyklone in einem blauen Feld. Manchmal, bei einem begabten Operator, konnte ein Subvokal fast magisch wirken, wie jene ›direkten‹ Verbindungen zwischen Gehirn und Computer, über die Science Fiction-Autoren immer faselten, die aber aus einfachen neurologischen Gründen niemals real sein würden. Dies hier war so nahe herangekommen, wie überhaupt jemand geschafft hatte; und neunzig Prozent der vorhandenen Subvokalgeräte wurden immer noch meistens benutzt, um prächtige 3-D-Bilder zu machen.
    Welche Ironie also, daß Jen den Gebrauch ihres Apparates mit sechzig gelernt hatte. Soviel über Sprichwörter von alten Hunden und neuen Tricks!
    »Hypersekretär, Sri Ramanujan!« sagte sie.
    Die Nebel lichteten sich, und es formte sich ein Gesicht, dunkel und hübsch, mit edlen Hinduzügen. Als ›Hüllen‹-Person ihres Computers hätte Jen alles mögliche wählen können, von einem Alien der Comics bis zu einem Filmstar. Aber sie hatte den einzigartigen Konstrukteur dieses Systems als Modell gewählt. In jenen Augen erkannte sie etwas wieder von dem jungen Konsultanten aus Nehruabad, dessen Lebensfunke aus dem Käfig seines nutzlosen Körpers herausschaute.
    »Guten Morgen, Professor Wolling! Während der letzten vierundzwanzig Stunden hat es drei Weltnachrichten der Priorität neun gegeben, zwei regionale Alarme für Britannien und vier über allgemeine Themen von Reuter, Ihrer ausgesuchten Nachrichtenagentur neutraler Richtung. Keiner der Aufrufe gehörten in Kategorien, die Sie als kritisch aufgeführt haben.«
    Bürger mußten sich für ein Mindestmaß an Nachrichteneingabe verpflichten, um nicht das Stimmrecht einzubüßen. Aber Jen war alles andere als süchtig nach öffentlichen Ereignissen; darum war ihre Schwelle von neun oder mehr so hoch angesetzt, wie zulässig. Die Schlagzeilen würde sie später überfliegen.
    »Sie haben sechs Briefe und fünfunddreißig Blips von Personen auf Ihrer Selbstempfangsliste erhalten. Fünfundsechzig weitere Briefe und einhundertzwölf Blips sind in Ihre allgemeine Auslieferungsbox im Netz eingegangen.
    Außerdem gab es vierhundertdreizehn Referenzen auf Sie in den wissenschaftlichen Zeitschriften von gestern. Schließlich wurde Ihr Name in populären Medien und offenen Diskussionsrunden vierzehnhundertelfmal mit Niveau sieben oder höher erwähnt.«
    Das war deutlich ein weiterer Fall menschlicher Verschwendungssucht – daß man typischerweise eine gute Sache zu einer weiteren Entschuldigung für übertriebene Nachsicht machte. So wie die Art, daß Nationen unter Gewächshaushitze litten, man aber immer noch mehr als fünf Milliarden Tonnen Kohlenstoff jährlich in die Atmosphäre strömen ließ. Eine ungeheure Menge, die aber noch nichts war gegenüber dem größten Ertrag der Species – Wörter.
    Und man denke, daß einige Idioten vorhergesagt haben, wir würden eines Tages unsere Wirtschaft auf Information gründen. Daß wir Geld darauf stützen würden.
    Auf Information? Das Problem ist nicht

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