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Erde

Erde

Titel: Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Brin
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bewußtlos sein und innerhalb einer Stunde an Unterkühlung sterben. Und in sechs Monaten würde die Sonne für einen weiteren Winter verschwinden.
    Es gibt Grenzen, vergewisserte Stan sich. Die Menschheit mag fähig sein, mit dem Klima herumzumurksen, aber wir können nicht die Jahreszeiten ändern oder die Achsenneigung der Erde verlagern.
    Aber fast sofort dachte er noch einmal nach. Liegt sogar das jetzt außerhalb unserer Möglichkeiten? Er grübelte über einigen Implikationen von Alex Lustigs Gleichungen und stellte fest, daß er mit Begriffen spielte, die ihm noch vor Wochen undenkbar erschienen wären. Ich möchte wissen, ob es möglich wäre…
    Stan schüttelte energisch den Kopf. Solcher Vorwitz hatte fast nichts als Unheil gebracht.
    »Kalatdlit-Nunat.«
    Stan wendete sich seiner Reisegefährtin zu. »Verzeihung?«
    Teresa Tikhana hob eine kleine Lesetafel. »Kalatdlit-Nunat. So nennen die Inuit – die Eskimos – Grönland.«
    »Ich dachte, deren Zweitsprache wäre Dänisch.«
    Teresa zuckte die Achseln. »Wer sagt, daß zwei Sprachen genug sind? Wie lautet das Sprichwort? ›Ein Mensch mit nur einer Ethnizität steht nur auf einem Bein.‹
    Sagen Sie, Stan, wie viele Sprachen sprechen Sie?«
    Er zog die Schultern hoch. »Sie meinen außer Internationalem Englisch und Physik? … Und dem Maori und Simglish und Han, das man uns in der Schule gelehrt hat?« Er machte eine Pause. »Nun, ich kann mit Allgemeinem Nihon und Französisch zurechtkommen, aber…«
    Er lachte, als er merkte, was sie meinte. »All right. Lassen Sie noch einmal hören!«
    Teresa half ihm, bis er einige einheimische Höflichkeiten aussprechen konnte. Nicht, daß viel Zeit sein würde für müßiges Geschwätz dort, wohin sie gingen – einen rauhen Außenposten inmitten öden Landes. Er hatte immer gewünscht, diese ungeheure gefrorene Insel zu sehen; aber diese Mission diente nicht dem Tourismus.
    Stan sah sich zwischen den Sitzreihen um. Die anderen Mitglieder ihrer Expedition drängten sich bei einem nach vorn gerichteten Fenster, tuschelten und zeigten, als die Frachtschiffe und vacuumverpackten Eisberge zurückblieben. Stan lauschte ab und zu, um sich zu vergewissern, daß die Techniker ihre Stimmen gesenkt hielten und keine Themen berührten, die Tabu waren.
    »Sind Sie sicher, da wir die alte NATO-Basis in Godhavn nicht benutzen können? Sie hat alle Einrichtungen. Und die wissenschaftliche Gemeinschaft, die sie verwendet, ist recht frei und offen, wie ich höre.«
    Stan fragte: »Da gibt es hauptsächlich Atmosphärenforscher, nicht wahr?«
    »Jawohl. Zuerst eingerichtet, um radioaktive Niederschläge aus den Alpen zu überwachen. Jetzt gehören sie zum Ozon-Wiederherstellungs-Projekt in seiner heutigen Form.«
    »Also Grund genug, den Platz zu meiden. Man würde Sie sicher erkennen.«
    Die Astronautin zwinkerte. »Ach ja.« Selbstbewußt schob Teresa Strähnen neuerdings erblondeten Haares zurück, das gerade für diese Reise gefärbt worden war. »Stan, ich bin wohl nicht an diese Denkweise gewöhnt.«
    Mit anderen Worten, sie genoß nicht denselben Vorteil wie er, der im paranoiden zwanzigsten Jahrhundert aufgewachsen war, als die Leute gewöhnlich Posen einnahmen für alles mögliche von Ideologie hin zu Profit oder Liebe – bisweilen für ihr ganzes Leben.
    »Versuchen Sie sich zu erinnern!« drängte er mit gesenkter Stimme. »Wir übertreten dänisches Territorialgesetz, indem wir Sie mit einem falschen Paß hereinbringen. Sie sollten in Australien auf Urlaub sein, nicht wahr? Nicht um die halbe Welt herum undeklariertes Gerät einschmuggeln nach… Kalatdlit-Nunat.«
    Sie versuchte ein ernstes Gesicht zu machen, konnte aber ein Lächeln nicht unterdrücken. »In Ordnung, Stan. Ich werde daran denken.«
    Er seufzte. Wenn ihre Verschwörung nicht unter kritischem Personalmangel litte, würde er nie zugestimmt haben, Teresa mitzunehmen. Natürlich würden ihre Kompetenz, ihr Charme und ihr faszinierender Verstand willkommen sein. Aber das Risiko war schrecklich groß.
    »Nun bitte!« sagte sie und stieß seinen Ellbogen an. »Jetzt fangen Sie an auszusehen wie Alex Lustig.«
    Er lachte nervös. »Ist das so schlimm?«
    Sie nickte. »Ich dachte, wir Astronauten wären ein nüchternes Völkchen. Aber Lustig läßt Glen Spivey wie einen Clown aussehen. Selbst wenn er lächelt, komme ich mir vor, als ob ich einen Strudel sähe.«
    Vielleicht, dachte Stan. Aber wie würden Sie aussehen, wenn Sie die Last dieses armen Kerls

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