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Erde

Erde

Titel: Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Brin
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verlor; und ihr Geist ging nach Rarohenga, dem Land der Toten.
    Rangi-rua wurde von Kummer befallen. Untröstlich erklärte er, daß er seinem Weib in die Unterwelt folgen und sie nach Aomarama, der Welt des Lichts, zurückholen wolle.
    Mit Kaeo, seinem stets getreuen Gefährten, kam Rangi-rua zu den wirbelnden Wassern, welche den Eingang zu Rarohenga bewachten. Dort tauchten er und Kaeo in den Schlund der Hölle hinab, wo der Herzschlag von Manata die Erde erschauern läßt. Sie schwammen unablässig gegen diese Macht an, bis sie das andere Ufer erreichten, wo der Geist von Rangi-ruas lieblicher Frau sie erwartete.
    Nun muß anstandshalber gesagt werden, daß Rangi-rua und Kaeo vielleicht nicht die einzigen Sterblichen waren, die diese Großtat geleistet haben. Denn die pakeha erzählen eine ähnliche Geschichte von jemandem namens Orpheus, der genau dasselbe getan hat wegen seiner Geliebten – und man sagt, daß er die Überquerung sogar ganz allein geschafft hätte. Aber Rangi-rua übertraf Orpheus in der wichtigsten Angelegenheit. Denn als Rangi-rua wieder in das Licht von Vater Sonne auftauchte, waren sowohl sein Freund wie seine Geliebte an seiner Seite.
    Aber Orpheus versagte, weil er, wie alle pakeha, seinen Geist nicht fest nur auf eine Sache richten konnte.«

 
• KERN •
     
    Alex saß vor seinem holographischen Display, das in dem verlassenen Labor die einzige Lichtquelle darstellte, und erinnerte sich an George Huttons Auftritt bei der Feier früher am Abend, als er den erschöpften, aber glücklichen Ingenieuren bei Feuerschein Maori-Legenden vortrug. Besonders passend war die Geschichte von Rangi-rua gewesen, da sie von frischer Hoffnung sprach, direkt den Toren der Hölle entrissen. Aber Alex hatte sich wieder in das unterirdische Laboratorium zurückgelockt gesehen. Jetzt lag all die Maschinerie dunkel und schlafend da bis auf jenen Lichtquell, der lange Schatten auf die Kalksteinwände in der Nähe ergoß.
    Die Legende von Rangi hatte Alex gewiß angerührt. Sie hätte zu seiner gegenwärtigen Stimmung passen können.
    Schau nicht zurück! Achte auf das, was vor dir liegt!
    Was gerade jetzt vor ihm lag, war eine Darstellung des Planeten im Schnitt. Ein wie ein Apfel durchgeschnittener Globus, der Schale und Fruchtfleisch, Kerngehäuse und Kern zeigte.
    Und Samen, dachte Alex, um die Metapher zu vollenden.
    Das Auge konnte die kleinen Abweichungen der Erde von einer Sphäre nicht entdecken. Gebirgszüge und Ozeangräben, die auf kommerziellen Globen überhöht waren, waren nur hauchfeine Unebenheiten auf dieser Darstellung im rechten Maßstab; so dünn war die Schicht aus Wasser und Luft im Vergleich mit dem ausgedehnten Innern.
    Innerhalb dieser Membran bezeichneten konzentrische Kugelschalen in Braun, Rot und Rosa zahllose unterirdische Temperaturen und Zusammensetzungen. Mit einem Wort oder durch Berührung der Kontrollen des Hologramms konnte Alex durch Mantel und Kern zoomen und Gesteinsschichten und Myriaden kartierter Lavaströme verfolgen.
    Okay, George, dachte er. Hier ist eine pakeha- Allegorie für dich. Wir werden damit beginnen, ein Loch geradewegs durch die Erde zu schneiden.
    Von der Oberfläche des Globus ließ er eine schmale Linie nach innen laufen, die durch die farbigen Schichten schnitt. Bohre einen Tunnel, so gerade wie ein Laserstrahl, mit spiegelglatten Wänden! Verschließ beide Enden und laß drinnen eine Kugel fallen!
    Das war eine Generationen von Physikstudenten geläufige Übung, die gewisse Punkte über Gravitation und Impuls illustrierte. Aber Alex machte mit dem Szenarium ernst.
    Angenommen, daß träge und schwere Masse einander die Waage halten, wie sie es zu tun pflegen, dann wird jeder Gegenstand, den man an der Erdoberfläche fallen läßt, in jeder Sekunde um neun Komma acht Meter pro Sekunde beschleunigt.
    Seine Finger glitten über Knöpfe und setzten einen blauen Punkt vom oberen Rand her in Bewegung. Dieser fiel zunächst langsam, selbst bei vergrößertem Zeitmaßstab. Hier stand ein Millimeter für eine riesige Strecke in der realen Welt.
    Aber wenn die Kugel eine größere Distanz zurückgelegt hat, hat sich die Beschleunigung geändert.
    Isaac Newton brauchte 1687 mehrere Seiten, um zu beweisen, was flotte Studenten im zweiten Jahr auf einem einzigen Blatt demonstrierten – aber Newton war der erste gewesen! –, daß nämlich nur der Teil der Sphäre ›unter‹ einem fallenden Objekt weiterhin ihren Beitrag zur Netto-Schwerkraft leistet, bis die

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