Erde
nachdem Daisy schockiert nach Luft geschnappt hatte, merkte sie, daß dies genau die Reaktion war, die Claire gewollt hatte. Seit dieser Episode hatte keine von ihnen dies Thema wieder erwähnt.
Trotzdem machte Daisy sich Gedanken. Könnte es der Mühe wert sein, einen Spitzel auszuschicken um nach – na ja – chemischen Mitteln zu forschen? Etwas, das nicht aufdringlich und unauffindbar wäre…
Aber nein. Claire agierte völlig selbständig. Und wahrscheinlich wachte auch ihre Gynäkologin über jedes Anzeichen von Herumpfuschen. Daisy hatte sich vorgenommen, sich möglichst nicht einzumischen, wenn das eine Vergeltung auslösen könnte. Daher war sie entschlossen, die Sache auf sich beruhen zu lassen.
Das Mädchen wird bald abreisen, bedachte Daisy, als sie sich dem Haus näherte. Automatisch ging ihr eine Liste von Arbeiten durch den Kopf, mit denen sie gerade beschäftigt war. Ich werde wohl einen dieser Eidesflüchtlinge anheuern müssen. Einen armen Kerl, der viel schwerer arbeiten wird als mein eigenes faules Kind, so sehr ich mich auch bemüht habe, es nicht zu verziehen. Oder vielleicht werde ich einen dieser neuen Hausroboter besorgen. Muß ihn natürlich selbst umprogrammieren.
Auf ihrem Weg zur Hintertür stolperte sie fast über zwei unbekannte Haufen auf dem Hang oberhalb des Baches. Frische Erde war über längliche Gruben gestampft und dann von Steinen eingerahmt worden.
Was ist das, zum Teufel? Sehen aus wie Gräber!
Dann fiel es ihr ein. Claire hatte etwas von den Ziegen gesagt. Ihre beiden Unkrautfresser waren in der letzten Woche an irgendeiner blöden Seuche gestorben, die eine Gruppe Amateur-Grüner drüben in Afrika freigesetzt hatte.
Das verrückte Kind! Sie weiß, wie man Kadaver richtig kompostiert. Warum hat sie sie hier eingegraben?
Daisy machte in Gedanken noch eine Notiz, um das Netz nach anderen Mitteln zu durchforschen, den Bach sauberzuhalten. Es war auf jeden Fall ein dummer Kompromiß, genmodifizierte Kreaturen für die Kompensation ökologischer Fehler der Menschen zu benutzen. Genau die Art von ›Lösung‹, die jene Hexe Jennifer Wolling propagierte. Verrecken soll sie!
Was hat Wolling überhaupt vor? Das möchte ich wissen.
Bald saß Daisy wieder vor ihrem großen Bildschirm. Impulsiv verfolgte sie ihren letzten geistigen Faden, Wolling.
Daisy ließ schnell ihre Spürhundprogramme durchlaufen. Hmmm. Sie hat nichts veröffentlicht, seit sie ihre Wohnung in London verließ. Ist sie krank? Vielleicht tot?
Nein. Zu zäh, als daß man sie so leicht loswerden könnte. Außerdem zeigt ihr Postdienst eine einfache Übermittlung nach Südafrika an. Wieso kommt mir das bekannt vor?
Natürlich wäre es trivial, ein assoziiertes Suchprogramm aufzustellen, um das herauszufinden. Aber Daisy hatte etwas Anspruchsvolleres vor.
Wir wollen dies als Test für mein neues Programm nehmen!
In der vergangenen Woche hatte eine ihrer Suchroutinen einen Forschungsaufsatz von einem obskuren Theoretiker in Finnland geliefert. Es war eine brillante Idee – eine hypothetische Methode zur Faltung von Computerakten in einer Weise, daß mehrere Verstecke gleichzeitig den gleichen physischen Raum einnehmen würden. Die ›Experten‹ hatten den Aufsatz bei seiner ersten Veröffentlichung ignoriert. Offenbar würde es die üblichen Wochen oder sogar Monate erfordern, bis seine Ideen durch das Netz nach oben getröpfelt wären. Inzwischen sah Daisy ein günstiges Fenster. Besonders dann, wenn sie ihre Hände auch auf den Lichtträger legen könnte!
Wenn das klappt, werde ich imstande sein, jedermann überall aufzuspüren und zu verfolgen. Ihn finden, wo er sich auch verstecken mag. Alles offenzulegen, was sie verheimlichen.
Und mit wem sollte sie besser experimentieren als mit Jen Wolling?
Daisy fing an, die Details auszufüllen. Sie zog Stücke von diesem und jenem aus ihrer großen Trickkiste. Das war eine vergnügliche Arbeit, und sie summte vor sich hin, als das Gerippe von etwas Eindrucksvollem und recht Schönem Gestalt annahm.
Mit einem Mal öffnete und schloß sich die Tür. Daisy merkte, daß Claire neben ihr in Reichweite ein Eßtablett hinstellte und erinnerte sich dunkel, daß sie ihrer Tochter etwas sagte. Während der Arbeit aß und trank sie. Später verschwand das Tablett auf die gleiche Weise.
Ja! Wolling ist das perfekte Subjekt. Selbst wenn sie es herausfindet, wird sie keine Klage beim Gericht erheben. Sie ist nicht der Typ.
Dann, wenn ich es an ihr ausprobiert habe,
Weitere Kostenlose Bücher