Erde
zweitausend Jahren erstickender Zaren und Kommissare –, wo die Leute nur allzu froh waren, schwer zu arbeiten, Aufträge zu erfüllen und billig alles zu verkaufen, was die Japaner wünschten? Viele von Ihnen erinnern sich wohl an die Konsequenz, als Russisch etwas später vorgeschlagen wurde, Simglish als zweite lingua franca zu ersetzen. Aber auch das ging vorbei, nicht wahr?
Also los, Freunde! Nehmt Abstand und blickt weiter nach vorn! Es wird die Zeit kommen (falls der Planet durchhält), da sogar die Han es müde werden, sich krankzuschuften und Geld in der Bank aufzuhäufen, ohne etwas zu haben, wofür sie es ausgeben könnten.
Haben Sie Lust vorauszusagen, welche neue Gruppe harter Arbeiter auftreten wird? Ich setze auf jene puritanischen Sezessionisten in Neu-England. Diese Leute wissen, wie man einem Unternehmer die Arbeit einer guten Stunde für den Lohn einer Stunde liefern kann…
• KRUSTE •
Niemand beglückwünschte Crat dafür, daß er seinem ertrinkenden Mannschaftskameraden das Leben gerettet hatte. Niemand sprach überhaupt viel über den Unfall. Sachen passieren eben, war die Meinung. Waren es jetzt einige Witwen mehr auf einer der schwimmenden Städte? So ein Pech! Das Leben war kurz – was konnte man mehr dazu sagen?
Aber Crat war offenbar nicht mehr ein ›jämmerlicher Schlappschwanz‹ von Yankee. Es gab keine schiefen Blicke mehr in der Messe oder komische Dinger, die in seiner Schleimsuppe schwammen. Ohne Worte holte man seine Hängematte aus der qualmenden Ecke und brachte sie in den Ankerraum zu den anderen.
Nur ein Bursche äußerte sich zu dem Mißgeschick mit dem Fischnetz. »Mensch, Vato«, sagte er zu Crat. »Ich habe noch nie erlebt, daß ein Kerl die Luft so lange anhalten konnte wie du!«
Crat hatte keine Ahnung, wie lange er unter Wasser gewesen war. Die Bemerkung erschien ihm wie ein Wink des Schicksals. Eine Erfahrung, die manche Leute hätte veranlassen können, das Schwimmen für immer aufzugeben, die ihn aber auf ein unerwartetes Talent hinwies.
Seine Lebensgeschichte war bisher bestenfalls mittelmäßig schlicht gewesen, und allzu oft noch weniger als das. Das Bild, das er von sich hatte, war träge und hart wie ein Stein. Der Gedanke, ungewöhnliche Fähigkeiten zu besitzen, erstaunte Crat. Und so erneuerte er im ersten Moment, da er an Bord der Congo Anerkennung gefunden hatte, sein Gelübde, bei der ersten Gelegenheit abzuhauen – sich dem Bergungsdienst anzuschließen, wie er schon früher unverbindlich angedeutet hatte.
Nicht, daß er wegen dieses alten Eimers viel vermissen würde. Das Leben an einer Grenze bot nicht viele Annehmlichkeiten. Der Durchschnittsamerikaner würde, wenn er gezwungen wäre, hier eine Woche lang zu leben, sich nie wieder über seine knappe Wasserration beklagen, die in manchen Staaten Spitzenwerte von üppigen hundert Gallonen in der Woche erreichte.
Oder man nehme ein anderes Bedürfnis – Privilegien im Datennetz. Die gab es hier überhaupt nicht.
Crat pflegte alte Leute daheim in Indiana geringzuschätzen, weil sie sich auf so viele elektronische Krücken verließen… weltumfassender Zugriff auf alle Themen, jede Bibliothek, sogar jede blöde wissenschaftliche Zeitschrift, die für wenige Pennies momentan aus einer obskuren Sprache übersetzt wurde. Dann waren da die Hobbyspalten, speziellen Interessengruppen, Netzmagazine, 3D-Shows.
Vor seiner Emigration war es Crat nie klar geworden, wie sehr auch er von alledem abhing. Immerhin hatte es an Bord der Congo dieses merkwürdige Ritual des Postappells einmal am Tag gegeben. Jeder antwortete, wenn sein Name aufgerufen wurde, und tauschte einen schwarzen Würfel beim Bootsmann ein. Man durfte zwei Kurzmitteilungen von nicht mehr als je fünfzig Worten über die einzige Antenne des Schiffs absenden, was von dem Funkoffizier streng überwacht wurde, einem einäugigen und beinamputierten Opfer einer früheren Schiffskatastrophe, den ein jeder, auch der Kapitän, mit größter Hochachtung behandelte.
In der Reihe zu stehen und ergeben auf seine jämmerlichen Kurzmitteilungen zu warten, war fast so demütigend wie der abendliche Vitaminappell, wenn eine gelangweilte U.N.-Krankenschwester jedem Mann mürrisch seine komprimierte Kapsel ›Ernährungshilfe‹ aushändigte – alles, was das Weltgewissen dem Paria-Staat von Flüchtlingen zu spenden sich verpflichtet fühlte. Kein Wunder, daß da die Großmächte mit dem wahren Lebensquell der Welt, nämlich Information, noch
Weitere Kostenlose Bücher