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Erde

Erde

Titel: Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Brin
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Gesicht war das einzige, das Crat vermissen würde, wenn er bei diesem hundsgemeinen Kahn abheuerte. Er grinste und hielt einen vollen Krug hin. »Habe für dich noch ein Bier, Peter.«
    »Gut, danke! Habe einige Zeit gebraucht, um mein Notizbuch mit dem Namen meines Kameraden auf dem Markt zu finden. Hat aber geklappt.« Er hielt einen schweren schwarzen Band hoch. Zu Crats Überraschung war es keine billige Schreibtafel, wie sie selbst der ärmste gemeine Matrose besaß, sondern ein dickes Buch mit Papierseiten. Schultheiß blätterte um und murmelte: »Mal sehen! Er steht irgendwo hier drin. Dieser Bursche sollte, wenn du meinen Namen erwähnst, imstande sein, dir Arbeit im Rettungsdienst zu besorgen… vielleicht Training für die Tiefseejobs, die du dir so wünschst. Ah, hier, laß mich es für dich aufschreiben!«
    Crat nahm den Zettel entgegen. Als er sich der Begegnung mit den Werbern näherte, war er etwas unsicher geworden, ob er es wirklich versuchen würde, nach Knollen zu schürfen – weit unter den Bereich des Tageslichts zu tauchen, eingeschlossen in einer schleimigen Blase und Schlamm nach verkrusteten Klumpen durchzusieben. Trotz guter Bezahlung pflegten solche Männer nicht lange zu leben. Die Alternative des flachen Baggerns in überfluteten Dörfern begann da doch verlockend zu erscheinen.
    Schultheiß blickte auf die Lichter der Stadt und seufzte.
    »Woran denkst du?« fragte Crat.
    »Ich dachte gerade daran, wie mich mein Vater, als ich noch ein kleiner Junge war, auf einer Geschäftsreise nach Tokio mitnahm. Als unser Flugzeug nachts ankam, bot sich uns ein fabelhafter Anblick. Der Ozean war, so weit man sehen konnte, rings um jede Insel erleuchtet. So viele Lichter, daß ich sie nicht zählen konnte. Das Wasser schien zu brennen. In weißem Feuer.
    Ich fragte meinen Vater, was für ein Fest da gefeiert würde. Er sagte – Nein, das war kein orientalischer Feiertag. Es wäre jede Nacht so. Jede Nacht auf dem Meer rings um Japan.«
    Der Gedanke an eine solche Extravaganz ließ Crat zwinkern. »Aber warum denn?«
    »Fischfanglichter«, antwortete Peter einfach. »Bei Nacht ließen die Schiffe große Generatoren laufen und zogen Millionen Fische herein. Sehr wirksam, wie ich gehört habe. Auch wirksam, wenn man Energie für Nahrung eintauscht und sich nicht um das Morgen kümmert.«
    Schultheiß machte eine Pause. Seine Stimme schien weit weg zu sein. »Mein Vater und seine Kameraden… hielten sich etwas darauf zugute, in die Zukunft zu schauen. Anders als die Yankees jener Tage – soll keine Kränkung sein – glaubte er, sich über das Morgen Gedanken zu machen. Während die Yanks Spielzeug kauften und durch Ausgaben verarmten, sparten mein Vater und seine Standesgenossen. Er legte die Vermögen anderer Leute klug für sie an. Nahm ihr Geld, ohne Fragen zu stellen, und ließ es wachsen wie Gemüse im Garten.«
    Der alte Schweizer seufzte. »Vielleicht zeigt dies nur, daß es unterschiedliche Arten von Kurzsichtigkeit gibt. Ich möchte wissen, ob es den Japanern je eingefallen ist, die Evolution könnte die Species verändern, die sie mit ihren starken Lichtern anzogen? Die bequemen und stupiden Fische würden sicher in Netzen sterben. Aber inzwischen würden diejenigen, die sich fernhielten, neue Generationen hervorbringen. Ob sie darüber nachgedacht haben? Nein, ich glaube nicht.
    Ebenso ist mein Vater nie auf den Gedanken gekommen, daß die Welt es eines Tages satt sein würde, daß alle ihre Schurken hübsche sichere Plätze hatten, um ihre Beute zu horten. Er hatte nie davon geträumt, daß alle Nationen ihren Streit begraben, sich zusammentun und sagen würden: Genug, wir wollen unser Geld zurück. Wir verlangen auch die Namen dieser Schurken… von Männern, die unser Vertrauen mißbraucht und uns unsere Schätze geraubt haben, die unseren Kindern Drogen verkauft haben.
    Wie konnte mein armer Vater sich vorstellen, daß die Menschenmassen der Welt eines Tages an seine Tür klopfen würden, um im Zorn zurückzuholen, was er sorgfältig so gut angelegt hatte?«
    Die Lichter der schwimmenden Stadt schimmerten jetzt in den feuchten Augen des alten Mannes. Ergriffen durch die Tiefe dieses Geständnisses fragte sich Crat. Warum ich? Warum erzählt er das mir?
    Peter wandte sich zu ihm um und kämpfte mit einem Lächeln. »Hast du die Pikeman gesehen, als sie kam, um uns vor den Grünen zu retten? Wie schön sie war? Die Leute pflegten sich über die Schweizer Marine lustig zu machen. Aber

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