Erde
eine Möglichkeit der Bestätigung, ob sie die Plejaden wirklich von dem gefährlich überdehnten Seil entfernte oder vielleicht gerade darauf zu…
Aus Tönen wurden Gerüche. Häßliche Bilder kratzten ihre Haut. Zwischen kakophonischen Störgeräuschen glaubte sie, tatsächlich Jason zu hören, der ihren Namen rief. Aber die Stimme verwehte in der lauten Brise, ehe sie sagen konnte, ob sie real oder ein Phantom war – eine von zahllosen Schimären, die von allen Seiten ertönten.
Soweit sie wußte, schien sie ständig erblindet zu sein. Aber das machte nichts. Nichts machte etwas aus, mit Ausnahme des Kampfes um die Rettung ihres Schiffs.
Endlich wurde die Sicht wieder klar – ebenso erstaunlich schnell, wie sie verlorengegangen war. Ein enger Tunnel zuckte in die Schärfe und weitete sich rasch, bis nur noch die Peripherie mit jenen unheimlichen Schatten flatterte. Das Alarmgekreisch begann abzuklingen.
Nach dem Übergang war sie benommen und starrte ungläubig in die einst vertraute Kabine. Laut Chronometer waren weniger als zehn Minuten vergangen. Sie kamen ihr vor wie Stunden.
»Uff!« bemerkte sie mit trockener Kehle. Wieder einmal hatte die Plejaden den Nerv, neu zu funktionieren, als ob nichts geschehen wäre. Rote Lichter wurden gelb, gelbe wurden grün. Teresa selbst würde sich gewiß nicht so schnell erholen.
Mark schnaufte wild: »Wo… wo ist Erewhon? Wo ist das Seil?« Ein paar Minuten Schub konnten sie nicht so weit gebracht haben. Aber die Darstellungen für Annäherung und Rendezvous zeigten überhaupt nichts an. Teresa ging zu einem höheren Maßstab über.
Nichts. Die Station war nirgends.
Mark flüsterte: »Was ist mit der passiert?«
Teresa änderte Radareinstellungen, erweiterte wieder die Skala und befahl eine Dopplerabtastung im ganzen Spektrum. Diesmal erschienen wenigstens verstreute Impulse. Sie hatte plötzlich einen Geschmack von Asche im Mund.
»Da… sind Stücke von ihr.«
Ein Haufen großer Objekte war in einen viel höheren Orbit eingetreten und stieg rasch auf, als die Plejaden wieder in ihre Ellipse einschwenkte. Ein Trümmerteil sendete ein Notsignal aus, das es als ein Stück vom Zentralkomplex der Station kennzeichnete.
Mark sagte: »Wir sollten wohl einen Rundumschwenk starten, um eine Chance zu haben, jemanden zu retten.«
Teresa blinzelte wieder. Daran hätte ich denken sollen.
»Prüfe… prüfe erst alle Tankverbindungen und Leitungen«, sagte sie und starrte immer noch auf den Verhau, der der Kern der Reagan-Station gewesen war. Irgend etwas hat die Verbindungen zerrissen… und so ziemlich alle Streben, die die Module zusammenhalten. Diese Kraft könnte jederzeit wiederkommen; aber sie beide schuldeten ihren Weltraumkameraden den Versuch, jene zu retten, die noch am Leben waren.
Mark meldete: »Drücke sehen gut aus. Gib mir eine Minute zur Berechnung einer Zündung! Es wird mulmig sein.«
»Das ist okay. Wir werden unsere Reserven aufbrauchen. Kennedy und Kourou kratzen wohl schon Startgeräte zusammen…« Sie hielt inne, die Ohren auf ein merkwürdiges klopfendes Geräusch konzentriert. Noch ein Symptom? Aber nein, es kam von hinten. Sie drehte sich wütend um. Jener verdammte Spivey war zurückgekommen…
Ein Gesicht im Rückfenster ließ Teresa japsen. Dann seufzte sie. Es war nur ihr unaufmerksamer Mitreisender, der Mann im Raumanzug, den Helm noch gegen die Scheibe gepreßt.
»Hm«, bemerkte sie. »Unser Gast sieht nicht so jämmerlich aus wie vorhin.« Tatsächlich strahlte die Miene hinter dem beschlagenen Visier ungeteilte Dankbarkeit aus. »Er muß gesehen haben, wie Nearpoint in Stücke gerissen wurde. Inzwischen befindet es sich vielleicht schon in der Atmo…«
Sie hielt jäh inne. »Jason!«
»Was?« Mark schaute vom Computer auf.
»Wo ist das obere Stück? Wo ist Farpoint?«
Teresa fummelte am Radarbild und stellte es auf höchste Reichweite für Autofrequenzabtastung. Fern von der Erde erwischte sie gerade noch ein großes Aufblitzen, das aus dem Rande des Bildschirms glitt.
»Süße Gaia… Schau aufs Doppier!« Randall starrte. »Es bewegt sich mit… mit…« Er sprach nicht zu Ende. Teresa konnte den Schirm ebenso gut ablesen wie er.
Die leuchtenden Buchstaben verweilten noch, als das flüchtige Signal verschwunden war. Sie brannten im Bild und in ihren Herzen.
Jason, dachte Teresa, unfähig zu begreifen oder damit fertig zu werden, was sie gesehen hatte. Ihre Stimme versagte; und als sie endlich redete, sagte sie
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