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Erde

Erde

Titel: Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Brin
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Kompromisse einzugehen, und sie, indem sie mit jedem Jahr verbissener wurde.
    Vielleicht hat sie mich nur geheiratet, um ihre Familie zu reizen. Dieser Gedanke war Logan nicht zum erstenmal gekommen. In Tulane hatte sie gesagt, daß er der einzige Junge wäre, der durch ihr Geld und ihren Namen völlig unbeeindruckt war – was nur zu gut stimmte. Schließlich besitzen Finanzleute nur Dinge, während eine geschulte Person mit einem Job, den sie liebt, viel, viel mehr hat.
    Wie eigenartig war es dann, als Daisy zwölf Jahre später ihm vorwarf, er sei ein ›Werkzeug stinkreicher Landverderber‹. Er hatte die ganze Zeit fest geglaubt, daß er bei dieser Abmachung fest auf ihrer Seite stünde, indem er lukrative Geschäfte aufgab zugunsten der Bekämpfung von Inkompetenz auf diesem Gebiet, indem er Regierungen und egoistische Planer zwang, mit grandiosen Vorhaben mehr als eine Dekade in die Zukunft zu schauen und mit der Natur zu arbeiten, anstatt immer gegen sie.
    Ja, er war auch motiviert gewesen durch ein Spiel von Geschicklichkeit und der Freude, reale, greifbare Rätsel zu lösen. War das ein Verrat? Kann ein Mann nicht mehrere Liebschaften zugleich haben – eine Frau, ein Kind und die Welt?
    Für Daisy konnte es offenbar nur eine Liebe geben. Die Welt. Und zu ihren Bedingungen.
    Der Wagen kam aus dem Wald und raste durch staubige Landzungen. Sonnenlicht traf die Ränder von Logans Sonnenbrille, während seine Gedanken frei schweiften. Die gezackten Lichtflecke unter seinen Lidern erinnerten ihn an einen Wellenpunkt auf einem Seismographen.
    Seltsame Wellen hatte sie der Professor von der Universität Cordoba genannt und schilderte begeistert die Häufung bizarrer Erdbeben in letzter Zeit. Zuerst hatte Logans Interesse sich nur auf die Abschätzung möglicher verborgener Schäden bei großen Strukturen wie Deichen beschränkt. Als er aber das Frequenzspektrum der Beben überblickte, sah er eine Besonderheit, die noch eigenartiger war als alle anderen.
    Scharfe Spitzen bei Wellenlängen von 59, 470, 3750 und 30000 Metern.
    Oktaven, erkannte Logan sofort. Achtfache Harmonische. Ich frage mich, was das bedeuten könnte.
    Dann war da das Geheimnis eines Bohrturms, der verschwunden war. Wassermineure, die eine Erkundungszisterne gruben, als die Beben zuschlugen, waren in Deckung gerannt, einige von ihnen taumelnd wegen Blendung, die bis zur Blindheit reichte. Als es vorbei war und sie schließlich wieder sehen konnten, starrten sie nur betroffen auf die Stelle, wo das Gerüst gestanden hatte. Da gab es nur ein Loch, als ob ein Riese vorbeigekommen wäre und alles ausgerissen hätte!
    Einschließlich Turm hatte die ganze Bohrung gerade 470 Meter erreicht.
    Natürlich könnte das ein Zufall gewesen sein. Aber selbst dann, was auf der Welt konnte seismische Energie verwandeln in…
    »Señor!« Der Fahrer unterbrach Logans lässiges Grübeln. Er stieß ihn mit dem Ellenbogen an und riß ein Auge auf. »Hm?«
    »Señor, Sie können jetzt die Bucht überschauen.«
    Logan setzte sich auf, rieb sich die Augen… und holte tief Luft. Alle Gedanken an Erdbeben und harmonische Mysterien entschwanden sofort. Er packte den Türrahmen und blickte über eine See, die die gleiche Farbe hatte wie die Augen von Daisy McClennon.
    Bei all ihrer Verrücktheit, ihrer Besessenheit und der Monomanie, die ihn schließlich aus ihrem Haus getrieben hatten – waren die Augen seiner früheren Frau immer noch das Ideal, an dem Logan alle Schönheiten maß. Inmitten der lauten Studentendemonstrationen, wo sie sich kennenlernten, hatte sie gedacht, es wäre ideologische Inbrunst, die ihn ihr Geld vergessen und statt dessen sie direkt anschauen ließen. Aber in Wirklichkeit waren es jene Augen gewesen.
    Gelähmt schaute er nicht einmal auf das Gezeitenkraftwerk, das ihr Ziel war. Er hatte jetzt nur Raum für das Meer. Das genügte, um seine Seele zu füllen.
    Das arme, gequälte Getriebe kreischte, als Enrique herunterschaltete und den rumpelnden Wagen auf die aquamarinblauen Wasser der Bucht von Biscaya zuschaukeln ließ.
    ¤
    Längs der Ufer des Jenissei-Flusses legten Einwanderer ihre neuen Farmen und Städte an. Das ist ein langer harter Prozeß, aber sie haben Hungersnot und Zerstörung ihrer Heimat erlebt – bedeckt von steigenden Wassern oder Flugsand. Sie blicken jetzt über endlose Wellen von wogendem Steppengras und geloben, sich anzupassen und alles zu tun, was zum Überleben notwendig ist.
    Umsiedlungsbeamte sagen ihnen: Nein, ihr

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