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Erde

Erde

Titel: Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Brin
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dürft das Tal da drüben nicht benutzen. Es ist für das Rentier reserviert.
    Nein, ihr dürft den Fluß an jener Stelle nicht anzapfen! Die Strömungsdaten müssen für ordentliche Sauerstofferzeugung erhalten bleiben.
    Ihr müßt eine dieser erprobten Konstruktionen für eure Häuser wählen. Ihr werdet darüber froh sein, wenn der arktische Winter kommt und ihr wünscht, daß die Wände noch dicker wären.
    Die Einwanderer starren auf weite Flächen schwitzender Tundra und zerquetschen hartnäckige Mücken und Moskitos. Sie finden es schwer, sich dieses in der Sonne brütende Gebiet bis zum Hals in tiefem Flugschnee vorzustellen. Bei dem Gedanken erschaudernd nicken sie ernsthaft und versuchen, sich an alles zu erinnern, was man ihnen gesagt hat. Froh, hier sein zu dürfen, danken sie ihren russischen und jakutischen Gastgebern und versprechen, gute Bürger zu sein.
    Die hochgewachsenen, gut genährten Russen lächeln. Sie sagen: Das ist gut. Seid freundlich zu dem Land! Schränkt eure Geburtenrate ein, wie ihr versprochen habt! Schickt eure Kinder zur Schule! Zuvor wart ihr Kurden, Bengalis, Brasilianer. Jetzt gehört ihr zum Volk des Nordens. Paßt euch an, und es wird euch gut behandeln.
    Die Flüchtlinge nicken. Und im Gedanken an alle jene, die zurückgeblieben sind und darauf warten, das Land der Möglichkeiten. So geloben sie noch einmal, ihre Sache gut zu machen.

 
• KRUSTE •
     
    »Gucken, die ganze Zeit gucken… glotzbrillige Philister. Sobald ich rauskomme, gehe ich nach Patagonien, klar? Da wächst die Jugend. Reiferes Volk wie wir, Cuzz. Und nicht so viele Tonnenplünderer… verfaulte alte Äppel, die sitzen und stinken und gaffen…«
    Remi stimmte Crats Urteil bei, als die drei nebeneinander einen Kiesweg durch den Park entlangschlenderten. Auch Roland drückte mit einem Stups an Crats Schulter Billigung aus. »Das ist Staccato-Code, Junge.«
    Was Crats plötzlichen Ausbruch bewirkt hatte, war der Anblick einer weiteren Babuschka, die sie unter einem gewaltsam gezüchteten schattigen Baum anstarrte, als Remi, Roland und Crat aus dem Abzugskanal, wo sie geraucht hatten, auf eine Graskante kletterten. In dem Moment, wo sie in Sicht kamen, legte die alte Frau sofort ihr Strickzeug weg und fixierte sie mit dem glotzäugigen undurchsichtigen Gaffen ihrer True-Vu-Linsen, als ob sie Freaks oder Aliens aus irgendeinem Weltraum-Seifenoper-Video wären, und nicht drei vollkommen normale Burschen, die sich bloß so herumtrieben und niemandem ein Leid taten.
    »Ich, ich!« winselte Remi sarkastisch. »Ist es mein Atem? Vielleicht riecht sie… Tabak!«
    »Kein Spaß, Kumpel«, entgegnete Roland. »Manche dieser neuen Glotzbrillen haben Schnuppersensoren. Und ich höre, daß die philiströse Lobby in Indianapolis sogar selbstgezogenen Tabak auf die Verbotsliste setzen will.«
    »Kein Mist? Tabak? Das haut mich um! Ich muß mich wirklich aus diesem Staat verdrücken.«
    »Hoch die Siedler, Remi?«
    »Hoch!«
    Das Glotzen wurde schlimmer, als sie näher kamen. Remi konnte natürlich nicht die Augen der Babuschka sehen. Ihre glänzenden True-Vu-Linsen mußten nicht unbedingt auf sie gerichtet sein, um eine gute Aufzeichnung zu erbringen. Aber sie streckte das Kinn vor und sah sie direkt an, um aggressiv anzudeuten, daß ihre Bilder in jeder Bewegung, die sie machten, in Echtzeit von hier in ihr Gerät zu Hause übertragen wurden.
    Warum müssen sie das tun? Remi empfand es wie eine Provokation. Bestimmt konnte niemand ihren Gesichtsausdruck mit zusammengepreßten Lippen als freundlich verstehen.
    Remi und seine Kumpels hatten ihrem lokalen Gruppenaufseher versprochen, nicht die Fassung zu verlieren mit ›Seniorbürgern auf selbsternannter Nachbarbeobachtung‹. Remi gab sich wirklich Mühe. Es ist bloß eine weitere Philistreuse. Ignoriere sie!
    Aber es gab so viele schleimige Pharisäer! Laut Netzcensus war jeder fünfte Amerikaner jetzt über 65. Und in Bloomington schien es noch viel schlimmer zu sein, als ob alte Leute eine herrschende Majorität bildeten, die jeden schattigen Winkel mit ihren elektronischen Sonnenhüten und Glotzbrillen an den Pranger brachten, indem sie von Veranden, Bänken und Gartenstühlen aus lauerten.
    Es war Crat, dessen Zurückhaltung platzte, als sie sich dieser unheilvollen Inspektion näherten. Er leistete sich plötzlich einen Schabernack. »He, Oma!« Dann verbeugte er sich mit prahlerischer Höflichkeit. »Warum zeichnen Sie dies nicht auf?« Roland kicherte, als Crat

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