Erde
dessen gewahr, was er tat, hinkte Nelson vorwärts. Er fühlte, wie ihm Augen folgten, als er die Arme hob.
»He du!« rief er. »Ich bin wieder da. Komm herunter…«
Er brauchte das nicht zu wiederholen. Die Affenmutter packte ihr Baby, sprang von der unglückseligen Schanze herunter und landete in seinen Armen als ein festes Bündel von hagerem braunen Fell, das sich an seine ohnehin blutenden Schultern klammerte. Nelson trat schnell beiseite, völlig resigniert, daß es jetzt keine Möglichkeit gab, die Luftschleuse rechtzeitig zu erreichen. Ganz bestimmt, als er hinter sich eine Schar Paviane sah, die schnell näher kam. Zu den ursprünglichen Verfolgern hatten sich einige noch wütendere Affen gesellt, mindestens zwei davon große Männchen mit roten Gesichtern, die alle kreischend in seine Richtung rannten.
Nelson versuchte gar nicht erst, weiterzulaufen. Er wandte sich um und suchte auf dem Boden nach irgend etwas, bis sein Blick auf einen weißen Stab fiel.
Sein Dungsammler.
Nelson griff ihn auf und konnte gerade noch rechtzeitig einen springenden Pavian auf die Schnauze dreschen. Die Kreatur kreischte und taumelte winselnd davon.
Die Weibchen zerstreuten sich nach allen Seiten. Dunkle Augen starrten ihn durch das hohe Gras an.
Keuchend und überrascht zwinkernd wunderte sich Nelson. Was war das? He, vielleicht kommt es nur auf den richtigen Bluff an!
Dann sah er, warum die Weibchen so leicht aufgegeben hatten. Sie rückten zur Seite, um für eine neue Streitmacht Platz zu machen.
Mit tiefem wütenden Gebrüll kamen der Patriarch und sein Gefolge an. Neun große Männchen schritten mit voll geblähten Mähnen in geduldiger Gewißheit auf ihn und seine entsetzte, matte Schutzbefohlene zu. Ihr Gang war zuversichtlich, aber Speichelflocken tropften von ihren gefletschten Lippen. Nelson las in ihren Augen und erkannte sie als Killer.
Und dennoch hatte er in diesem gleichen verhaltenen Moment Zeit, etwas zu fühlen, das er sich zuvor nie vorgestellt hatte… eine seltsame, kristallene Ruhe. Als ob all dies irgendwie vertraut wäre. Als ob er früher schon oft an dieser Stelle und in dieser Bedrängnis gewesen wäre.
Wir sind alle einmal so gewesen, erkannte er und fühlte das Gewicht seiner improvisierten Keule. Weiße, Schwarze, Gelbe… Männer, Frauen… alle unsere Vorfahren haben dies vor langer Zeit erlebt…
Damals, als Afrika jung war…
Menschliche Wesen hatten die Welt verändert, zum Guten und Bösen. Würden ihre Anstrengungen jetzt das retten, was übriggeblieben war? Nelson konnte nicht mit Vermutungen darüber anfangen.
Alles, was er sicher wußte, war, daß er sich zum erstenmal Sorgen machte.
Nelson und die kleine Mutter bildeten eine Gemeinschaft im Augenkontakt eines Moments. Sie ließ ihr Baby auf der Schulter angeklammert und glitt hinab, um neben seinem linken Knie zu stehen und seine Flanke zu schützen.
Die Meute wurde langsam und bildete einen Kreis. Der Bulle schüttelte den Kopf, als ob er in Nelsons Haltung und Augen etwas anderes lesen würde. Aber Nelson merkte gleich, daß er nur einen Teil davon sah.
Wir Menschen haben fast die ganze Welt ruiniert. Vielleicht können Menschen sie noch retten…
Laß dich nicht mit Kerlen ein, die solchen Mist bauen können!
»Okay, es steht neun gegen zwei«, sagte er und hob seine rohe Keule. Er genoß ihr Vertrauen erweckendes Gewicht in seiner linken Hand.
»Das klingt ziemlich richtig.«
Als sie schließlich angriffen, war Nelson für sie bereit.
• LITHOSPHÄRE •
Der klappernde Lastwagen stank gen Himmel.
Es waren nicht gerade die Ausdünstungen seines Gasolinmotors – Logan Eng war es gewohnt, in Konstruktionen hoher Priorität zu fahren. Aromatische Stoffe hoher Oktanzahl waren ihm ebenso vertraut, wie der Staub zahlloser Wüsten oder der metallische Mief von Schmieröl und Bohrschlamm. Sogar der Schweißgestank der zerrissenen Polsterung sprach deutlich von anständiger Arbeit.
Aber zu alledem kam, daß Logans Fahrer tabaksüchtig war. Noch schlimmer – er nahm sein Nikotin nicht in Pillenform oder durch Spray auf. Nein, Enrique Vasquez rauchte in Papier gewickelte Bündel von in Streifen geschnittenem Kraut und inhalierte die rußigen Dämpfe mit tiefen Seufzern der Befriedigung.
Logan beäugte mit widerwilliger Faszination die Aschenglut, die ständig vom Ende der Zigarette Enriques zu fallen drohte. Bisher hatte bei dieser Schleichfahrt durch zerklüftete baskische Landschaft dieses spannende Stück
Weitere Kostenlose Bücher