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Erde

Erde

Titel: Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Brin
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Labor teilten. Zwischen den Stahlstäben wedelte ein grauer Tentakel, um die Frucht zu ergreifen.
    »Nein! Nicht, bis du höflich darum bittest.«
    An ihrem Pult in der Nähe seufzte eine schwarze junge Frau. »Jen, würdest du aufhören, die arme Kreatur zu reizen?« Pauline Cockerel schüttelte den Kopf. »Du weißt, daß Baby dich nicht verstehen wird, sofern du die Worte nicht durch Zeichen begleitest.«
    »Unsinn! Sie versteht genau. Paß auf!«
    Das Tier stieß enttäuscht einen quäkenden Trompetenstoß aus. Dann beruhigte es sich und rollte den Rüssel um ein Gestrüpp aus verfilztem Haar, das ihm tief unter die Augen hing.
    »Das ist ein braves Mädchen«, sagte Jen und warf ihr den Apfel zu. Baby fing ihn geschickt auf und zerkaute ihn glücklich.
    Die jüngere Frau schnaufte: »Reine Aktionskonditionierung. Hat nichts mit Intelligenz oder Erkenntnisvermögen zu tun.«
    Jen entgegnete: »Erkenntnisvermögen ist nicht alles. Zum Beispiel muß Höflichkeit in einem tieferen Niveau verankert werden. Es ist gut, daß ich hierhergekommen bin. Sie würde sonst verdorben werden.«
    »Hm – wenn du mich fragst, so bist du gerade dabei, eine neue Runde von PNS auszuhecken.«
    »PNS?«
    »Post-Nobel-Syndrom«, erklärte Pauline.
    »Immer noch?« fauchte Jen. »Nach all diesen Jahren?«
    »Warum nicht? Wer sagt, daß man sich davon je erholt?«
    »Du hörst dich an, als sei es eine Krankheit.«
    »Das ist es auch. Schau auf die Geschichte der Wissenschaften! Die meisten Preisträger werden entweder zu sturen Verfechtern des Status quo – wie Hayes und Kalumba – oder zu Bilderstürmern wie du, die unbedingt Steine auf heilige Kühe werfen wollen…«
    »Eine gemischte Metapher«, erklärte Jen.
    »…und über Details meckern und sich selbst zur Last fallen.«
    »Bin ich mir schon einmal lästig gefallen?« fragte Jen arglos.
    Pauline richtete die Augen gen Himmel. »Du meinst, außer daß du willkürlich unangemeldet hierherkommst und dich in Babys Training einmischst?«
    »Ja. Das auch.«
    Seufzend zog Pauline eine Datentafel aus einem Haufen breiter, oblatendünner Lesegeräte. Diese war auf die letzte Nummer von Nature eingestellt… eine Seite im Korrespondenzteil.
    »Ach das«, bemerkte Jen. Sie war in die hermetische, klimatisierte Pyramide der Arche London gekommen, um der Flut von telephonischen und Netzanrufen zu entgehen, die sich in ihrem Labor aufhäuften. Unvermeidlicherweise wäre einer davon vom Direktor von St. Thomas mit einer Einladung zu einem behaglichen Frühstück mit Blick auf den Fluß, wo er wieder einmal andeuten würde, daß eine emeritierte Professorin in den Neunzigern wirklich mehr Zeit auf dem Lande verbringen und zusehen sollte, wie die ultravioletten Strahlen den Rhododendren drollige Purpurtöne verliehen, anstatt sich rund um den Globus herumzutreiben und die Nase in die Angelegenheiten anderer Forscher zu stecken und sich über Dinge zu äußern, die sie gar nichts angingen.
    Hätte jemand anders gesprochen als sie bei der Weltozonkonferenz letzte Woche in Patagonien, wären sie heimgekehrt zu mehr Briefen und Anrufen. Bei dem heutigen politischen Klima wäre die sanfteste Folge eine erzwungene Pensionierung gewesen. Ade, Labor in der City! Ade, großzügige Gutachten und Reisebewilligungen!
    Diese kleine schwedische Medaille hatte gewiß auch ihre angenehmen Seiten. Als Laureat(in) wurde man gleichsam etwas wie jener sagenhafte Neunhundertpfundgorilla, der überall schlief, wo er Lust hatte. Jen fand den Vergleich entzückend, als sie ihr hageres, drahtiges Spiegelbild im Laborfenster betrachtete.
    Sie erklärte: »Ich habe nur darauf hingewiesen, was jeder Narr sehen sollte. Daß nichts dadurch erreicht wird, wenn man Milliarden ausgibt, um künstliches Ozon in die Stratosphäre zu blasen. Jetzt, da gierige Idioten aufgehört haben, Chlorverbindungen in die Luft zu spucken, wird sich die Lage bald von selbst korrigieren.«
    »Bald?« Pauline war ungläubig. »Dekaden sollen bald die Ozonschicht wieder herstellen? Erzähle das den Farmern, die ihr Vieh mit Augenschützern gesundhalten müssen!«
    »Sie sollten überhaupt kein Fleisch essen«, brummte Jen.
    »Die UN liefern Hüte und Sonnenbrillen an jedermann. Außerdem beseitigt eine Creme, die nur wenige Pfennige kostet, krebsbegünstigende…«
    »Und was ist mit wilden Tieren? Paviane der Savanne hatten es gut. Ihr Habitat wurde gerade vor zehn Jahren als sicher erklärt. Jetzt erblinden viele, und sie müssen schließlich

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