Erdenrund: Hartmut und ich auf Weltreise (German Edition)
ab. Danach noch die ihres Kitzes. »Alles ganz normal, mein Mädchen. Du bist eine Gute.«
Langsam dämmert es. Mir wird bewusst, dass Annika und ihre Erwachsenen die letzten Besucher waren, die hier vorbeikamen.
»So, jetzt sollten wir mal langsam in den Stall umsiedeln. Na, komm Susi. Du kannst bestimmt ein paar Schritte gehen.«
Susi sieht das anders. Sie bewegt sich kein Stückchen und schaut mich mit ihren waagerechten Pupillen an.
Der Pfleger zeigt auf den Stall. »Seien Sie doch so lieb, gehen Sie mal da rein und rufen Sie die Susi von drinnen. Sie will Sie schließlich unbedingt dabeihaben.«
Ich mache, was der große weiße Bart sagt. Er hat recht: Die Ziege kommt sofort in den Stall, als ich sie rufe. Hier ist deutlich mehr Platz. Und es ist frisch eingestreut.
»Ich bin übrigens der Heinz.«
»Caterina.«
»Weiß ich schon.«
»Hm.«
Wir geben uns die Hand. Heinz geht um die Ecke und holt einen Heuballen. »Eine Weile kann das noch dauern. Hier kannst du dich solange setzen.«
»Und du?«
»Ich arbeite derweil hier in der Scheune. Du bleibst ja bei der Susi.«
Ich setze mich auf den Ballen, und Susi kommt zu mir. Sie presst sich mit ihrem ganzen schweren Leib an mich, beugt ihren Hals und legt ihren Kopf auf meine Schulter. Erst jetzt fällt mir der strenge Ziegengeruch auf. Er war sicher die ganze Zeit schon da, aber ich war wohl zu aufgeregt, um ihn zu bemerken. Aber es macht mir nichts. Sorgfältig streichle ich Susis Bauch. Sie stöhnt und presst Körper und Kopf so stark an mich, dass ich mit aller Kraft dagegenhalten muss, um nicht vom Heuballen zu fallen. Im nächsten Moment knickt sie in den Hinterläufen ein. Ich gleite mit ihr auf den Boden, damit sie ihren Kopf weiter auf mich pressen kann. Sie stöhnt, aber sonst kommt kein Laut mehr über ihre weichen Lippen.
Der Bauch zieht sich zusammen. Bleibt einen Moment so. Lockert sich wieder.
Langsam werde ich nervös.
»Heinz?!«
So lange kann das hier nicht mehr dauern.
Der Bauch zieht sich erneut zusammen, und das Tier drückt sich an meinen Körper. Ich werde morgen überall blaue Flecken haben. In einem leisen Dauerbrummton rede ich auf Susi ein. Heinz scheint nach draußen gegangen zu sein. So groß ist die Scheune nicht, dass er meinen Ruf überhört haben könnte.
Wieder zieht sich der Bauch gewaltig zusammen. Dieses Mal bleibt er lange so. Susi spannt ihren ganzen Körper an. Die eingeknickten Hinterläufe driften noch ein bisschen mehr auseinander, und der kurze Schwanz knickt vollständig zur Seite ab. Trotz meiner Position kann ich zwei eng zusammenliegende Beinchen und die Nasenspitze eines winzigen schwarzen Köpfchens in einer halbdurchsichtigen festen Hülle aus Susi herausragen sehen.
Es passiert!
Und es macht etwas mit mir. Hinter meinen Augen klopfen Tränen an. Ich drohe ihnen, und sie ziehen sich zurück. Ich muss jetzt bei der Sache bleiben. Susi kann noch mal lockerlassen, doch kurz danach verkrampft sich wieder der gesamte Körper. Ein Bündel schwarzweißer Flecken in graudurchsichtiger Hülle liegt nun hinter der Ziege. Und kein Heinz weit und breit.
Susi versucht, sich umzudrehen und aufzustehen, aber es klappt nicht. Sie hebt ihren Kopf, sieht mich an und dreht ihn dann, so weit es ihr möglich ist, nach hinten.
»Ist okay«, beruhige ich sie, »ich sehe nach deinem Kind. Ganz ruhig.«
Auf allen vieren krieche ich durch das von erstaunlich viel Flüssigkeit getränkte Stroh zu dem Bündel. Die graudurchsichtige Hülle sieht sehr fest aus. Ist sie vollständig geschlossen? Das Bündel regt sich nicht. Panik steigt in mir hoch. Ich bin nicht vorbereitet.
»Oh Gott, oh Gott, oh Gott, was mache ich denn jetzt nur? Heinz?!«
Ich warte nicht auf Antwort. Meine Hände ertasten die glitschige Hülle. Was tue ich hier? Ich hocke am Donnerstag in einem Stall in den Schweizer Bergen, während der Tierpfleger verschwunden ist, und muss eine Fruchtblase öffnen. Was sonst hätte ich von meiner Reise erwarten können?
Ich konzentriere mich. Sammle die Gedanken. Eine Freundin musste mal bei der Niederkunft ihres Pferdes die Fruchthülle zerreißen. Sie sagte, das Ding sei richtig zäh gewesen, aber irgendwie habe sie es geschafft. Eines ist klar: Die Fruchtblase muss hier und jetzt geöffnet werden. Ich denke an meine Freundin, packe die geleeartige Haut und stelle fest, dass sie tatsächlich zäh ist. Ich grabe meine Nägel ein und zerre daran.
Sie reißt auf. Ein Schwall Fruchtwasser ergießt sich über
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