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Erdenrund: Hartmut und ich auf Weltreise (German Edition)

Erdenrund: Hartmut und ich auf Weltreise (German Edition)

Titel: Erdenrund: Hartmut und ich auf Weltreise (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Uschmann , Sylvia Witt
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Eurodance ab, obwohl ihn nicht einmal jemand dafür bezahlt. Ich müsste eigentlich zu ihm, aber ich will warten, ob womöglich sofort Antwort kommt. Das ist nie so, und ich weiß das, aber trotzdem drücke ich bereits auf »Senden & Empfangen«, als meine Post gerade mal dreißig Sekunden raus ist. Das werde ich jetzt mindestens noch hundertmal in der nächsten Stunde tun. Der Hebel ist weiterhin auf »nicht o.k« gestellt, und ich bin noch nicht wieder in der Welt. Ich kann nicht spielen, nicht aufräumen, nicht duschen oder meine Nägel schneiden. Nicht mal eine Pizza habe ich verdient, und ich habe auch keine Ahnung, welche heute dran wäre. Ich schalte den Fernseher ein. Demonstrationen auf N24. Demonstrationen auf NTV. Sogar Demonstrationen auf RTL.
    »Am heutigen Tage veranstaltet die in Köln gestartete Volksbewegung Gegen alles! Massenproteste in sage und schreibe dreiundzwanzig Städten. Während die Ereignisse am Geburtsort ihres Geschehens immer noch von Schlagersänger Rick Muller angeführt werden, haben sich in München der Kabarettist Wilfried Angler und in Berlin die jungen Rockmusiker der Band Fitnessverein den Märschen angeschlossen.« Yannick tatscht mit der Pfote nach den Demonstranten. Ein Moderator fragt einen Experten: »Organisationen wie Attac mühen sich jahrelang ab, aber die aus einer Bierlaune heraus gegründete Bewegung Gegen alles! entzündet in nur wenigen Tagen einen Flächenbrand. Warum?« Der Experte erwidert: »Sie haben das Stichwort gerade schon gesagt: Bierlaune. Diese Bewegung ist eben keine Kopfgeburt eines Intellektuellen, sondern ein feuchtfröhliches Ergebnis vom Stammtisch. Aber: getrieben von dem Gefühl, verraten und verkauft worden zu sein. Jeder kann sich damit identifizieren.«
    Sie zeigen die Kneipe, in der diese Bewegung angefangen hat, von der ich erst jetzt etwas mitbekomme, weil ich keine Nachrichten gucke und stattdessen für Lügengeschichten recherchiere. Die Wirtschaft kommt mir bekannt vor. »Yannick!«, sage ich, »das ist das Haus von Susannes Mutter!«
    Der Kater sieht mich an, springt vom Bett und stellt sich vor den Napf, als führe diese Erkenntnis notwendigerweise zum Auffüllen des Troges. Ich öffne eine Dose, als es an der Tür klopft.
    »Mach auf, du Stuffpumpen!«
    Martin. Die Spätschicht bei UPS ist vorüber. Ich öffne die Tür.
    »Heute kommst du aber mit!«, befiehlt er. »Heute spielen die Pestpocken und Zwangsentsamung!«
    »Martin …«
    »Ja, was ist denn los mit dir? Heilige Kuh! Ist das eine Badewanne aus Gusseisen? In dem kleinen Zimmer?« Martin tapst um die Wanne herum und beugt sich nach unten, als ob er dort einen geheimen Zulauf finden könnte.
    »Martin …«
    Er schwingt seinen Bodybuilder-Körper wieder hinter dem Gusseisen hervor, macht eine flotte Drehung und beugt sich über meinen Laptop. »Warte, ich zeig dir schnell ein Live-Video von Zwangsentsamung. Wenn du das gesehen hast, gehst du sofort mit.« Er hält inne. Auf dem Bildschirm flimmert immer noch meine Mail an Caterina. Er liest.
    »Weg da!«
    Er liest weiter, ganz ruhig. Er weiß sowieso, dass ich ihn nicht überwältigt kriege. Sein Kreuz ist nach den Jahren als bester UPS-Packer eine pyrenäische Hügellandschaft aus Muskeln geworden.
    »Daher weht der Wind«, sagt er, »Ärger mit der Perle.«
    »Jetzt lies nicht meine Post!«
    Es hat keinen Zweck. Er ist schon durch. Luft pumpt seinen Brustkorb auf Kleinwagengröße auf. Er schüttelt den Kopf. »Das ist nicht dein Ernst, oder?«
    »Ja, ich weiß, ich bin nicht in Los Angeles.«
    »Das meine ich nicht, was weiß ich, was du da für Schwindeleien erzählst und warum. Ein Kerl kann schwindeln, so viel er will, solange es einem guten Zweck dient. Aber der Schluss … Alter, was ist das denn für ’ne laffe Scheiße: Wenn Du möchtest, dass ich nach Hause komme, fliege ich los? Mit so einem Wimpernkönig arbeite ich zusammen am Band?«
    »Was ist denn daran jetzt falsch?«
    Martin reißt den Arm hoch. Yannick, der sich ihm nach einer Weile der Beobachtung gerade das erste Mal auf der Schreibtischplatte nähern wollte, wirft sein unsichtbares Jetpack an und hebt rückwärts ab.
    »Entweder du fliegst heim oder du fliegst nicht heim!« Er lässt seine Augen durch die kleine Hochhausbox sausen, in der wir uns befinden, weit weg von L. A. »Also, symbolisch jetzt. Du fliegst oder du fliegst nicht zu deiner Frau, aber du gehst doch nicht hin …« – Martin geht ein wenig in die Kniebeuge und patscht sich

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