Erdenrund: Hartmut und ich auf Weltreise (German Edition)
so … es gibt da noch was …«
Oh, mein Gott – der ordentliche Messie. Jetzt will er es sagen. Ich müsste eingreifen, aber ich habe keine Lust. Soll er doch damit rausrücken. Je eher, desto besser.
»Ich weiß nicht, ob Sie es schon gehört haben, aber es soll einen Ausbau der Neusser Straße geben, dem auch dieses Haus zum Opfer fallen könnte. Das hier ist die Einladung zur Gründung einer Bürgerinitiative dagegen. Wollen Sie nicht auch kommen? Ich meine, es betrifft ja auch Sie.«
»Wir wissen schon Bescheid«, sage ich und bin merkwürdig erleichtert, dass er sein Hobby nicht erwähnt hat.
»Stimmt. Am Stammtisch im ›Kölsche Klüngel‹ haben sie gestern darüber gesprochen. Die wollen auch was dagegen unternehmen. Wo soll die Gründung denn stattfinden?« Meine Mutter macht alle Küchenschränke auf und schaut sorgfältig hinein. Sie wiegt den Kopf hin und her und schüttelt ihn zwischendurch. Ihr innerer Monolog läuft vollkommen parallel zum Gespräch mit Udo, der gar nicht so skurril wie sein Hobby wirkt. »Susanne, wenn du nachher wieder hochkommst, bring doch bitte den großen Übertopf aus der Waschküche mit, die Vasen sind alle zu klein für diesen wundervollen Strauß.« Sie schaut Udo so glücklich lächelnd an, als hätte sie dazu noch eine Liebeserklärung von Viggo Mortensen bekommen.
»In meiner Wohnung. Mehr als zehn Leute erwarte ich nicht.«
»Schon klar. Wenn der Stammtisch dazukommt, platzt die Wohnung aus allen Nähten. Wir machen das unten im ›Kölsche Klüngel‹. Dann kriegen auch wenigstens alle das zu trinken, was sie mögen, ohne dass Sie viele Kästen schleppen müssen.«
Udo schnappt kurz nach Luft. Meine Mutter merkt es nicht, aber ich sehe es ganz deutlich. Er atmet wieder aus, als er weder eine Anspielung auf seine Spülwasserkästen noch Spott heraushören kann. Will er sich erst beliebt machen, ehe er erzählt, dass die Öffnungsgenehmigung der Kneipe meiner Mutter nun auf altes Spülwasser gebaut ist?
Ich gehe leise mit dem Abfall raus und werde einfach das tun, was meine Mutter gesagt hat. Et kütt wie et kütt, und ich mische mich nicht ein.
»Und den Stand baut ihr auf und ab, oder wie?«
…
»Meine Brauerei? Nee, das kannst du vergessen, die machen das nicht. Da muss ich sogar die Bierdeckel kaufen.«
…
»Ja, haha, dafür ist das Kölsch aber besser!«
…
»Nee, das ist ja nur eine Minibrauerei. Lass mal.«
…
»Ja, nee, ist klar. Also gut, Mattes. Ich überlege es mir und ruf dich die Woche an. Ja? Tschüs!«
»Wieso schreist du denn so am Telefon?« Ich sehe meine Mutter erstaunt an. Im Geschäftsleben schreit sie nicht. Der Blumenstrauß von Udo steht nun im Übertopf, den ich als folgsame Tochter aus der Waschküche mit hochgebracht habe.
»Auf der Rennbahn ist Flohmarkt. Da musste ich ein bisschen lauter reden, damit mich der Mattes auch hört.« Sie setzt sich auf einen Küchenstuhl, nimmt sich einen kleinen Schmierzettel aus zerrissenen Fehldrucken und beginnt Zahlenkolonnen daraufzuschreiben. Das sind die Zettel, auf denen sie alles notiert, was sie mir sagen und was sie einkaufen will. Darauf Berechnungen anzustellen ist neu.
»Was machst du da?« Ich setze mich auf den Küchenstuhl gegenüber.
»Rechnen.«
»Das sehe ich.«
Meine Mutter hebt den Kopf. »Du interessierst dich doch sonst nicht für das Geschäft.«
»Wieso gehst du nicht an deinen Schreibtisch und an deinen Computer? Wieso nimmst du dir einen winzigen Einkaufszettel, um Geschäftliches zu kalkulieren?«
»Ich will dich nicht stören.«
»Mich stören? Ich sitze doch hier. Oder nicht?«
»Aber das ist jetzt wieder dein Zimmer, und da gehe ich doch nicht einfach so ungefragt rein.«
»Mutter!«
»Ach, das ist doch nur eine kleine Berechnung, Liebes, die kann ich doch auch flott hier machen.«
»Und was für eine Berechnung ist das genau?«
Meine Mutter legt den Stift weg und lehnt sich zurück.
»Mattes will Ende April ein großes Fest organisieren. Auf dem Rennbahngelände. Er fragt jetzt die wichtigsten Wirte in Weidenpesch, ob sie Stände machen wollen. Wir sollen sie so dekorieren, als wären sie Filialen unserer Kneipen, und unsere Getränke und kleine Speisen abieten. Und drum herum präsentieren sich noch andere Geschäfte aus Weidenpesch.«
»Das klingt doch gut. Ein Stadtteilfest. Und, bist du interessiert?«
»Ja. Ich habe mir gerade schon gedacht, dass du dann die Dekoration für den Stand übernehmen könntest, und wenn du schon dabei
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