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Erdenrund: Hartmut und ich auf Weltreise (German Edition)

Erdenrund: Hartmut und ich auf Weltreise (German Edition)

Titel: Erdenrund: Hartmut und ich auf Weltreise (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Uschmann , Sylvia Witt
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das »r« vergessen habe. Ich brauche Rollmöpse. Auf Brötchen.
    Ich sehe in den Brotschrank und finde in einer Plastiktüte eine halbe Scheibe Graubrot, das sich an den Ecken hochbiegt, und ein kleines Glas mit Rollmöpsen.
    Rick hat gestern Abend so lange auf mich eingeredet, bis ich seine Einladung zu einem Kölsch annahm. Aber es war garantiert das einzige Glas. Ich überlege und gehe jede einzelne Szene durch. Es kann nur ein Kölsch gewesen sein.
    Da. Es ist wieder passiert. Ich kann mich nicht erinnern. Jetzt wird es langsam unangenehm. Nachdenken!
    Meine Kleidung lag genauso da, wie ich sie immer hinlege. Das falsch eingesteckte Lesezeichen in meinem Buch … Zweifellos bin ich nüchtern genug nach oben gegangen, um mich bettfertig zu machen und noch eine halbe Stunde zu lesen. Aber ist »nüchtern genug« so nüchtern, dass ein Kater auszuschließen ist?
    Ich brauche Rollmopsbrötchen.

    Als ich die Wohnungstür öffne, um mir die Brötchen für meine Rollmöpse zu besorgen, steht ein muskulöser Mann Mitte dreißig vor mir. Seine Hand schwebt einen Zentimeter vor der Klingel.
    »Ach, guten Tag, Fräulein Lehmann. Kann ich mal eben mit Ihrer Mutter ein paar Worte wechseln?«
    »Ist nicht da.«
    Fräulein Lehmann? Hat der die Emanzipation verschlafen? Unglaublich, Frau wird doch nicht zur Frau, nur weil sie verheiratet ist. Ich bin längst aus der Pubertät raus und habe bereits eine Tochter in meinem Leib verloren. Wie viel Frau muss ich denn noch werden, um als solche angesprochen zu werden?
    »Ja, dann sagen Sie ihr doch bitte, dass ich hier war. Die Stadt will nämlich unser Häuschen abreißen, um die Straße auszubauen.«
    »Ich weiß, Herr Kau«, sage ich und sehe, dass er Ringe unter den Augen hat. Zwei Jahre dauerte die Renovierung, nachdem er das Haus gekauft hatte. Aber es hat sich gelohnt. Sogar meine Mutter ist voll des Lobes über das, was Herr Kau alles hat verschönern und modernisieren lassen, obwohl es nicht leicht für sie war, als sie jeden Morgen von Arbeitern geweckt wurde, die ihr Pantoffelstakkato nicht hörten.
    »Ich habe so viel Energie hier reingesteckt«, murmelt er und lässt endlich seinen Arm sinken.
    »Was ist denn mit dem Denkmalschutz? Im ›Kölsche Klüngel‹ gab es gestern eine kleine Versammlung zu dem Bauvorhaben …«
    »Was, wirklich? Das ist ja toll!«
    »Ja, und meine Mutter hat daran erinnert, dass das Haus unter Denkmalschutz steht.«
    »Das ist richtig, aber Sie wissen doch, wie das ist – wenn die da oben etwas beschließen, hat man dagegen keine Chance. Dann wird eben der Umweltschutz, der Arbeitsschutz oder auch mal der Denkmalschutz kurzerhand aufgehoben. Alles unter dem Deckmäntelchen des Interesses der Allgemeinheit.« Seine Augenbrauen werden zu einem einzigen Strich, der fast über seine Augen hinabsinkt wie ein schwarzer Unkenntlichkeitsbalken aus Haaren.
    »Gehen Sie doch einfach erst mal zur nächsten Versammlung. Das ist ja auch wichtig, dass Sie dabei sind!« Ich mache einen Schritt aus der Tür, dränge Herrn Kau dabei ein Stück zurück ins Treppenhaus und ziehe die Wohnungstür hinter mir zu. »Ich muss Brötchen holen«, sage ich so entschuldigend, als wäre damit schon der Abriss des Hauses beschlossene Sache. Dabei drehe ich mich zur Treppe und sehe auf dem Zwischenabsatz einen Kasten voller mit hellbrauner Brühe gefüllter Wasserflaschen. Der Zwischenabsatz gehört noch zur Wohnung meiner Mutter, da von dort ein winziges Gäste-WC und eine nur unwesentlich größere Waschküche abgehen. Diese Wasserflaschen gehören aber eindeutig nicht meiner Mutter.
    Herr Kau bemerkt meinen Blick, und es scheint, als würden durch die Anstrengung, den Augenbrauenbalken wieder hochschnellen zu lassen, seine Wangen zart erröten. Als Ausdauer-Renovierer sollte er größere Anstrengungen gewöhnt sein.
    Ich gehe die Treppe runter und betrachte den Kasten aus der Nähe. In den Flaschen befindet sich ohne Zweifel bis zum obersten Anschlag flüssiger Abfall. Dreckiges, ekliges Schmutzwasser. Ich schaue Herrn Kau an. Er weiß etwas darüber.
    »Jaaaa, also, der neue Mieter über Ihrer Mutter … Der hat einen klitzekleinen Sammeltick. Man muss das jetzt nicht überbewerten. Jeder hat ja so sein Hobby, nicht wahr? Also, das ist ja alles ganz harmlos. Und gut verpackt. Ganz hygienisch. Da kommt kein Geruch raus. Das ist alles ganz sicher. Und sehen Sie mal hier – da stehen die Wochen und das Jahr drauf. Ganz ordentlich sortiert.«
    »Ordentlich sortierter

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