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Erdenrund: Hartmut und ich auf Weltreise (German Edition)

Erdenrund: Hartmut und ich auf Weltreise (German Edition)

Titel: Erdenrund: Hartmut und ich auf Weltreise (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Uschmann , Sylvia Witt
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Eierlikör. Von Verpoorten.
    »Du liest Utta Danella und trinkst dabei Eierlikör? Ernsthaft?« Gleich pruste ich los. Höflich ist das nicht. Eines der kleinen Gläser hat einen gelben Boden. Ein eingetrockneter Rest Likör. Ich sage: »So was machen alte Tanten!«
    Alejandro lässt seine Augenbrauen wieder aufeinander zu wandern, zeigt auf die Pläne und sagt: »Ich wollte das Dachgeschoss schon lange ausbauen, aber so viel Platz brauche ich ja nicht, und den Gedanken an einen wildfremden Mieter im Haus fand ich unerträglich.« Er dreht sich zu mir um. Seine Augenbrauen entspannen sich erneut. »Aber wenn du dort einziehen würdest, wäre das durchaus angenehm.«
    »Aha, du brauchst also eine einigermaßen angenehme Mieterin«, sage ich mit einem provozierenden Blick.
    »Ja, genau.« Seine Augen blitzen vergnügt.
    »Zum Beispiel eine, die sich nicht über deinen Buchgeschmack lustig macht. Oder deine Trinkgewohnheiten.«
    »Ich bin froh, wenn du Spaß hast«, sagt Alejandro.
    »Was hast du denn so zu bieten?«, frage ich. »Wie sieht die Energiebilanz der Wohnung aus? Ist die Gartennutzung inbegriffen? Wie oft dürfte ich Feiern ausrichten? Ist DSL inklusive? Und das Wichtigste – wie hoch sind die Kosten? Die Miete, die Nebenkosten, die Kaution?«
    Alejandro lacht und setzt dann eine anzügliche Miene auf. »Über die Kosten werden wir uns schon einig, Señorita«, sagt er mit einem starken spanischen Akzent.
    Ich grinse und sage: »Jetzt mal im Ernst: Das ist doch riesig da oben. Du könntest ein gutes Geschäft machen, wenn du ernsthaft vermieten würdest.«
    »Ich brauche keine guten Geschäfte mit der Aufgabe meiner Privatsphäre zu machen.«
    Das stimmt. In Alejandros Clan gibt es den Brauch, den volljährigen Sprösslingen ein üppiges Startgeld in die Hand zu drücken und zu erwarten, dass sie etwas daraus machen. Es gibt dabei nur eine einzige Bedingung: Wenn sie versagen, sind sie auf sich gestellt.
    Tante Elena schätzte diesen Brauch, wandelte ihn aber ab. Sie gab ihrem Neffen zu seinem zehnten Geburtstag 500 DM, die er bis zu seinem elften Geburtstag investieren und so gut wie möglich vermehren sollte. Würde er ohne Gewinn, aber auch ohne Verlust aus dem Jahr herauskommen, bekäme er im nächsten die gleiche Summe für weitere Bemühungen. Jeder noch so kleine Verlust aber würde zu 50Prozent Einbußen seines normalen Taschengeldes im gesamten folgenden Lebensjahr führen, ein Gewinn dagegen mit einer Verdopplung der gewonnen Summe belohnt, die im nächsten Jahr zusammen mit weiteren 500 DM investiert werden müsste.
    »Es gibt aber keinen Balkon«, sage ich herausfordernd.
    »Du willst einen Balkon? Dann lasse ich dir einen Balkon anbauen. Oder direkt eine große Terrasse?«
    Mini-Alejandro überlegte zwei Monate, was er machen sollte. Erst wollte er unbedingt einen der damals ganz neuen CD-Player haben. Damit wäre er in der Hierarchie seiner Klasse weit nach oben gerückt. Er dachte darüber nach, wie wichtig ihm das war. Es erschien ihm die komplette Taschengeldeinbuße für den Rest seines Lebens wert. Da er Tante Elena liebte, berücksichtigte er aber ihren Rat, vor jeder gravierenden Entscheidung eine Nacht darüber zu schlafen. Er bekam kein Auge zu und war am nächsten Tag in der Schule so aufgekratzt, dass seine Kraftreserven ungewohnte Charakterzüge mobilisierten. Er lachte häufiger, machte Komplimente, die er selbst als albern empfand, und redete mehr und offener als sonst. Nach diesem Tag legte er sich zu Hause hin und schlief das ganze Wochenende durch.
    »Caterina, Schönste, sieh her – der Garten würde aufblühen, wenn du hier leben würdest!«
    »Katze!«
    »Du willst eine Katze? Kein Problem. Vielleicht sogar besser zwei aus einem Wurf. Katzen mögen vierpfotige Gesellschaft.«
    »Oh ja. Aber das meine ich gar nicht. Da drüben sitzt eine Katze in deinem Baum. Kommt die nicht mehr runter?«
    »Stimmt. Es sieht aus, als wäre sie zu weit oben.« Alejandro sieht mich an, dann durch das schmutzige Fenster zu der Katze und wieder zu mir. Er nickt, geht raus, nimmt sich eine alte Holzleiter, die am Haus lehnt, und stellt sie an den Baum. Langsam klettert er hoch und redet auf die fast weiße Katze ein. Nur die Ohren und ein Fleck am Kinn sind schwarz.
    Als Alejandro am nächsten Montag wieder in die Schule ging, waren seine Mitschüler wie ausgewechselt: Die Mädchen lächelten ihm zu, die Jungs klapsten ihm freundschaftlich auf die Schultern, und im Sport wurde er als Erster

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