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Erdschiff Giganto - Alle sechs Romane

Titel: Erdschiff Giganto - Alle sechs Romane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rolf Ulrici
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»Weißen Horn« bis zum »Kleinen Kap« mit dem Leuchtturm »Napoleon« erstreckte, war eine unvergleichliche, in doppeltem Sinne atemberaubende Schau.
    So fiel es selbst Superhirn nicht auf, daß Micha noch immer wie vor den Kopf geschlagen dahockte. Er meinte, der Jüngste sei am meisten von dem Naturschauspiel beeindruckt. Daß Micha bereits vom neuen Giganto-Abenteuer »berührt« worden war, wußte er ebensowenig wie Gérard, Prosper und die Geschwister Henri und Tati.
    »Überall an den Küstenstraßen sind Schilder mit einer durchgekreuzten Zigarette«, sagte Tati. »Der Dümmste sieht, daß er nicht rauchen soll. Und das da ist nun der Erfolg!«
    »Quatsch!« murmelte Henri. »Ich meine mit 'ner durchgekreuzten Zigarette ist es nicht getan! Da müßtest du vieles durchkreuzen!«
    »So ziemlich alles, was Ausflügler mitschleppen, ist feuergefährlich«, sagte Superhirn. »Besonders bei dieser Wüstenhitze. Nicht nur Spraydosen. Ganz einfache Glasflaschen, sogar Folien, können die Brennglas-Wirkung einer Lupe haben. Ein Campinglager mit allem Drum und Dran – in so einem Wald – ist Gefahrenzone Nummer eins.«
    Irgendwo, von der Straße her, »ackerten« Bulldozer Schneisen durchs Gehölz. Der klagende Schrei der Signalhörner kam und ging. Die Kesselwagen der Feuerwehrfahrzeuge mußten fortwährend in die Ortschaften zurück, um neues Wasser zu holen.
    »Versteh ich nicht«, meinte Tati mit einem Blick auf das dunkle Meer. »Da ist Wasser genug, um ganze Landschaften zu überschwemmen. Und die Feuerwehrleute verfahren Zeit und Benzin, um das Wasser fingerhutweise – und von weit her – zu holen.«
    »Mit Seewasser kann man zwar das Feuer löschen«, erklärte Superhirn, »aber da es stark salzhaltig ist, würde man damit nicht nur die Natur zerstören, man könnte auch alle Feuerwehrgeräte nach wenigen Salzwasser-Einsätzen wegschmeißen.«
    Er blickte jetzt auch aufs Meer.
    »Was guckst du so?« fragte Prosper beunruhigt. »Du tust ja, als könnte das auch brennen!«
    »Ich achte nur auf den Flugzeugträger«, erwiderte Superhirn.
    Der Flugzeugträger war in allen Küstenorten angekündigt worden. Er sollte an einer »Flottenschau« für die Feriengäste mitwirken. Jetzt schickte er Hubschrauber mit Wassersäcken über das Brandgebiet. Wenn so ein »Vogel« mit seiner Last am Seil in den Rauch flog, sah das nicht gerade wirksam aus. Man dachte, der Abwurf einer solchen »Wasserbombe« könne nur einen Tropfen auf einen heißen Stein bedeuten. Wenn aber die Reißleine den Sack geöffnet hatte, kam das Wasser wie ein Teppich mit mörderischer Gewalt auf die Brandstellen herab. Nur mußte die Aktion über Funk exakt abgestimmt sein. Die »Ladung« durfte die Brandbekämpfer am Boden nicht treffen.
    »Seit einer Stunde haben wir ablandigen Wind«, sagte Superhirn. »Der Rauch zieht übers Meer davon.«
    »Na und? Das ist doch gut!« rief Gérard.
    »Nicht für das Fischernest Lyon«, brummte Superhirn. »Das liegt wie 'ne Suppenterrine in der Waldküste. Da!« Er sprang auf.
    Wie eine illuminierte Wasserprozession bewegte sich eine Reihe von Fischerbooten auf die offene See hinaus. Wäre der Küstenbrand nicht gewesen, hätten alle an eines der üblichen Volksfeste gedacht.
    »Die – die brennen!« schrie Prosper.
    »Worauf Superhirn gewartet hat«, staunte Henri. »Mensch, du solltest dich als Hafenbrandmeister anstellen lassen!«
    »Da ist auch das Schaumlöschboot«, sagte Gérard.
    »Und sogar das größte Europas. Das Ding mit den Schwenkarmen schwimmt schon seit Tagen draußen rum«, erinnerte Superhirn.
    In diesem Moment erlangte Micha seine Sprache wieder. Er stieß einen gellenden Schrei aus. Er schrie so laut und schrill, daß sogar der Pudel verstummte. Und das wollte etwas heißen.
    »Da ...« schrie Micha. »Da ... !«
    Aber Micha zeigte nicht aufs Meer hinaus, sondern über den Sandstreifen hinweg auf den Wald, den die Freunde vorhin verlassen hatten.
    »Der Mann! Da ist er wieder ...«
    »Welcher Mann?« Tati riß geistesgegenwärtig den Pudel an sich. Alle hatten die Köpfe gewandt. Vor dem teils tiefschwarzen, teils glühenden, von Schwaden durchzogenen Hintergrund stand eine hochgewachsene, hagere Gestalt. Sie trug den Helm der hiesigen Feuerwehren, wodurch der Schattenriß grotesk an einen spätmittelalterlichen Ritter erinnerte.
    »Geht weiter runter zum Wasser!« rief das Gespenst. »Der Baum neben euch ist gefährlich! Beeilt euch!« Die unheimliche Gestalt fügte noch etwas hinzu.

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