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Erdwind

Erdwind

Titel: Erdwind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Holdstock
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prähistorischen Tumuli waren in Wirklichkeit Falltüren …?
    Das Gefühl von Kälte und Eingeschlossenheit, der modrige Erdgeruch glichen so sehr den rätselhaften Hügelgräbern auf der fernen Erde. So vieles war vertraut, so vieles sogar identisch – der bloße Gedanke daran ließ sie erschauern. Der Kopf schmerzte ihr, wenn sie darüber nachgrübelte, was hier auf dem Aeran vor sich ging, und dabei auf so vieles stieß, was ihr vertraut war.
    „Komm doch weiter!“
    „Weißt du bestimmt, daß das keine Begräbnisstätte ist?“
    Moir schauerte. „Wer möchte sich hier schon begraben lassen? Es ist so … kalt.“
    „Aber verbrannte Überreste … ihr verbrennt doch die Augen und Hände eurer ehrenvoll Verstorbenen, nicht war?“
    „Diese Asche wird aber unter dem Schlafschirm des betreffenden Mannes vergraben. Hier, an diesem Ort, würde sie niemandem etwas nützen.“
    Das muß also schon sehr lange her sein, dachte Elspeth. Vor der Tradition der Augen und Hände: Wenn man in Ehren starb, wurden sie verbrannt; wenn nicht, dann ließ man sie im Marschland verrotten. Der Leichnam wurde im Blaurindenwald an einen Baum gebunden, zum Verzehr durch die Erdgeister. Elspeth hatte diesen »Friedhof bei ihrem ersten Landgang gesehen, und es war ein abstoßender Anblick gewesen. Nach einem Todesfall war es zwei Tage lang verboten, im Wald zu jagen, damit die Geister in Gestalt der Schwarzflügler den Leib verzehren und unbehelligt wieder verschwinden konnten. So wurde die Körper-Anima bewahrt, und die Geister von Augen und Händen konnten die Familie beschützen.
    Inzwischen hatte Moir die Stufen gefunden, und sie stiegen in das Loch hinab, vorsichtig und unter Schmerzen (denn die Steine waren rauh), etwa fünfzehn Fuß tief; dann standen sie in einem unterirdischen Gang. Hand in Hand tasteten sie sich vorwärts, berührten die eiskalten Felswände, stolperten, suchten, näherten sich der Stelle, wo der Gang unter den Erdwällen des crog hindurchging. Manchmal rührten Elspeths Finger an eingemeißelte, schadhafte Symbole, die sie schon kannte und bereits interpretiert hatte. Hier und da waren aber auch unbekannte Runen in den Stein gemeißelt.
    In der Ferne rauschte Wasser, und einmal, als sie durch einen weitläufigen Raum kamen, öffnete sich zu ihrer Rechten ein Gang, an dessen Ende ein Licht schimmerte.
    „Was ist das?“ flüsterte Elspeth.
    Moir hätte beinahe aufgeschrien, um ihr Schweigen zu gebieten; sie schlug ihre kleine Hand über Elspeths Mund, murmelte eindringlich und zerrte die Jenseitlerin von dem Gang mit dem rätselhaften Schimmer weg.
    „Der Seher“, hauchte sie.
    Und sie kamen an den Tunnel, der nach oben führte. Moir kletterte voran, spähte durch den engen Ausgang, kroch hindurch, wandte sich um und winkte Elspeth nachzukommen. Sie stemmte sich durch den engen Spalt und befand sich zwischen behauenen Blaurindenstämmen und Steinen: ein dunkler Gang, verlassen, mit Lücken in der inneren Wand, die Durchblick in einen zweiten Gang gewährten. In der Ferne hörte sie Stimmen.
    Sie war in der Feuer-Halle. Zurück konnte sie nun nicht mehr. Tief gebückt, in Deckung, so gut es möglich war, schlichen sie durch die Gänge und gelangten in den Hauptgang, der um das eigentliche Zentrum der Feuer-Halle lief. Diese war ein weitläufiger Raum, in dem das Ewige Feuer hoch und wild mit schräger Flamme prasselte. Kochgruben und Gefäße säumten die Wände; in der Mitte befand sich der leicht vertiefte Kreis für Versammlungen. Drei bejahrte Frauen, den Pelz mit Holzkohle beschmiert, hockten beim Feuer, bewachten die Flammen und warfen ab und zu Steinsplitter in die Glut.
    Die inneren Wände bestanden aus Steinplatten, wohl die Reste eines Ringes von Menhiren; die Quer-Stürze waren entfernt und mit einer durchhängenden Flechtmattendecke ersetzt. Zwischen den Steinen spähten ein paar Gesichter, doch der Gang lag größtenteils im Dunkeln, denn er diente nicht dem Verkehr, sondern rituellen Zwecken. In diesem Schatten fühlte sich Elspeth einigermaßen sicher und geborgen.
    Die Jenseitler waren schon da. Sie saßen steif und unbequem den drei Ungenn und mehreren Familienhäuptern gegenüber, den Ältesten jeder der drei Generationen der bedeutendsten Familien. Darren saß mit kalter, feindseliger Miene im Kreise neben seinem Vater, der mit seinem gelblichen Knochenschwert spielte. Es waren über zwanzig Aerani, manche jung, manche so alt wie der älteste Ungenn, Darrens Großvater.
    Ihnen

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