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Erdwind

Erdwind

Titel: Erdwind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Holdstock
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seinem Gesicht (das bleich vor Wut war) zu der winzigen Nade l pistole, die der Mann in der Hand hatte – und dann hob Gorstein den Arm und visierte über den ku r zen Lauf direkt auf Ashkas Magen. „Hast du verstanden?“ wiederholte er.
    „Ich habe verstanden, was du gesagt hast“, erwiderte der Rati o nalist so gelassen, wie es ihm möglich war, „aber ich kann natü r lich nicht tun, was du sagst.“
    Der Raum verschwamm vor seinen Augen, alles verwa c kelte, alles verzerrte sich. Unerträglich juckend rann ihm Schweiß – Angstschweiß – den Rücken hinab.
    Gorstein schüttelte den Kopf und lachte. „Gestatte, daß ich and e rer Ansicht bin. Das ching, wie krückenhaft es auch sein mag, ist immer noch ein kraftvolles Werkzeug auf di e sem Schiff. Die Mannschaft wird, wenn du sie überzeugst, seine Aussagen akze p tieren.“
    „Ich kann es nicht, Karl. Wenn ich dem ching diese Fr a gen stelle, wirst du die Antworten erhalten, die es gibt, und keine anderen. Dagegen kann ich nichts tun.“
    „Du kannst etwas tun, und das heißt Fälschung. Fä l schung“, bekräftigte er, offensichtlich wütend, weil der R a tionalist sich weigerte, seine Ideale für ein paar Minuten be i seite zu schieben. „Das ist ein elegantes Wort und ein wi r kungsvolles Ko n zept. Du kannst die Antworten fälschen. Du wirst die Antworten fä l schen.“
    Langsam schüttelte Ashka den Kopf. „Tut mir leid, du verlangst zuviel von mir. Setze auf deinen Irrtum nicht noch obendrein eine Dummheit, Karl. Bitte, tu es nicht.“ Auf einmal war er sehr gelassen, und sehr traurig über den Schiffs-Meister. Wenn er doch in Gorsteins Kopf sehen könnte, um die Angst, die dort lauerte, mit den Wurzeln h e rauszureißen und zu verj a gen! Hatte auch bei Gorstein schon der Zerfall eingesetzt, wie bei ihm, As h ka, und bei ein paar Mann von der Besatzung? Oder war der Schiffs-Meister ei n fach zu gefühlsstumpf, zu sehr an das bew e gende Jetzt der Gegenwart gekettet, um von der Erosion seiner Vergange n heit etwas zu merken? Es war schade um ihn, schade, daß die Umstände sie so auseinande r trieben. Er wußte, daß er Gorstein helfen könnte, wenn dieser sich nur helfen lassen wollte. Gorstein würde ihn nicht töten. Soweit war der Ze r fall ihrer Freundschaft noch nicht vorangeschritten, dessen war Ashka s i cher. Und außerdem – was hätte der Schiffs-Meister davon? Und weiterhin: Das ching hatte ihm zwar gesagt, daß sein Tod nahe sei – aber nicht so nahe.
    Also blickte er Gorstein gelassen ins Auge. Sein Kopf war jetzt ganz klar; das verzerrte Gefühl von Panik war so plötzlich ve r schwunden, wie es gekommen war.
    „Ich bedaure deine Entscheidung, Peter“, sagte Gorstein tra u rig. „Ich bedaure sie sehr.“
    Ashka lächelte. „Das brauchst du nicht. Komm, setz dich hin, wir wollen es durchsprechen. Bitte, Karl.“
    Gorstein schüttelte den Kopf. Eine Sekunde lang schi m me r ten seine Augen feucht, aber das ging vorbei, und sie wurden wieder hart. „Zum Reden ist keine Zeit mehr, P e ter. Du bist mir zu g e fährlich, als daß ich dich am Leben lassen könnte, wenn du nicht mitmachst. Das verstehst du doch …?“
    „Es besteht kein Grund, unseren gegenseitigen Respekt so sin n los zu mißbrauchen, Karl.“
    „Eine letzte Chance, Peter, eine letzte Chance. Bitte tu, was ich will.“
    „Ich kann nicht, Karl. Bitte setz dich hin und bedenke, was …“
    Der ganze Raum bebte. Ein donnernder Schlag. Finste r nis. Etwas preßte gegen seinen Rücken, wollte ihn zerque t schen, doch er stand anscheinend noch. Der Druck ließ nach. Der Donner ve r klang.
    Stille.
    Hatte es eine Explosion gegeben? Hatten die Aerani a n gegri f fen? Wo war Gorstein? War er tot? Bewußtlos?
    Ashka versuchte, im Halbdunkel etwas zu sehen. Lan g sam hörten seine Sinne auf zu wirbeln, er konnte wieder klar sehen (es war auch gar nicht dunkel in der Kabine), und er wußte wieder, wo er war.
    Was gegen seinen Rücken gedrückt hatte, war die Wand gewesen. Das Donnern war die Detonation des Nadelrevo l vers. Er saß an der Wand, die Beine vor sich ausgestreckt. Es roch … nach verbranntem Protein … wie ein gebratenes synthet i sches Steak … ein voller, blutiger, mundwässernder Geruch …
    Er wollte aufstehen.
    Nichts.
    Er senkte den Kopf und starrte auf seinen Leib.
    Aus dem Loch in seinem Leibe rauchte es. Eine glitzer n de grü n blaue Schlange schlängelte sich langsam aus diesem Loch und rollte sich in seinem Schoß auf.
    Das ist der Tod,

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