Erdwind
primitiver Wunsch – die Zerstörung e i nes Unerwünschten mittels roher Kraft. Und natürlich wü r den die Aerani bald merken, daß die Unerwünschten auch einige Tricks auf di e sem Gebiete kannten. „Und Darrens Familie ve r tritt diejenigen, die den Jenseitlern gehorchen wollen?“
„Nicht gehorchen“, verbesserte Moir, „sondern nichts mit i h nen zu tun haben wollen.“
Es war alles so sinnlos. Diese beiden jungen Leute kämpften um etwas, worauf sie sowieso keinen Einfluß ha t ten. Aber es war zu spät, um etwas zu ändern, zu spät, sie eines Besseren zu belehren.
Also sahen sie zu, verkniffen, Kälte auf der Haut, ve r krampft (Moir zitterte, aber sie weinte nicht mehr), wie Da r ren und Engus auf das Morgenrot warteten, um ihre private Schlacht zu begi n nen.
Fast bevor es richtig angefangen hatte, war es schon vo r bei.
Die Sonne kam hinter dem Wald herauf, der Himmel wurde he l ler; die Fackeln wurden gelöscht, und die beiden Kämpfer sta n den auf. Ein paar Sekunden lang umkreisten sie den Stein, sich verfolgend. Darrens Tangelkraut schoß auf den Gegner zu, doch Engus parierte die lebendige Ranke mit der flachen Kli n ge. Sein eigenes Tangelkraut verharrte fest um seinen Arm gerollt. Dann blitzte das Licht auf den blankpolierten Klingen, sie schlugen mit lautem Knall über dem Stein in zweifacher Parade aufeinander. Darren lief vor, Engus schlug eine Finte; wieder knallten die Knoche n schwerter aneinander, beide schwangen ihre Waffe mit vo l ler Kraft und zielten dabei auf des Gegners Haupt. Immer noch ließ Engus sein Tangelkraut nicht in Aktion treten, als warte er einen Moment ab, wo er es möglichst unkonventi o nell einsetzen konnte. Darren schien die Zurückhaltung se i nes Gegners nichts auszumachen. Er versuchte, sein Tange l kraut zum Einfa n gen von Engus’ Unterarm zu benutzen, doch Engus war zu flink.
Auge in Auge umkreisten sie den Stein, hieben die Schwerter aneinander und machten blitzschnelle Ausfälle. Das scharfe, knallende Aufeinandertreffen der Schwerter erfüllte die Luft.
Die Zuschauer gaben keinen Laut von sich; kein Mu r meln war zu hören, kaum ein Atemzug. Aber Darren atmete laut, und zweimal, wenn sie über dem Stein aufeinander lo s hieben, grunzte Engus vor Anstrengung, wenn er sein Schwert auf den etwas kleineren Gegner niedersausen ließ.
Da fand Darrens Tangelkraut einen Halt um Engus’ Na c ken und zog sich deutlich fest. Doch in Sekundenschnelle hieb Engus das Pflanzenwesen durch – jetzt schoß sein Ta n gelkraut vor, bekam festen, schmerzhaften Halt um Darrens Leib und zog ihn herum, auf den Stein zu. Engus holte aus zum tödl i chen Hieb (Elspeth schrie auf), doch als Darren mit einem dumpfen Aufprall und einem Schmerzensschrei an den Stein gerissen wurde, war es seine Klinge, die ihr Ziel fand.
Vielleicht hatte er darauf gewartet, daß Engus gerade das tun würde, was er tat, vielleicht war es einfach die überleg e ne Duelltaktik Darrens: Im Augenblick, als Engus zu triu m phieren glau b te, rollte sein Kopf über den Sand und starrte die Z u schauer blicklos, blutleer an.
Der enthauptete Leichnam von Moirs Liebhaber sank über dem blutigen Stein zusammen, das Knochenschwert immer noch in den fest verkrampften Fingern. Der unnötige Streit hatte sein blutiges Ende gefunden.
Darren machte sich los, stand auf und wischte die rote Schmiere von seiner Klinge, so daß sie wieder blank war.
Moir schluchzte krampfhaft zuckend, doch so leise, daß niemand ihren Schmerz vernahm. Sie hielt Elspeth u m schlungen, und Elspeth merkte auf einmal, daß sie aus Mi t gefühl mit dem Mä d chen ebenfalls weinte. Sie sah, wie der Sieger stolz das gli m mende Feuer umschritt und Engus’ starräugiges Haupt am langen Haar herumschwenkte. Er war jedoch so taktvoll, daß er die Tr o phäe verbarg, als er Elspeth tränenüberströmt hinunterblicken sah und Moir in ihren A r men erkannte. Er wandte sich ab.
Als sich die Menge, vorwiegend wortlos, zerstreute, ve r suc h te Elspeth, ihre Gefühle über das, was sie gesehen oder besser, wobei sie zugesehen hatte, zu analysieren. Wie kon n te sie Darren böse sein? Was er getan hatte, gehörte zu se i nem Ritual-Erbe, es war völlig natürlich und mit jedermann im Einklang, Moir eingeschlossen. Und doch – welche Bö s artigkeit, welch ein primitives Verhalten! Sie wurde sich bewußt, und nicht zum erstenmal, wie sie sich eingestehen mußte, daß ihr der Gedanke, mit einem so l chen Barbaren so etwas wie einen
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