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Erdwind

Erdwind

Titel: Erdwind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Holdstock
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Schaudern beim Unterdrü c ken eines Angstrufes, in die Luftschleuse getreten und hatte die Tür hinter sich geschlossen.
    Elspeth war zur Mauer gestürzt und hatte mit den Fäusten an die harte Fläche gehämmert, hatte geschrien, der Vater solle doch, nur für einen Moment, noch einmal zurückko m men. Alex hatte sie weggerissen, sie angeschrien, sie solle den Mund halten und sich ansehen, welch großen Mut ein großer Mann hatte, der nicht entehrt, der ohne Schande war, ganz gleich, was der Stadt-Senat gesagt hatte.
    Ihre Mutter brach zusammen; Alex legte sie sanft und b e quem auf den Boden.
    Ihr Vater hatte den Mantel abgeworfen, nackt, mit g e beugtem Kopf trat er in Eis und Wind. Elspeth erinnerte sich, wie sie dem schmalen, dunkelhäutigen Manne nachg e sehen hatte, den der Wind an die Luftschleusentür zurüc k warf; seine Kontur schi m merte unscharf durch die dicken, transparenten Tunne l wände, doch sie sah, wie er wieder in den Wind hineinging, sich gegen ihn lehnte, reglos dastand, wie die Eisnadeln seine Haut zerfet z ten, sein Fleisch. Rotes sprühte gegen die äußere Tunnelwand, die Weiße des Schnees wurde verdunkelt von Blut. Ein paar S e kunden stand der alte Mann auf dem bösart i gen Polareis, dann hob er die Hände vor das Gesicht und brach zusammen. Wie ein Bündel blutiger Lumpen wurde sein Körper gegen die Luf t schleusentür geworfen; dann war das bißchen menschliches Leben fort, weggeblasen in den Schneen e bel, in die Eiswelt jenseits der Stadt – verweht, vergessen.
     
     
    Eisig und schwer hing der Frühnebel über der Erdburg. Die Luft stank. Der bittere Geschmack in ihrem Munde e r innerte sie auf unangenehme Weise daran, wo sie war. Sie schluckte und sah, daß Moir nicht mehr da war.
    Jetzt war kein Mensch mehr zu sehen; doch da kam Da r ren von der Feuer-Halle her auf sie zu. Er ging zögernd, u n sicher, schaute sie an, als er über das Gras schritt, über die noch sichtbare Blu t lache. Elspeth sah ihn nicht an; sie fragte sich, wo Moir sein mochte, was mit ihr geschehen würde, was sie jetzt tun müßte, nachdem ihr ‚fester Mann’ ihr g e nommen war.
    „Kannst du mir verzeihen, Steinfrau?“ Er war vor ihr auf die Knie gefallen und suchte nun ernsten Auges ihren Blick.
    „Was? Daß du Engus getötet hast?“ Sie schüttelte den Kopf. „Nicht meine Vergebung brauchst du, Darren.“
    „Daß ich dich geschlagen habe“, sagte er, „es war ganz in der Ordnung, und doch …“
    „Und doch fühlst du dich schuldig“, beendete Elspeth seinen Satz. Alle ihre fraulichen Instinkte rieten ihr, die D e mütigung des Jungen anzunehmen, doch etwas in ihr, dem der Gedanke, von einem Wilden beschlafen worden zu sein, immer noch widerlich war, ließ sie kühl, fast säuerlich re a gieren.
    „Ich habe dir etwas mitgebracht“, sagte Darren lächelnd. Er war nicht mehr der brutale Krieger, der er vor Minuten noch gewesen war. Kindlich blitzten seine Augen, und er hielt Elspeth die Linke entgegen. Sie blickte auf seine g e schlossene Faust (es war erst einige Stunden her, da hatte diese geballte Faust sie rücklings in den eisigen Fluß g e schmettert).
    „Was hast du da?“
    Darren öffnete die Faust. In der Handfläche lag eine kle i ne, ze r quetschte Pflanze, und als sie ratlos darauf blickte, zerrieb er die Pflanze mit dem Daumen, hob Elspeth die Hand entg e gen; sie schrak etwas zurück und sah den Jungen verwirrt an.
    „Riech mal“, forderte Darren sie auf. Sie nahm sein Handgelenk, hob seine offene Handfläche näher an ihr G e sicht und roch den Duft der Pflanze. „Wunderschön“, sagte sie, und das Aroma erfüllte ihren Kopf mit Zauber. Wie ke i ne Blume, die sie je ger o chen hatte, erregend wie kein ihr bekanntes Parfüm. „Ist das ein Aphrodisiakum?“
    „Ist es – was?“
    „Wie wirkt das auf mich? Macht es, daß ich dich liebe? Was für eine Magie bewirkt es?“
    „Nichts dergleichen. Nur ein angenehmer Duft. Es riecht wie du, wenn du zurückkommst von …“ Er blickte hinauf zum Himmel.
    Elspeth lächelte. „Danke schön, Darren.“ Sekundenlang star r ten sie einander in die Augen. Elspeth merkte, daß sie immer noch zitterte, immer noch von Engus’ Tötung und der gespe n stischen Erinnerung an den Selbstmord ihres Vaters erschüttert war. „Sind wir dann also wieder Freunde?“
    Darren zögerte, doch offensichtlich war das sein Wunsch; das Geschehene verwirrte ihn, aber es war klar, daß er b e reute, was er getan hatte. „Ich möchte schon“,

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