Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Erdzauber 01 - Die Schule der Rätsel

Erdzauber 01 - Die Schule der Rätsel

Titel: Erdzauber 01 - Die Schule der Rätsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia A. McKillip
Vom Netzwerk:
gelacht«, flüsterte Morgon.
    »Auch für Euch hat er gespielt, nach dem, was Ihr uns erzähltet.«
    »Er sang mir meinen Tod; den Tod von Hed.« Sein Blick hob sich aus den Flammen. »Was ist das für eine Macht, die das bewirken könnte? War es die Wahrheit? Oder war es Trug?«
    »Spielte das denn eine Rolle?«
    Morgon schüttelte den Kopf.
    »Nein. Er war ein glänzender Harfner - weiß der Erhabene, was er war?«
    »Der Erhabene sagte mir nichts; er gab mir nur den Auftrag, Herun mit dir so schnell wie möglich zu verlassen.«
    Morgon schwieg. Schwerfällig stand er auf und ging zum
    Fenster. Als wäre er plötzlich mit dem alles durchdringenden Blick der Morgol begabt, konnte er durch die flimmernde Luft die weiten, regennassen Ebenen von Herun sehen, die Hügel, die wilden, felsigen Regionen von Ymris, konnte bis nach Caithnard sehen, wo Handelsschiffe die Segel setzten, um nach An, Isig und Hed auszulaufen.
    Leise sagte er: »Thod, wenn ich morgen schon wieder auf einem Pferd sitzen kann, reite ich nach Osten bis Hlurle und nehme ein Schiff nach Hause. Ich glaube nicht, daß mir etwas zustoßen wird; niemand wird das erwarten. Doch selbst wenn sie mich auf See wieder finden sollten, möchte ich lieber als Landherrscher sterben, der sich auf der Fahrt in seine Heimat befindet, denn als namenloser Heimatloser, der in ein Leben hineingezwungen wird, das er nicht versteht und nicht selbst bestimmen kann.«
    Nur der Regen, der mit gleichgültiger Gewalt gegen die Scheiben trommelte, antwortete ihm. Dann hörte er, wie der Harfner aufstand, spürte seine Hand auf seiner Schulter, die ihn herumdrehte. Schweigend begegnete er dem dunklen, ruhigen Blick.
    »Da steckt mehr dahinter als der Tod von Corrig«, sagte der Harfenspieler leise. »Wollt Ihr mir nicht sagen, was Euch bedrückt?«
    »Nein.«
    »Soll ich Euch nach Hed begleiten?«
    »Nein. Es gibt keinen Grund, weshalb Ihr Euer Leben nochmals aufs Spiel setzen solltet.«
    »Wie wollt Ihr Eure Rückkehr mit dem in Einklang bringen, woran Ihr in Caithnard geglaubt habt?«
    »Ich habe eine Wahl getroffen«, antwortete Morgon unerschütterlich, und die Hand glitt von seiner Schulter. Ein Schmerz stach ihn mitten ins Herz, ein Schmerz, der sich einstellt, wenn etwas zu Ende geht. »Ihr werdet mir fehlen«, fügte er hinzu.
    Ein neuer Zug trat in das Gesicht des Harfners, verwandelte die ruhige Miene, an der die Zeit spurlos vorübergegangen zu sein schien. Zum erstenmal gewahrte Morgon die Sorge, die Unsicherheit, die Fülle der Erfahrungen, die hinter diesem stillen Gesicht strömten wie Wasser unter einer Eisdecke. Thod antwortete nichts; er neigte nur den Kopf wie vor einem König oder einer Unvermeidlichkeit.
    Zwei Tage später verließ Morgon die Stadt der Kreise noch vor Tagesanbruch. Zum Schutz gegen die feuchten, kühlen Nebel trug er einen schweren, dickgefütterten Umhang, den die Morgol ihm gegeben hatte. Pfeil und Bogen, die Lyra für ihn gefertigt hatte, hingen neben seinen Satteltaschen. Das Packpferd hatte er zurückgelassen, da Hlurle kaum drei Tagreisen entfernt lag, ein kleiner Hafen, in dem die Händler die Waren abluden, die für Herun bestimmt waren. Thod hatte Morgon das ganze Geld gegeben, das er noch hatte, für den Fall, daß er in Hlurle warten mußte. Im Spätherbst nämlich, wenn die Stürme über das Meer fegten, wagten sich nur noch selten Schiffe an die nördlichen Küsten.
    Morgons Harfe lag eingehüllt hinter ihm; mit leisem, rhythmischem Wispern streiften die Hufe seines Pferdes durch das hohe Gras des Weidelandes. Der dunkle Himmel war klar; das kalte Licht der Sterne leuchtete ihm. In der Ferne blitzten wie goldene Augen in der Dunkelheit die Lichter von Bauernhäusern. Die Felder, die die Stadt umgaben, wichen einer weiten Ebene, aus der sich hochaufragende Felsnadeln erhoben. Er meinte, die Berührung ihrer Schatten zu spüren, als er unter ihnen dahinritt. Dann wälzte sich der Nebel in dichten Schwaden aus den Hügeln herunter; eingedenk Lyras Rat hielt er an, suchte den Schutz eines vereinzelt stehenden Baumes und wartete.
    Die erste Nacht verbrachte er zu Füßen der östlichen Hügel. Zum erstenmal seit Wochen hockte er allein unter den schweigenden Bäumen und sah zu, wie die rauchgraue Abenddämmerung sich langsam zur Nacht verdichtete. Im Schein seines kleinen, einsamen Feuers nahm er die gestirnte Harfe aus ihrer Hülle und begann zu spielen. Voll und harmonisch erklangen unter seinen Fingern die Saiten, geschaffen für

Weitere Kostenlose Bücher