Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Erdzauber 01 - Die Schule der Rätsel

Erdzauber 01 - Die Schule der Rätsel

Titel: Erdzauber 01 - Die Schule der Rätsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia A. McKillip
Vom Netzwerk:
tief in ihm verschüttet lagen, zu stellen, ohne vor ihnen zurückzuzucken. Ermattet dann begann er, sich vor dem unaufhörlich forschenden Geist zurückzuziehen, ließ seine Gedanken fortgleiten, ließ sie gestaltlos werden wie Nebel, in denen der suchende Geist umherirrte, ohne einen Rastplatz zu finden. Ganz unvermittelt sprang er schließlich auf, wanderte in dem kleinen Raum hin und her, keinen Gedanken im Kopf, nur vom Hungergefühl geplagt wie ein Tier, von der Kälte, die unter seinen Füßen brannte, während er auf und ab schritt, von dem Lechzen nach Schlaf, das unerträglich war. Ruhelos wanderte er durch die kleine Hütte, hörte Har nicht, als dieser sprach, sah auch nicht Hugin, der zu ihm aufblickte, bemerkte nicht das Dunkel der Nacht, das durch die offene Tür drang, als Hugin davonging, um frisches Holz zu holen. Dann spürte er, wie etwas in seinem Geist Gestalt annahm, das Har noch nicht angerührt hatte, der geheimste Moment seines Lebens: Ein Unbehagen, ein wachsendes Entsetzen, die Wehen eines Schmerzes, der so furchtbar war, daß er jeden Moment darin versinken konnte. Er suchte dem erbarmungslos forschenden Geist zu entrinnen, spürte, wie der Schmerz aufwallte, sich entfaltete, kämpfte wütend dagegen an, kämpfte ohne Erfolg gegen Har, bis er im Feuerschein wieder die reglosen, neugierigen Augen sah. Da nahm er den einzigen Ausweg, der ihm noch blieb: Er entschlüpfte seinen eigenen Gedanken, indem er unter die Oberfläche eines fremden Geistes tauchte.
    Es war, als hätte er eine andere Welt betreten. Mit Hars Augen sah er die Hütte, sah sich selbst, wie er überrascht im Schatten stand. Zaudernd zapfte er den nie versiegenden Quell der Erinnerung in den Tiefen von Hars Seele an. Er sah eine junge Frau mit sonnengoldenem Haar und wußte, daß es Aia war, die zusah, wie das Holz bearbeitet wurde, aus dem die Mauern ihres neuen Hauses erbaut werden würden. Er sah ei- nen Zauberer mit wildzerzaustem weißen Haar und graugoldenen Augen, der barfuß im Schnee stand und lachte, ehe er zerschmolz und sich in einen hageren Wolf verwandelte. Er sah die geheime Welt von Osterland: einen Fuchsbau in der warmen Erde unter dem Schnee, in dem sich eine Schar rotfelliger Junger tummelte, das Nest einer weißen Eule in der Höhle eines hohen Baumes, eine Herde hungernden Wilds im kalten, karsti- gen Ödland, ein schlichtes Bauernhaus, an dessen Wänden glänzende Werkzeuge hingen, während die Kinder wie die jungen Hunde vor dem offenen Kamin durcheinanderpurzelten. Er folgte Har auf seinen Wegen durch das Königreich, das er manchmal in Tiergestalt, manchmal in der Gestalt eines recht wohlhabenden, recht törichten alten Mannes durchwanderte, während sein scharfer Geist hinter den schläfrig wirkenden Augen unermüdlich Wissen sammelte. Und als Morgon plötzlich einige der Orte erkannte, die Har bereist hatte, wurde ihm klar, daß der Wolfskönig seine Wanderungen nicht auf Osterland beschränkt hatte. Ein vertrautes Haus zeigte sich in Hars Gedanken: Mit einem Blitzschlag der Über-raschung, der Morgon in sich selbst zurückkatapultierte, erkannte er die Schwelle seines eigenen Hauses.
    »Wann?« fragte er mit heiserer Stimme, als wäre er eben aus tiefem Schlaf erwacht.
    »Ich ging nach Hed, um Kern zu sehen. Ich hatte eine Geschichte über ihn gehört, die von einem Ding ohne Namen berichtete. Das machte mich neugierig. Ich hatte diese Reise ganz vergessen. Ihr habt Eure Sache gut gemacht.«
    Morgon setzte sich wieder auf die Steine nieder. Die Forderungen seines Körpers schienen ihm unbestimmt, unpersönlich, als kämen sie von seinem Schatten. Das Feuer im Kamin erstarrte, loderte wieder auf, sank in sich zusammen, züngelte wieder empor. Die Steine erwärmten sich. Morgon tauchte in Hugins Seele ein, entdeckte seine wortlose Sprache, teilte mit ihm quälenden Hunger, so daß ein Lächeln der Überraschung in dieses Augenpaar trat. Dann wieder hielt Har Morgons Geist umfangen, forschte unermüdlich, lehrte ihn, die Barrieren eines zugesperrten Geistes überwinden, seine eigenen Grenzen zu verteidigen, griff immer wieder an, focht immer von neuem mit Morgons Geist, bis dieser von Müdigkeit überwältigt seinen Geist völlig entleerte. Har ließ ihn frei; er spürte den Schweiß, der ihm über das Gesicht tropfte und über seinen Rücken; er spürte, wie er selbst in der Hitze fröstelte.
    »Wie lange - wie lange haben wir?.« Seine Kehle war völlig ausgetrocknet.
    »Was hat das schon für

Weitere Kostenlose Bücher