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Erdzauber 02 - Die Erbin von Wasser

Erdzauber 02 - Die Erbin von Wasser

Titel: Erdzauber 02 - Die Erbin von Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia A. McKillip
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vorüber, die ungeduldig und neugierig darauf warteten, einen Blick auf die Bücher werfen zu dürfen; sie vernahm kaum ihre Stimmen. Sie spürte kaum den Wind, der, kühl und unstet im früh hereinbrechenden Zwielicht, an ihr zerrte, während sie durch den Park lief. Sie sah Lyra, die am Felsrand unter einem Baum stand, den Rücken der Schule zugewandt. Die gekrümmten Schultern, der gesenkte Kopf strahlten etwas aus, das Rendel anzog. Als sie über den Rasen eilte, schwang Lyra ihren Speer hoch, so daß er einen Lichtbogen in die graue Dämmerung zeichnete, und stieß ihn mit der Spitze nach unten in die Erde.
    Lyra drehte sich um, als sie über das Rascheln der vom Wind geschüttelten Bäume hinweg das Knistern von Blättern hörte. Rendel blieb stehen. Schweigend sahen sie einander an. Dann faßte Lyra den Schmerz und den Zorn in ihren Augen in Worte und sagte beinahe herausfordernd: »Ich wäre mit ihm gegangen. Ich hätte ihn mit meinem Leben geschützt.«
    Rendel blickte von ihr weg zum Meer hinunter... Zum Meer, das weit unter ihnen lag, zum Halbmond des Hafens, den das Wasser ausgebuchtet hatte, zu der Landspitze im Norden, hinter der andere Länder und andere Häfen lagen. Sie ballte die Hände zu Fäusten.
    »Das Schiff meines Vaters liegt hier in Caithnard. Ich kann mit ihm bis nach Kraal hinaufsegeln. Ich möchte zum Erlenstern-Berg. Wollt Ihr mir helfen?«
    Lyras Lippen öffneten sich. Rendel sah ein kurzes Aufblitzen von Überraschung und Unsicherheit in ihrem Gesicht. Dann umfaßte sie ihren Speer, zog ihn aus dem Boden und nickte mit Nachdruck. »Ich komme mit.«

Kap.3
     
    Als Lyra später am Abend die Leibwächterinnen der Morgol nach Caithnard hineinführte, um Unterkunft für die Nacht zu suchen, folgte Rendel ihnen. Zu Füßen von Roods Pferd, das im Stall der Schule stand, hatte sie ein kleines wirres Knäuel blitzenden Goldfadens hinterlassen, den sie von ihrem Ärmel losgetrennt hatte. Und inmitten des Geschlinges hatte sie in ihrem Geist ihren Namen gelegt und ein Bild von Rood, wie er oder sein Pferd seinen Fuß auf das Fadengewirr setzte und dann ohne Nachdenken jeden Knick und jede Schlinge des Fadens folgend durch die Straßen von Caithnard ritt, bis er, wenn er das Ende des Fadens erreichte, aus dem Bann des Zauberers heraustrat und sah, daß weder das Schiff noch die Ebbe auf ihn gewartet hatte. Sie wußte, daß er sogleich an sie denken würde, doch es würde ihm nichts anderes übrigbleiben, als nach Anuin zu reiten, während Bri Corvett, von den Leibwächterinnen der Morgol genötigt, nordwärts segelte.
    Die Leibwächterinnen waren nicht eingeweiht worden. Fetzen ihres Geplauders, ihres Gelächters drangen über das hohltönende, rastlose Donnern des Meeres hinweg zu ihr, während sie hinter ihnen den Hügel hinunterritt. Es war beinahe dunkel; das Brausen des Windes verschluckte den Schritt ihres Pferdes, dennoch hielt sie, wie Lyra geraten hatte, Abstand für den Zug der Leibwächterinnen. Den ganzen Weg nach Caithnard hinein meinte sie den Blick der Morgol in ihrem Rücken zu spüren.
    An einer stillen Nebenstraße in der Nähe der Docks holte sie die Leibwächterinnen ein. Die Mädchen waren ein wenig verwirrt. Eines von ihnen sagte: »Lyra, hier sind aber doch nur Lagerhallen.«
    Lyra drehte den Kopf, ohne eine Antwort zu geben, und sah Rendel. Rendel nickte auf ihren kurzen, forschenden Blick, und Lyra wandte sich wieder den Leibwächterinnen zu. Ihr Gesicht wurde still. Ihre Hand umfaßte fester ihren Speer. Dann hob sie den Kopf.
    »Ich breche heute abend zusammen mit Rendel von An zum
    Erlenstern-Berg auf. Ich tue das ohne Erlaubnis der Morgol; ich scheide aus der Leibwache aus. Ich konnte den Fürsten von Hed nicht beschützen, während er am Leben war; jetzt kann ich nur eines tun: den Erhabenen fragen, wer ihn getötet hat, und wo der Betreffende sich aufhält. Wir segeln mit dem Schiff ihres Vaters nach Kraal. Der Kapitän weiß noch nichts davon. Ich kann euch nicht - wartet einen Augenblick. Ich kann euch nicht bitten, mir zu helfen. Ich kann nicht hoffen, daß ihr bereit wärt, die Morgol allein und ungeschützt in einer fremden Stadt zu lassen. Ich weiß nicht, wie ich es fertigbringe. Aber eines weiß ich, auf uns selbst gestellt können wir ein Schiff nicht stehlen.«
    Es war ganz still, als sie schwieg; nur das Klappern einer Tür war zu hören, die irgendwo im Wind hin und her schwang. Die Gesichter der Leibwächterinnen waren ohne Ausdruck. Dann aber sagte

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