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Erdzauber 02 - Die Erbin von Wasser

Erdzauber 02 - Die Erbin von Wasser

Titel: Erdzauber 02 - Die Erbin von Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia A. McKillip
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Flämmchen erstarb. Sie sah Thods Gesicht, das reglos und unergründlich war.
    »Noch ein Rätsel«, flüsterte er.
    Sie rieb sich die Handfläche an ihrem Knie. Obwohl sie vorsichtig gewesen war, schmerzte sie ein wenig. Ein Hauch von Erkenntnis streifte sie wie ein kühler Luftzug von den nördlichen Gipfeln; sie fröstelte und flüsterte langsam, sich erinnernd: »Sie sagte, ich sollte das Feuer in meine Hand nehmen, ihr Feuer.«
    »Wer?«
    »Die Frau. Die dunkle Frau, die fünf Jahre lang Eriel Ymris gewesen war. Sie kam zu mir, mir zu sagen, daß wir verwandt sind, doch ich hatte das schon erraten.«
    »Mathom hat Euch gut darauf vorbereitet«, bemerkte er, »die Frau eines Rätselmeisters zu werden.«
    »Ihr wart selbst ein Großmeister. Das habt ihr ihm einmal erzählt. Bin ich so gut im Rätselraten? Wohin führen die Rätsel, wenn nicht zu Verrat und Schmerz? Seht Euch an. Ihr habt nicht nur Morgon verraten, sondern auch meinen Vater und jeden im Reich, der Euch vertraute. Und seht mich an. Welchej-Lunter den Rittern von An würde auch nur Luft holen, um um meine Hand anzuhalten, wenn er wüßte, wer sich auf Verwandtschaft mit mir beruft?«
    »Ihr flieht vor Euch selbst, und ich fliehe vor dem Tod. Soviel zu den Grundsätzen der Rätselmeisterschaft. Nur einer, dessen Sinn und Herz unerbittlich sind, könnte es ertragen, an ihnen festzuhalten. Ich habe meine Entscheidung über den Wert von Rätseln vor fünf Jahrhunderten getroffen, als Ghistleslohm mich aufforderte, zum Erlenstern-Berg zu kommen. Ich glaubte, nichts im Reich könnte seine Macht brechen. Aber ich habe mich getäuscht. Er zerbrach an den unerschütterlichen Grundsätzen des Lebens des Sternenträgers und floh, ließ mich allein zurück, schutzlos und ohne meine Harfe.«
    »Wo ist Eure Harfe?« fragte sie überrascht.
    »Ich weiß es nicht, noch immer im Erlenstern-Berg, vermute ich. Ich wage es jetzt nicht mehr, auf meiner Harfe zu spielen. Ihre Töne waren das einzige, was Morgon außer Ghistleslohms Stimme ein Jahr lang hörte.«
    Sie fuhr zurück, wäre in diesem Augenblick“ am liebsten vor ihm geflohen, doch ihr Körper gehorchte ihr nicht.
    »Euer Harfenspiel war ein Geschenk für Könige!« schrie sie ihn an.
    Er erwiderte nichts. Er hob seinen Becher, der im Feuerschein aufblitzte. Als er schließlich doch sprach, schien seine Stimme verschleiert wie die Stimme des Feuers.
    »Ich habe gegen einen Meister gespielt und verloren; er wird sich seine Rache nehmen. Aber der Verlust meiner Harfe schmerzt mich.«
    »So, wie Morgon der Verlust der Landherrschaft schmerzen muß?« Ihre Stimme zitterte. »Das interessiert mich. Wie konnte Ghistleslohm ihm das entreißen - das Gefühl für das Landrecht, das nur Morgon und dem Erhabenen bekannt ist? Was für einen Wissensschatz glaubte der Gründer unter Morgons Kenntnissen darüber zu finden, wann die Gerste keimt oder welche Bäume in seinen Obstpflanzungen eine Krankheit haben, die sie von innen heraus auffrißt?«
    »Es ist geschehen. Könnt Ihr es dabei belassen und -«
    »Wie könnte ich? Glaubtet Ihr, daß Ihr nur Morgon verrietet? Ihr habt mich auf meiner Flöte die ersten Weisen von Liebe gelehrt, als ich neun war. Ihr standet hinter mir und drücktet meine Finger auf die richtigen Tonlöcher, während ich spielte. Doch das ist kaum von Bedeutung im Vergleich zu dem, was die Landherrscher des Reiches empfinden werden, wenn ihnen klar wird, welche Ehre sie dem Harfner des Gründers von Lungold angedeihen ließen. Ihr habt Lyra schlimm genug verletzt, was aber wird die Morgol selbst denken, wenn Morgons Bericht ihr zu Ohren kommt? Ihr -«
    Sie brach ab. Er hatte sich nicht gerührt; er saß so da, wie sie ihn zuerst gesehen hatte, den Kopf gesenkt, eine Hand auf dem hochgezogenen Knie, den Becher umfaßt. Irgend etwas war mit ihr in ihrem Zorn geschehen. Sie hob den Kopf, sog die klare, kühle; nach Fichten duftende Nachtluft ein, spürte die Finsternis, die sie umhüllte. Mit zerfetzten Gewändern, das Haar zerzaust und schmutzig, das Gesicht verkratzt und gewiß so müde und bleich, daß keiner der Ritter von An sie erkannt hätte, saß sie an einem winzigen Feuer, verloren in dieser unendlichen Schwärze. Sie hatte gerade erst ihr Hand in dieses Feuer gelegt und es festgehalten; seine Reinheit schien noch in ihrem Geist zu brennen.
    Sie flüsterte: »Sagt meinen Namen.«
    »Rendel.«
    Da senkte sie selbst den Kopf. Lange saß sie stumm da und lauschte ihrem Namen nach, der in ihr war

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