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Erdzauber 03 - Harfner im Wind

Erdzauber 03 - Harfner im Wind

Titel: Erdzauber 03 - Harfner im Wind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia A. McKillip
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Geduld und Vertrauen er von ihr verlangt hatte. Sie gingen nicht sehr weit, das spürte er, doch er wartete müde und dankbar, während sie Schritt um Schritt ihren gemeinsamen Weg durch die Wälder ertastete. Bei Morgendämmerung hatten sie die nördliche Grenze von Ymris erreicht. Und dort, als die rote Sonne aufstieg, die Stürme und widrige Winde kündete, machten sie Rast.
    In der Gestalt von Rabenkrähen flogen sie über Marcher hinweg. Das rauhe, wellige Grenzland schien ruhig; doch am späten Nachmittag sichteten die Krähen eine Schar bewaffneter
    Männer. Sie bewachten einen Zug von Handelswagen, der sich schwerfällig nach Caerweddin hin bewegte. Morgon stieß abwärts. Er fing den Geist eines der Krieger ein, als er auf der Straße landete, um nicht angegriffen zu werden, wenn er die Gestalt wechselte. Er zog sein Schwert aus der Luft, hielt die Sterne hoch, als der Mann ihn anstarrte. Unruhig flammten sie im grauen Licht auf.
    »Morgon von Hed«, hauchte der Krieger.
    Es war ein grauhaariger, altgedienter Krieger, mit einem von Narben durchzogenen Gesicht; seine umschatteten Augen hatten durch die Morgendämmerung und das tödliche Zwielicht vieler Felder geblickt. Er hielt den Wagenzug an, der ihm folgte, und sprang von seinem Pferd. Die Männer hinter ihm schwiegen.
    »Ich muß Yrth finden«, sagte Morgon. »Oder Aloil. Oder Astrin Ymris.«
    Der Mann berührte die Sterne auf seinem erhobenen Schwert mit einer ehrfürchtigen Geste, die beinahe wie ein Treueschwur wirkte. Dann riß er die Augen auf, als eine Rabenkrähe auf Morgons Schulter landete.
    »Ich bin Lein Marcher, der Vetter des Herrn von Marcher«, sagte er. »Ich kenne Yrth nicht. Astrin Ymris ist in Caerweddin; er könnte Euch sagen, wo Aloil zu finden ist. Ich bringe Waffen und Proviant nach Caerweddin, wenn ich auch bezweifle, daß das noch etwas helfen wird. Ich an Eurer Stelle, Sternenherr, würde mich in diesem Land, das dem Untergang geweiht ist, nicht zeigen. Und schon gar nicht würde ich die drei Sterne zeigen.«
    »Ich bin gekommen, um zu kämpfen«, erwiderte Morgon.
    Flüsternd begann das Land ihm von seinen Gesetzen zu sprechen, von Legenden, von den alten Toten, die unter seinen Füßen begraben waren. Sein eigener Körper schien danach zu verlangen, sich im Wesen dieses Landes zu verlieren.
    Die Augen des Kriegers wanderten über das schmale Gesicht, den kostbaren, abgetragenen Kittel, der in diesen gefährlichen, winterkalten Hügeln ein wenig absurd wirkte.
    »Hed«, sagte er. Ein verwundertes Lächeln brach plötzlich durch die Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit in seinen Augen. »Warum nicht! Wir haben alles andere versucht. Ich würde Euch mitnehmen, Herr, aber ich glaube, allein seid Ihr sicherer. Es gibt nur einen im Reich, den zu sehen Astrin mehr verlangt als Euch, aber nicht einmal darauf möchte ich wetten.«
    »Heureu. Er ist immer noch verschwunden?«
    Der Mann nickte müde.
    »Irgendwo im Reich zwischen den Toten und Lebendigen. Nicht einmal der Zauberer kann ihn finden. Ich glaube - «
    »Ich kann ihn finden«, fiel Morgon ihm ins Wort.
    Der Mann schwieg, und das Lächeln in seinen Augen wich nackter, unerträglicher Hoffnung.
    »Wirklich? Nicht einmal Astrin kann das, und seine Träume sind voll von Heureus Gedanken. Herr, was - was seid Ihr, daß Ihr hier fröstelnd in der Kälte stehen und mich bewegen könnt, an Eure Macht zu glauben? Ich habe das Gemetzel auf der Ebene der Winde überlebt. Manchmal, wenn ich nachts von meinen eigenen Träumen aus dem Schlaf gerissen werde, wünsche ich, ich wäre dort gefallen.« Er schüttelte den Kopf. Seine Hand streckte sich wieder nach Morgon aus, sank dann herab, ohne ihn zu berühren. »Geht jetzt. Laß Eure Sterne niemanden sehen. Möge Euer Weg Euch wohlbehalten nach Caerweddin führen. Eilt, Herr!«
    Die Krähen flogen ostwärts. Immer wieder sichteten sie lange Züge von Nachschubwagen und Pferden. Sie rasteten unter den Giebeln großer Häuser, deren Höfe angefüllt waren vom Qualm und vom Dröhnen der Schmiedeherde. Die leuchtenden Farben von-Kriegsuniformen und die dunklen, schützenden Flanken von Ackergäulen schimmerten durch den Qualm, und allenthalben sammelten sich Männer, nach Caerweddin zu marschieren. Knaben waren unter ihnen und Schafhirten, Bauern, Schmiede mit Gesichtern, die von Wind und Wetter gegerbt waren; selbst Händler reihten sich in die Schar ein. Alle wurden sie unter Waffen gestellt. Diese Beobachtungen trieben die Krähen vorwärts.

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